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"Wir müssen eine Identität haben"

Der Kapitän des FC Südtirol, Fabian Tait, über den Saisonsauftakt in Brescia, den Rausschmiss von Trainer Lamberto Zauli, die Serie B und seinen ganz eigenen Karriereweg.
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Foto: Fc Südtirol

Salto.bz: Herr Tait, der FC Südtirol hat unruhige Tage hinter sich. Nach den schwachen Leistungen im Italienpokal wurde die Zusammenarbeit mit Trainer Lamberto Zauli wenige Tage vor dem Saisonauftakt gegen Brescia beendet. Das erste Serie-B-Spiel in der Geschichte des FC Südtirol ging 0:2 verloren. Sind Sie enttäuscht?

Fabian Tait: Beim Fußball zählt logischerweise zuerst das Resultat. Aber ich habe viele positive Dinge gesehen – vor allem weil wir einen schweren Start hatten, mit dem Trainerwechsel so kurz vor Saisonbeginn. Die erste Halbzeit war uns ein bisschen die Aufregung anzumerken, glaube ich. Das erste Spiel in der Serie B, zudem mit vielen jungen Spielern, da ist es nur verständlich und menschlich, dass da ein bisschen Aufregung da ist. Die zweite Halbzeit sind wir richtig gut gestartet und haben mehr unser Spiel gespielt. Meiner Meinung nach waren wir zu diesem Zeitpunkt auch die bessere Mannschaft. Dann haben wir einen Elfmeter gekriegt, leider verschossen, und sie schießen dann gleich das Tor. Aber ich bin positiv gestimmt, wir können viele gute Sachen mitnehmen und müssen logischerweise die Fehler, die wir gemacht haben, korrigieren. Es gibt noch viel, viel zu tun, wir müssen hart trainieren diese Woche und positiv bleiben. Wir müssen aber auch verstehen, dass wir mit solchen Mannschaften, wie Brescia, mitspielen können.

Wegen der Unruhen rund um den Trainerwechsel vor dem ersten Spiel, aber auch, weil ihr mit Brescia einen großen Namen zum Auftakt hattet, haben viele Beobachter erwartet, dass das Ergebnis und der Spielverlauf deutlicher für Brescia aussehen würden. War das Ergebnis nun auf die schwächere Leistung Brescias oder auf eure gute Leistung zurückzuführen?

Brescia hat letzte Saison um den Aufstieg in die Serie-A gespielt und ist erst in den Playoffs gescheitert. Die meisten der Spieler vom Vorjahr waren auch gegen uns auf dem Feld. Sie sind klar einer der Favoriten, aber am Anfang ist es immer ein bisschen schwierig – für alle. Wir haben aber auch einfach gut gespielt, von hinten raus mit hoher Qualität. Dann tut sich eine jede Mannschaft schwer. Ich habe es selbst gemerkt die erste Halbzeit, als sie von hinten das Spiel gut aufgebaut haben, taten wir uns schwer, den Ball zu erobern. So wird es Brescia in der zweiten Halbzeit ergangen sein. Wir haben richtig gut gespielt, vielleicht haben uns ein paar Torchancen gefehlt, aber ich habe – wie gesagt – viele positive Dinge gesehen. Und vor allem haben wir uns am Ende des Spiels in die Augen schauen und sagen können, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das ist nach den schwächeren Spielen gegen Feralpi und gegen Mantova ein wichtiges Zeichen. Logischerweise wird nicht jedes Spiel so laufen wie die zweite Halbzeit gegen Brescia, weil in der diesjährigen Meisterschaft noch viele solche hochklassigen Mannschaften auf uns warten werden.

Vor allem haben wir uns am Ende des Spiels in die Augen schauen und sagen können, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Ihr wollt also schon das Spiel von hinten aufbauen und euch so Torchancen kreieren, also einen aktiven Fußball spielen?

Ich bin der Meinung, wir müssen eine Identität haben. Das heißt, wir müssen unsere Sache machen. Dazu gehört auch den Gegner zu studieren, zu schauen, wie sie spielen und stehen. So wie wir auch Brescia analysiert haben. Wir wollten gegen Brescia vor allem kompakt stehen, weil wir wussten, dass sie bei hohem Pressing auch lange Bälle auf ihre drei schnellen Stürmer spielen und uns das in Schwierigkeiten bringen kann. Das haben wir uns vor dem Spiel angeschaut, das war unsere Strategie. Wir haben aber in Phasen – vor allem in der zweiten Halbzeit – auch unseren Fußball gezeigt. Das ist in dieser Serie B mit dieser Qualität der Mannschaften und Spieler aber auch nicht immer so einfach. Wir haben es am Sonntag gesehen: Machst du einen kleinen Fehler, hängen sie dir einen Freistoß ins Kreuzeck, machst du einen halben Fehler, startet der Stürmer durch – und vor dem Tor sind sie einfach extrem gut, sodass fast jede solcher Chancen ein Tor ist. Und deshalb ist es etwas anders als in der Serie C. Man muss extrem aufpassen, weil wenn du hinten zu viel riskierst, kann das fatal sein. Die gegnerischen Stürmer haben alle Serie-B-, einige sogar Serie-A-Niveau. Wenn du denen auch nur eine kleine Chance gibst, machen sie ein Tor.

 

 

War die Mannschaft in die Entscheidung, den Trainer zu entlassen, eingebunden oder haben gar die Spieler den Ausschlag für den Rausschmiss gegeben?

Nein, ich möchte das noch einmal klarstellen: Innerhalb der Mannschaft gab es niemanden, der gegen Trainer Lamberto Zauli gewesen ist. Am Ende war es eine Entscheidung, die der Verein getroffen hat, weil sie wahrscheinlich gesehen haben, dass etwas nicht passt und sie einfach nicht zufrieden waren. Wir als Mannschaft waren auch in einer kleinen Schockphase, weil niemand von uns etwas gewusst oder geahnt hat. Aber es ist im Fußball leider so, wenn es nicht gut läuft: Entweder es passiert sofort oder später. Wir hatten aber ohnehin nicht viel Zeit zu reagieren. Am Montag war der Trainer weg und wir mussten uns sofort auf das Spiel gegen Brescia vorbereiten, da hast du nicht viel Zeit, dir Gedanken zu machen. Wir schauen jetzt einfach, wie es weitergeht. Momentan bin ich froh, dass Leo Greco da ist – er ist ein super Trainer, kennt den Verein und uns Spieler sehr gut, er hat wirklich gute Ideen und kann uns sicher viel weiterhelfen. Aber am Ende ist das eine Entscheidung des Sportdirektors und des Vereins. Wir als Mannschaft müssen das respektieren und auf uns schauen.

Hat es in dieser kurzen Zeit bereits Änderungen von Greco im Vergleich zu seinem Vorgänger Zauli gegeben?

Leo Greco war ja schon letzte Saison Co-Trainer. Er hat viele gute Ideen, wenn es zum Beispiel darum geht, von hinten das Spiel aufzubauen. Aber – wie gesagt – wir hatten ja im Grunde keine Zeit: Wir haben am Dienstag sofort damit begonnen, das Spiel gegen Brescia vorzubereiten. Und am Ende war es vor allem eine mentale Geschichte am Sonntag. Die haben wir meiner Meinung sehr gut gemeistert.

Innerhalb der Mannschaft gab es niemanden, der gegen Trainer Lamberto Zauli gewesen ist. Am Ende war es eine Entscheidung, die der Verein getroffen hat.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als Kapitän?

Als Kapitän in der Serie B in einem so historischen Moment die Kapitänsbinde zu tragen, war natürlich eine Riesenehre – das hätte ich mir noch vor einige Jahren nicht erträumt. Hauptverantwortung eines Kapitäns ist es meiner Meinung nach, die Mitspieler zu motivieren. Als Kapitän musst du deinen Mitspielern zeigen, dass du auf dem Platz alles gibst und so als Vorbild vorangehen. Meiner Meinung nach braucht es dazu nicht unbedingt viele Worte, viel wichtiger sind die Taten auf dem Platz.

Am kommenden Sonntag steht das erste Heimspiel auf dem Programm. Was erwarten Sie sich von diesem Spiel gegen Venedig?

Venedig ist ein eine super Mannschaft mit vielen Serie-A-Spielern und viel Erfahrung, Sie sind sicher einer der Mitfavoriten auf den Titel. Sie haben einen guten Trainer, den wir gut kennen. Für ihn wird dieses Spiel nochmal besonders motivierend sein und wir wissen, wie gut er Mannschaften vorbereiten und motivieren kann. Wir erwarten sie in einem 4-3-1-2/4-3-2-1-System, ähnlich wie wir es spielen. Es wird mit Sicherheit ein schwieriges Spiel, aber wir freuen uns darauf: das erste Heimspiel mit hoffentlich vielen Fans. Ich habe das bereits in Brescia erlebt, wie viel uns unsere Fans zusätzlich mitgeben können. Ich bin mir sicher, sie werden uns auch am Sonntag zuhause weiterhelfen.

Was sind für Sie persönlich die Etappen in Ihrer Karriere, die Sie am meisten geprägt haben?

Ich habe einen etwas untypischen Karriereweg genommen. Die meisten meiner Mitspieler habe bei wichtigen Jugendmannschaften gespielt. Das habe ich leider nicht. Aber eine der wichtigsten Etappen in meiner Jugendzeit war sicherlich, als ich mit 16 Jahren in die erste Mannschaft von Salurn gekommen bin. Erst dann ist Mezzocorona auf mich aufmerksam geworden. Als ich mit 21 Jahren dann zum FC Südtirol gekommen bin, war es der damalige Sportdirektor und Trainer, die mir das Vertrauen geschenkt haben, den Sprung in die Profiliga zu schaffen. Das war damals das erste Jahr, wo es nur noch eine Serie-C gab, es war also für mich sozusagen ein doppelter Sprung von der Serie-D in die Serie-C. Ich hatte ohnehin das Glück, mit vielen guten Trainern zu arbeiten. Sei es Paolo Zanetti, Giovanni Stroppa, oder Stefano Vecchi. Ich habe versucht, von jedem etwas mitzunehmen und zu lernen. Selbst von Zauli in der kurzen Zeit zuletzt konnte ich etwas mitnehmen.

Ich habe einen etwas untypischen Karriereweg genommen.

Wie haben Sie die Meisterschaft und den Aufstieg in die Serie-B erlebt?

Das war natürlich auch eine wichtige Etappe in meiner Karriere. Wir haben ja länger versucht, die Serie-C-Meisterschaft zu holen und es hat lange nicht geklappt. Inzwischen gab es ja auch einige Gerüchte um mich, dass ich den Verein verlassen könnte. Das hat sich dann aber nicht ergeben und deshalb war die einzige Möglichkeit, Serie-B zu spielen, die Meisterschaft zu gewinnen. Das ist unglaublich schwierig, weil du eine super Mentalität brauchst, um dich jeden Sonntag zu motivieren und durchzusetzen. Dass es letzte Saison dann endlich geklappt hat, war für uns alle ein Riesenerlebnis!

Wofür schlägt Ihr Herz sonst noch – außer dem Fußball?

Ich bin ein unglaublicher Tierliebhaber und verbringe viel Zeit mit meinen Hunden. Ich spiele in meiner Freizeit auch viel Gitarre, wir sind ohnehin eine sehr musikalische Familie, ich habe selbst in der Musikkapelle von Salurn Waldhorn gespielt, musste das wegen meiner Fußballkarriere aber sein lassen.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach Ihrer aktiven Karriere? Möchten Sie im Fußballgeschäft bleiben?

Grundsätzlich wäre es schon eine schöne Sache, im Fußballgeschäft zu bleiben – so, wie es auch Hannes Fink geschafft hat, beim FC Südtirol zu bleiben. Das ist, glaube ich, schon der Wunsch von vielen Spielern. Ich kann mir momentan aber nicht wirklich vorstellen, als Trainer oder Sportdirektor weiterzuarbeiten. Eher würde mich der Scoutingbereich interessieren: Junge Talente sichten und analysieren. Aber wer weiß: Heute würde ich es noch ausschließen, in zwei, drei Jahren vielleicht ist die Sache schon ganz eine andere.