Ambiente | Prags
Kampf gegen das Schotterwerk
Foto: Privat
„Wir brauchen deine Unterstützung!“, steht groß auf dem Flugblatt und ganz am Ende heißt es: „Natur und Umwelt gehen uns alle Etwas an! Hilf uns mit deiner Unterschrift, die Umwidmung zu verhindern und unsere Natur für uns und die nächsten Generationen zu erhalten!“
Der Aufruf kommt von einer Gruppe Bürgerinnen und Bürgern aus der Gemeinde Prags, die sich gegen die Errichtung eines Schotterwerkes und die Erweiterung der Schottergrube „Platari 2“. „Wir sind dabei, alle Bürger*innen zu informieren, zu sensibilisieren und um deren Unterschrift gegen die Umwidmung von Landwirtschaftsgebiet in Gewerbezone zu bitten“, sagt Michaela Egartner, Sprecherin der Initiativgruppe.
Und weiter: „Viele von uns bieten Urlaub auf dem Bauernhof an. Wir sind jung, haben in unsere Elternhäuser investiert oder gar uralte Bauernhöfe gekauft und saniert. Die Entstehung eines zweiten Schotterwerkes bedeutet nicht nur eine enorme Lärm- und Staubbelastung für uns persönlich, sie gefährdet auch unsere Existenz! Das Einkommen von den Ferienwohnungen ist ein wichtiges Standbein für uns. Wir leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von Kulturland und sensibilisieren unsere Gäste für unsere Heimat und die Natur. Das Leben eines Bauern ist auch heute noch entbehrungsreich. Wir haben uns bewusst dazu entschlossen und haben Freude daran. Aber wie sollen wir künftig mit Idylle werben, wenn uns ein Schotterwerk vor die Nase gesetzt wird?“.
Brisante Vorgeschichte
Die Schottergrube „Platari 2“ hat schon einmal unrühmliche Geschichte geschrieben.
Im Jahr 1959 wird in der Gemeinde Prags in der Nähe des Obermarbachhofes die Schottergrube „Platari“ eröffnet. 2002 erwirbt Hellmuth Frasnelli diese Schottergrube um rund 4,5 Millionen Euro. Besitzer ist die Obermarbach KG, die zu 50 Prozent Frasnellis Investa GmbH gehört. Die Schottergrube liegt an der Gemeindegrenze von Prags neben einem Gewerbegebiet, das bereits zur Gemeinde Niederdorf gehört.
Die Schottergrube hat indirekt mit der Konzessionsvergabe für Großkraftwerke und dem sogenannten SEL-Skandal zu tun. Frasnellis Eisackwerk GmbH hat in der eingereichten Projektbeschreibung für das Großkraftwerk am Eisack vorgeschlagen, die Grube mit dem Aushubmaterial aus dem Kavernenstollen für das Kraftwerk auffüllen zu wollen. Das Unternehmen hat dafür bereits eine Abmachung mit Trenitalia in der Tasche, über ein eigenes Stumpfgleis und die Pustertaler Linie das Material per Güterzug in die Schottergrube zu transportieren. Doch dazu soll es nicht kommen.
Obwohl es positive Gutachten für die Erweiterung der zuständigen Landesämter gibt, wird die Genehmigung in der Landesregierung insgesamt acht Mal vertagt. Der zuständige Landesrat Michl Laimer und nicht nur er, ziehen die Entscheidung bewusst hinaus, um Frasnelli dazu zu bewegen, seine Kraftwerksprojekte zurückzuziehen. Im Gerichtsverfahren wird später von „Erpressung und Nötigung“ die Rede sein.
Weil Frasnelli nicht einlenkt, lehnt die Landesregierung die Erweiterung mit dem Projektnamen „Platari 2“ kurzerhand ab. Gleichzeitig genehmigt die Landesregierung aber eine andere Schottergrube auf dem Gemeindegebiet in Niederdorf in unmittelbarer Nähe der Frasnelli-Grube. Es folgt ein langer Kampf vor Gericht, den Hellmuth Frasnelli auf allen Ebenen gewinnt. Ende 2011 muss die Landesregierung mit dreijähriger Verspätung doch noch die Erweiterung der Schottergrube „Platari 2“ genehmigen.
Doch Durnwalder, Laimer & Co erfinden sich im Beschluss für die Erweiterung eine neue, zusätzliche Kaution, in bisher noch nicht dagewesener Höhe von insgesamt 850.000 Euro.
Doch Durnwalder, Laimer & Co erfinden sich im Beschluss für die Erweiterung eine neue, zusätzliche Kaution, in bisher noch nicht dagewesener Höhe von insgesamt 850.000 Euro.
Am Ende wird die finanzielle Belastung für den Bozner Unternehmer so groß, dass er im Juli 2013 die Obermarbach KG und somit die Schottergrube Platari verkaufen muss. Kaum übernimmt der neue Besitzer Marcellino Castagna aus Toblach die Schottergrube, wird die Kaution wieder auf 150.000 Euro gesenkt. Und alle Probleme lösen sich in Luft auf.
Die Erweiterung
Ursprünglich sollte in der Schottergrube „Platari 2“ nur Material entnommen werden. In der Konzession werden die Menge und der Zeitraum genau definiert: Insgesamt 1.279.277 m3 sollten bis zum 30. August 2030 abgebaut werden. Dann muss die Grube von der Betreiberfirma Sektor für Sektor wieder aufgefüllt und der ursprüngliche Zustand (Feld) muss wieder hergestellt werden.
Doch jetzt zehn Jahre später soll die Schottergrube erneut erweitert werden und ein neues Schotterwerk entstehen. Der Gemeindeausschuss Prags hat am 13. Jänner 2023 eine Bauleitplanänderung genehmigt. Damit sollen angrenzende Wiesen insgesamt 16.500 m2 von „Landwirtschaftsgebiet“ in „Zone für Schotterverarbeitung“ umgewidmet werden.
Dabei waren die entsprechenden Pläne bereits ein Jahr zuvor dem zuständigen Amt in Bozen zur Überprüfung und Genehmigung vorgelegt worden. In einem Vorgutachten schreibt der stellvertretende Direktor des Amtes für Landschaftsplanung Konrad Stockner bereits am 27. Juni 2022 zur geplanten Erweiterung am die Gemeinde Prags:
„Die Bedenken aus planerischer Sicht zur vorgeschlagenen Ausweisung ergeben sich vor allem aus der Tatsache, dass die neue Zone an keine andere urbanistische Zone und auch sonst an keinerlei bestehende Anlage oder Baulichkeiten angrenzt und als isolierte Zone in der freien Landschaft angesehen werden muss. Es wird damit ein neuer Verbauungsherd und auch Störfaktor inmitten von Natur- und Agrarflächen geschaffen und wir befinden uns sehr nahe bzw. relativ nahe an wertvollen Naturlebensräumen (der als Naturdenkmal ausgewiesenen Lehmgrubenaue und der als Biotop deklarierten Rienzaue Niederdorf). Im Unterschied zu einer Schottergrube, die nicht im Bauleitplan eingetragen ist und für die die Auflage besteht, dass nach erfolgtem Abbau der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden muss, bedeutet die Ausweisung einer Zone für Schotterverarbeitung, dass der Eingriff und die damit zusammenhängenden Belastungen für die umliegenden Natur- und Agrarflächen für immer fortbestehen.“
Damit wird klar, dass auch die zuständigen Landesämter die Errichtung des Schotterwerks nicht für die beste Idee halten.
Die Genehmigung
Die Gemeinde Prags setzt sich aber über die Bedenken hinweg. Im Beschluss des Gemeindeausschusses heißt es:
„Allerdings wird festgehalten, dass auf der umzuwidmenden Zone bereits eine Baugrube besteht, und somit an Ort und Stelle effektiv keine Natur- und Agrarflächen mehr vorhanden sind und somit in Natura auch keine Landschaftsflächen verloren gehen und dass die Infrastrukturen bereits teilweise Bestand sind.“
Demnach hat die Gemeinde die Bauleitplanänderung zur Erweiterung der Schottergrube und zur Errichtung eines Schotterwerks genehmigt.
Michaela Egartner schreibt dazu: „Die Firma Obermarbach KG plant, ihre Maschinen vom Schotterwerk „Langweg“ im Höhlensteintal abzuziehen und in der Schottergrube „Platari 2“ anzusiedeln.
Somit würde in unmittelbarer Nähe von „Platari 1“ ein zweites Schotterwerk entstehen! Die Materialverarbeitung (das Brechen von Steinen, die Verarbeitung von abgetragenem bzw. geliefertem Material zu Schotter verschiedener Körnung, die Veredelung zu Beton und Asphalt, sowie der Transport) bedeutet eine enorme Lärm- und Staubbelastung, welche noch mehr zum Tragen kommt, je zahlreicher unsere Wälder dem Borkenkäfer zum Opfer fallen.
Außerdem sind für die Zone, genannt „Obermarbach“, die Errichtung von Garagen, Werkstätte, Lager und Büros zulässig.“
Außerdem sind für die Zone, genannt „Obermarbach“, die Errichtung von Garagen, Werkstätte, Lager und Büros zulässig.“
Es wird sich zeigen, ob diese Argumente bei den zuständigen Landesämtern, die sich mit dem Projekt jetzt befassen müssen, auf Gehör stoßen werden.
Effetua login per aggiungere un commento!