Ambiente | Dachverband

"Bei uns gibt es weniger Sensibilität"

Dissinger: "Am ausbleibenden Erfolg in Sachen Transit sind sicher nicht Südtiroler Umweltschützer Schuld." In einem offenen Brief fordert er die Politik auf zu handeln.

Dass es die Kritik von Firtz Gurgiser war, die den Dachverband für Natur- und Umweltschutz dazu gebracht hat, einen offenen Brief an die drei Landeshauptleute von Südtirol, Tirol und dem Trentino zu verfassen, davon will Dachverbandspräsident Klauspeter Dissinger absolut nichts wissen. Der Tiroler Transitgegner Gurgiser hatte in einem salto.bz-Interview am vergangenen Freitag den hiesigen Umweltschützern vorgehalten, zu wenig Druck in Sachen Schwerverkehr zu machen. “Das lasse ich mir nicht vorwerfen. Wir machen das Maximum an Druck und permanente Sensibilisierungsarbeit”, will Dissinger klar gestellt wissen. Den Beweis dafür liefere etwa das Pressearchiv des Dachverbands: Etwa ein Fünftel der rund 50 Presseaussendungen 2015 sei zu Themen Umwegverkehr, Fahrverbot, Mauterhöhung und Umweltmaßnahmen entlang der A22 verfasst worden.

Wenn es auf Nordtiroler Seite größere Erfolge gebe, was die Eindämmung von Luftverschmutzung und Lärmbelästigung durch den Schwerverkehr betrifft, dann sei das laut Dissinger auf das größere Verständnis der Menschen und Politiker dort zurückzuführen: “Bei uns zeigt die Politik, aber auch die Wirtschaft einfach weniger Sensibilität, zum Beispiel was Tempo 100 oder Fahrverbote angeht.” Pünktlich zu Dissingers Kritik an Landespolitik und Handelskammer samt Präsident Michl Ebner wiederholt letzterer am Montag Nachmittag erneut seine Ablehnung gegen die versuchsweise Einführung eines Tempolimits von 100 km/h im Unterland: “Diese Maßnahme trifft die Südtiroler Wirtschaft, weil sie die Mobilität einschränkt, zu Zeitverlusten und erhöhten Kosten führt.” Gegen solche Lobbies tue sich der Dachverband nun einmal schwer, erklärt Dissinger: “Doch darüber hinaus sind auch die gesetzlichen Voraussetzungen auf italienischer Seite gänzlich andere als nördlich des Brenners.” So könne man nicht einfach, wie Gurgiser in Nordtirol, auf die Autobahn marschieren und dort eine Protestaktion veranstalten: “Demonstrationen auf Autobahnen sind in Italien strafbar”, erklärt Dissinger. Darüber hinaus ist er überzeugt, dass man heute andere Wege gehen müsse.

Ein solcher ist der offene Brief, den der Präsident des Dachverbands am Montag an Arno Kompatscher, Günther Platter und Ugo Rossi verschickt hat. Darin bringt er zum Ausdruck, dass es eine “angemessene Mauterhöhung” brauche, um den Schwerverkehr auf “die kürzeste und nicht auf die günstigste Strecke” über die Alpen zu lenken. Denn die von Komptascher und Rossi am Freitag angekündigte mögliche Mauterhöhung für stark verschmutzende Schwerfahrzeuge geht den Umweltschützern nicht weit genug. “Um zu erreichen, dass die Stickstoffdioxid-Grenzwerte tatsächlich eingehalten werden, müssen in erster Linie die gut 600.000 Schwerfahrzeuge pro Jahr, die die 300 Kilometer längere Strecke über den Brenner wählen, um der höheren Maut durch die Schweiz zu entgehen, von der Autobahn verbannt werden”, schreibt der Dachverband.

Nun fordert man von der Tiroler, Südtiroler und Trentiner Politik ein gemeinsames Vorgehen, um die Schadstoffbelastung durch den Schwerverkehr ein für allemal in den Griff zu bekommen. “Wenn es schon die Euregio gibt, dann soll auch endlich einmal etwas zusammen gemacht und vor der EU vorgesprochen werden”, sagt Dissinger. Gemeinsame grenzüberschreitende Aktionen wünscht sich auch Fritz Gurgiser, der angekündigt hat, sein Anti-Transit-Schlachtfeld in Kürze bis unter Salurn ausdehnen zu wollen. Wie sieht man beim Dachverband für Natur- und Umweltschutz diese Revierüberschreitung? “Wir haben absolut nichts dagegen, er kann sein Betätigungsfeld ruhig ausdehnen”, betont Klauspeter Dissinger. Er sei überdies zu “jeder Zusammenarbeit” mit dem Tiroler Transitgegner bereit. “Aber”, wiederholt der Dachverband-Präsident, “ich lasse mir nicht vorwerfen, dass es unsere Schuld sei, wenn in Südtirol nicht so viel passiert wie in Nordtirol.”

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Markus Gufler Dom, 01/24/2016 - 19:30

Dass es bei uns weniger Sensibilität gibt müssen die Verleiher von sehr fragwürdigen Titeln ja aus erster Hand wissen. Dass man damit deutlich weniger erreicht als die Kollegen aus dem Norden können sie also nur zur Kenntnis nehmen.
Schauen wir mal den Erkenntnis-Resistenz-Grad an: Im Februar wärs ja wieder Zeit für den Titel mit dem der Dachverbrand ein Kesseltreiben versucht, wenn einer nicht parriert.

Dom, 01/24/2016 - 19:30 Collegamento permanente