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Vorausschauen was der Kunde will

Die Methode der experimentellen Auktionen ermöglicht es der Wirtschaftsforschung das Kaufverhalten von Verbrauchern vorherzusagen
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Günter Schamel
Foto: unibz

Zu dem Thema experimentelle Auktionen, insbesondere im Bereich Lebensmittel, fand vom 3. bis 10. Juli in Bozen an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften eine internationale Summer School für Forscher und Doktoranden statt. Prof. Günter Schamel, der die Summer School mit organisiert hat, spricht im Interview mit Salto über die Wichtigkeit der Methode für ein Land wie Südtirol mit hoher landwirtschaftlicher Wertschöpfung.

 

Die Methode der experimentellen Auktion soll das Kaufverhalten von Verbrauchern vorhersagen. Wie genau können wir uns diese Methode vorstellen? Also was machen da zum Beispiel die Probanden?

Im Vergleich zu herkömmlichen Marktforschungsmethoden simulieren die Teilnehmer mit experimentellen Auktionen (EA) reale Handelsgeschäfte und bezahlen echtes Geld. Damit lassen sich auf spielerische Weise die tatsächlichen Kaufabsichten der Verbraucher besser messen und der Einfluss bestimmter Informationen auf den gebotenen Preis für eine Ware beobachten. Am Ende einer Auktion ermittelt ein Computerprogramm den Gewinner der Auktion, dem dann für den gebotenen Preis die Ware ausgehändigt wird. Oft wird eine sogenannte „second-price“ Auktion durchgeführt, wobei der Gewinner der Auktion nur das zweithöchste Gebot bezahlt.

 

Die Methode beansprucht für sich, authentischere Kaufsituationen herzustellen und daher verlässlichere Ergebnisse liefern zu können. Wie nahe an die Realität kann eine gespielte Kaufsituation tatsächlich kommen?

Sofern die Experimente in einem Labor durchgeführt werden, ist natürlich eine gewisse Distanz zur Realität gegeben. Dafür lassen sich andere Einflüsse, die sonst das Kaufverhalten in einem Geschäft beeinflussen würden besser kontrollieren. Es gibt mittlerweile aber auch erste Ansätze, experimentelle Auktionen mit mobilen Endgeräten außerhalb eines Labors durchzuführen. 

 

Welches sind evtl. methodische Probleme dieser Methode im Vergleich zu herkömmlichen Methoden?

Durch hoch entwickelte wissenschaftliche Protokolle können verschiedene Versuchsbedingungen geschaffen werden, die reale Marktsituationen simulieren und es ermöglichen, die Veränderungen der Verbraucherpräferenzen zu analysieren.

Ein Problem, das immer am Anfang jedes Experiments vorkommt, hat mit der „Learning-Phase der Probanden“ zu tun. Aus Sicht der Probanden ist die beste Strategie diejenige, die bei der Formulierung des Angebots die echte Präferenz für das Produkt widerspiegelt. Jedoch bieten die Probanden am Anfang eher unter bzw. über dem realen Wert. Erst nach einigen Test-Runden verstehen sie das Verfahren, was dann auch mit Mehrkosten verbunden ist. 

 

Wann, wie und von wem entstand diese Methode? Wie sind bisherige Erfolgsmessungen, falls es die bereits gibt.

Während Theorie und Auktions-basierte methodische Anwendungen aus der 1960er Jahren stammen, werden experimentelle Auktionen im Lebensmittelbereich erst seit den 90er Jahren angewandt. In den letzten 10 Jahren ist die Methode bei Wissenschaftlern immer beliebter geworden, insbesondere im Marketing, in der Verhaltensökonomik und der Wirtschaftspsychologie.

 

Bei der Methode sollen Menschen vor allem Lebensmittel testen. Um welche Kriterien geht es dabei?

Durch EA kann die Konsumentenpräferenz gemessen werden, sowohl für sogenannte Sucheigenschaften, also Eigenschaften, die vor dem Kauf festgestellt werden können (Farben, Größe, etc.) als auch für sogenannte Vertrauenseigenschaften also solche, die weder vor noch nach dem Einkauf geprüft werden können, wie z.B. Bio-Produkte oder Lebensmittel die GMO enthalten. EA können auch im Zusammenhang mit sensorischen Tests durchgeführt werden. In diesem Fall kann die Präferenz für die sogenannten Sucheigenschaften gemessen werden. Also die Anwendungsspielräume sind riesig und werden oft nur durch das vorhandene Forschungsbudget eingegrenzt. Das einzige Kriterium, das für alle EA gilt und verbindlich ist, ist, dass das Produkt tatsächlich auf dem Markt existieren muss (oder ein Prototyp).

 

Ich nehme an, die Präferenzen variieren je nach Essenskultur von Land zu Land. Lassen sich bestimmte Präferenzen für den Südtiroler Verbraucher messen? Wenn nicht, was erwarten sie (nachdem die Methode angewendet wurde)?

Es handelt sich um eine Forschungsmethode, die in Zukunft für ein Land wie Südtirol mit innovativen Unternehmen im Agrar- und Lebensmittelsektor extrem interessant sein kann. Sie dient zu einem besseren Verständnis insbesondere wie Produktqualität und Gewinnspannen miteinander verbunden werden können. Voraussetzung dafür ist das Verständnis für die sich verändernden Vorstellungen der Verbraucher.

 

Sie sprechen auch darüber, dass ein Verständnis für sich verändernde Vorstellungen von Verbrauchern essentiell ist. Wie verändert sich das Kaufverhalten der Verbraucher in Zukunft (Tendenz)? Worauf müssen Hersteller achten?

Hersteller von Lebensmitteln müssen auf verschiedene Entwicklungen achten. In der heutigen Gesellschaft mit knappen zeitlichen Ressourcen im Alltag werden fertige Produkte (ready to eat, ready to cook) immer wichtiger. Weitere Vermarktungstrends im Lebensmittelmarkt beziehen sich auf soziodemographische Entwicklungen (Diversität der Bevölkerung), wachsendes Gesundheitsbewusstsein, soziale und ökologischen Effekte (Nachhaltigkeit, Herkunft und Transparenz) sowie Lebensmittel, die ein außergewöhnliches Erlebnis mit sich bringen.

 

Wie würden sie die Konferenz zu der Methode bewerten. Also wie reagierten die Teilnehmer darauf, fand die Methode anklang?

Die Teilnehmer hatten insgesamt einen sehr positiven Eindruck und werden die Methode in unterschiedlichen Anwendungsbereichen weiter voranbringen.  Im Lebensmittelbereich gilt dies vor allem für die Bewertung der genannten Vertrauenseigenschaften.