Unternehmer auf der Straße: „Jetzt sind die Kleinen dran“
60.000 Unternehmer auf der römischen Piazza del Popolo: Das ist ein Bild, das in Italien nicht alle Tage zu sehen ist. Auch für LVH-Präsident Gert Lanz war die Protestkundgebung am Dienstag eine Premiere: „Auf die Straße bin ich bislang noch nie gegangen, das ist sonst eigentlich nicht unser Job“, meint er. Ein wenig ungewohnt sei die Rolle für ihn und viele der 80 weiteren Südtiroler UnternehmerInnen deshalb durchaus gewesen. Doch für die bunte Südtiroler Delegation, die am frühen Dienstag Morgen aus allen Teilen des Landes zusammenkam, um mit zwei Bussen in Richtung Ewige Stadt aufzubrechen, scheint das Maß genauso voll wie für ihre KollegInnen aus dem restlichen Italien. Weniger Steuern, weniger Bürokratie, mehr Stabilität, lauteten die wichtigsten Forderungen, die in Richtung Matteo Renzi und seine künftige Regierung gerichtet wurden.
Neu sind sie keineswegs, angesichts der enormen aktuellen Schwierigkeiten kann ihre Einlösung jedoch nicht mehr warten, machten die Unternehmer am Dienstag in Rom klar. Immerhin haben italienweit allein im Vorjahr 372.000 Unternehmen ihre Tore geschlossen; der Steuerdruck sei mittlerweile bei 66 Prozent angelangt. Geht es den SüdtirolerInnen dagegen nicht ohnehin noch gut? „Relativ schon“, räumt Lanz ein. Doch auch hierzulande würden die Handwerksbetriebe aufhören, Leute einzustellen, weil übertriebene bürokratische Auflagen in der Arbeitssicherheit „jeden Unternehmer, der Arbeitsplätze schafft, automatisch zum Kriminellen machen“. Auch hierzulande gelinge es nicht, die Gewinne in den Betrieben zu halten, um eine solide unternehmerische Struktur zu schaffen und neue Investitionen zu ermöglichen. Und auch hierzulande bestehe das Problem, dass sich Klein- und Mittelbetreibe an Regeln anpassen müssen, die eigentlich für Große geschaffen wurden. „Denn die Industrie behauptet immer: Wir sind die Wirtschaft und entsprechend werden die Gesetze gemacht“.
Neue Botschaft in altem Konflikt
Auch die öffentliche Aufmerksamkeit richte sich in der aktuellen Krise vor allem auf die Großen. „Wenn 300 unserer Betriebe im Tiefbau sagen, dass sie Personal abbauen müssen, wenn es so weitergeht, gibt es keine Reaktion“, sagt Lanz. Wenn ein großer Betrieb dagegen 50 Leute in die Lohnausgleichkasse schickte, werde Alarm geschrien. Umso wichtiger für die Lösung dieses „alten Konflikts“ zwischen Groß- und Kleinbetrieben ist laut dem LVH-Präsidenten die Botschaft, die das vereinte Auftreten aller fünf großen Verbände aus Handwerk und Handel unter dem gemeinsam Dach von Rete Imprese Italia übermittelte. Denn, so Lanz: „Jetzt ist es höchste Zeit, dass die Kleinbetriebe mehr einbezogen werden.“