Economia | Streit

Gülle ist gut

Der Südtiroler Bauernbund startet eine Imagekampagne in Sachen Gülle. Ist Überdungung nur eine Mär?

Ginge es nach Südtirols Landesregierung müsste die Düngungsproblematik in den kommenden Wochen entschärft werden. Denn laut einem Beschluss von Mai 2014 sollten rund 80 Betriebe in Natura-2000-Gebieten innerhalb von 18 Monaten mit Hilfe des Beratungsrings für Berglandwirtschaft BRING Düngungspläne erstellen. Damit soll vermieden werden, dass die Vielfalt der heimischen Bergwiesen durch eine unangemessene Güllewirtschaft verarmt.

Doch statt Düngungsplänen liefern der BRING und der Südtiroler Bauernbund aktuell eine Gülle-Kampagne. Wir haben keine Gülleproblematik, Gülle ist gut - so lautet vereinfacht ausgedrückt die Botschaft eines Lokalaugenscheins, zu dem am Freitag auf den Tschöggelberg geladen wurde. Am Beispiel des Bauern Gottfried Egger vom Haughof in Vöran wurde demonstriert, dass Gülle keineswegs ein Übel, sondern ein natürlicher Dünger sei. Von den Tieren am Hof produziert, Lieferant wichtiger Nährstoffe für  Pflanzen und Böden, Nahrung für die Bodenlebewesen und Garant für die Humusbildung, wie Beratungsring-Experte Thomas Prünster erklärte. „Mit der Ausbringung der Gülle auf den Wiesen schließt sich ein natürlicher Kreislauf“, betonte er. „Mit dem Mähen der Wiese und der Heuernte werden Nährstoffe entnommen, die anschließend wieder zurückgeführt werden müssen.“

Auch der Bauernbund-Obmann selbst legte sich ins Zeug. „Gülle fällt vor allem in Laufställen an, einer der artgerechtesten Formen der Tierhaltung überhaupt, die auch von großen Teilen der Bevölkerung zu Recht immer wieder gefordert wird“, erklärte Leo Tiefenthaler. Also alles eine Mär, die Klagen über den Nährstoffüberschuss in der Berg-Landwirtschaft, den zuletzt auch die Vereinigung Südtiroler Biologen in einem offenen Brief an die Landesregierung thematisiert hat? 

Die Aussagen von Thomas Prünster lassen darauf schließen. Der Beratungsexperte teilt zwar die Meinung der Biologen, dass bei dem Thema alles eine Frage der Menge ist. Doch im Gegensatz zu ihnen sieht er dabei keine Probleme. Klare Regelungen wie Gewässerschutz oder der Mindestviehbesatz pro Hektar würden ohnehin sicher stellen, dass der natürlichen Kreislauf gewahrt bleibt, unterstreicht Prünster. „Ein verantwortungsvoller Umgang ist den Bauern wichtig,  denn es liegt in ihrem eigenen Interesse, die Wiesen nicht zu überdüngen.“ Insofern ist Gülle laut dem BRING-Vertreter auch im Hinblick auf die Biodiversität nichts Schlechtes. „Die ökologische Vielfalt hängt nicht nur von der Art des Wirtschaftsdüngers ab, wie auch Studien belegen“, sagte er auf dem Lokalaugenschein. Volle Rückendeckung bekam er dabei von Gastgeber Gottfried Egger:  „Bei mir hat sich der Pflanzenbestand sogar verbessert und weist Futterpflanzen wie Raigras, Timothe und Knäuelgras sowie Kleepflanzen und Kräuter auf.“

Noch ist ein Kompromiss zwischen Landesverwaltung und Bauernbund in Sachen Gülle ausständig. Und es sieht ganz  danach aus, als würden die Bauern nicht so schnell klein beigeben.