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Gott hab sie selig!

Am Samstag, 14. September, wurde Don Michele Tomasi im Brixner Dom zum Bischof von Treviso geweiht. Ein Fest der Freude! Ein Würdenträger weniger im Land!
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Kirchenbank
Foto: Pixabay

TV-Junkie! Ja, das bin ich. Ist tief verwurzelt in meiner DNA. Konditioniert von Biene Maja, Heidi und Lassie. Kein Handy, Tablet, PS4 oder Nintendo Switch – nur einen Loewe ohne Fernsteuerung hatten wir damals. Okay, der große Laggl des Nachbarn besaß einen Atari mit Pac Man ... Hotelierssohn … aber da durften wir nicht ran (einige Jahre später war unser „Joystick“ dafür organischer Natur). Noch heute glotze ich lieber auf meinen 75-Zoller, als auf der Couch mit dem Samsung zu daddeln.
Da fällt mir eine Analogie ein: Früher hatten wir 36 Bilder in der Kamera, 8 wurden schön. Heute haben wir 2000 Bilder auf der SD-Karte, 8 sind schön. Früher hatten wir ZDF, ORF, SRG und die drei Rai-Sender, „Boazner“ inklusive. Heute habe ich 287 digital terrestrische Fernseh- und Radioprogramme und noch einmal 557 auf der SAT-Schüssel, aber immer noch die selben Sender auf meiner Favoritenliste. Deshalb musste ich auch nicht lange suchen am Samstag Mittag. Liefert mir der Bärwanger (vulgo MP64, der einzige Bär der nicht besendert werden muss, weil er schon einen Sender hat) den Bischof frei Haus.

Das Problem

Ich schaue ja Priester- und Bischofsweihen für mein Leben gerne. Wenn sie den „Staubsauger“ auf dem Teppich vor dem Altar machen. Da kann man gut erkennen, ob die Schuhe extra gekauft wurden – mal auf die Sohlen achten. Herrlich!
Aber noch besser gefällt mir, dass das Zeremoniell immer seltener stattfindet und die Zahl der Staubsauger dazu exponentiell abnimmt. Die Diözese Bozen-Brixen listet auf ihrer Website 247 Diözesanpriester auf. Davon sind aber nur noch 94 Pfarrseelsorger – das sind die Frontschweine ... die im Schützengraben ... also der Mann hinterm Gitter im Beichtstuhl. Der Rest ist in der Mission, in Amt und Würden in der Weltlandeshauptstadt oder Militärkaplan (das sind die, die für Gott, Kaiser und Vaterland die Waffen segnen). 111 sind komplett im Ruhestand oder Seelsorger, also Pfarrer im Ruhestand, die dann am ersten Schultag den Taferlklassler eine vom Pferd erzählen.
Um die im Annuario Pontificio, dem Päpstlichen Jahrbuch, aufgelisteten 281 Pfarreien bespielen zu können, muss heute auch noch die Reserve in die Schlacht um das Seelenheil geschmissen werden. Genau 66 Ordernspriester, die Paterlen, schieben hinter den Altären Dienst – und mit der Neurekrutierung sieht es nicht gut aus. Wissen Sie wie viele Novizen es im Bischöflichen Priesterseminar in Brixen heute gibt, nachdem 2018 Michael Lezuo und Peter Kočevar an die vorderste Linie abkommandiert wurden: Null, Zero!

Die Analyse

In der Diözese herrscht die nockete Noat! Und was macht der Muser? Er betet für Berufungen! Mann! Wir haben Vollbeschäftigung, ihr seid nicht die einzige Branche die über Fachkräftemangel klagt. Schon mal daran gedacht einen Headhunter zu engagieren? Die Zeiten wo der Älteste den Hof, einen das Militär, einen die Schule und den Dümmsten die Kirche kriegt sind vorbei.
Klar, der Job ist nicht der Brüller. Eine unbefristete Anstellung in einem Markt der prekären Arbeitsverhältnisse ist schon das einzige, womit sie hausieren gehen können. Die Ausbildung ist lang, die Bezahlung mies; so mies, dass sie offenbar weit über die Altersrentengrenze hinaus buggeln müssen, um ihre Pensionsjahre zusammenzukratzen. Sonst würden nicht achtzigjährige Tattergreise mit zitternden Händen Hostien in die Höhe recken. Dazu kommen Sonntags- und Feiertagsarbeit – und das, an sage und schreiben 52 Wochenenden, also allen. Kein Wunder, dass sich die Katholen in der „Allianz für den arbeitsfreien Sonntag“ so dahinterklemmen. Ich kann die Forderung für eine Sonntagsruhe der Pfarrer nur unterstützen.
Gleichzeitig muss ein hoffnungslos überaltertes Produkt an den Mann*innen gebracht werden. Ein MarketingGAU! „Ein Kreis beginnt zu Leben“ wollten sie uns damals in den „Jugendmessen“ andrehen. Zu einer Zeit als wir fleißig „Hells Bells“ von AC/DC auf unseren Dual-Tape-Decks kopierten und zu Jim Morrison mit Cola und Aspirin erste Gehversuche für eine erfolgreiche Drogenkarriere starteten (nicht dass die Mischung irgend einen psychedelischen Effekt gehabt hätte). Jede wollte wie Jennifer Beals sein, ergo von Giorgio Moroder nur sein „What a feeling“ hören und ganz bestimmt nicht seine Vertonung des „Vater unser“.
Die Staubschicht auf dieser esoterischen Sekte hat sogar eine Jahreszahl: 360 Jahre. Am 31. Oktober 1992 rehabilitiert Papst Johannes Paul II. eine Type namens Galileo Galilei. Heliozentrisches Weltbild und so. Erde keine Scheibe. Na? Klingelt‘s? „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ...“, fällt mir dazu nur ein.
Hatte ich den Zölibat erwähnt? Finde ich immer drollig, wenn sie von der Kanzel herab über Familie reden; wie Lebensabschnittsbegleiter miteinander umgehen sollen, wie man seine (ledigen) Rotzlöffel im christlichen Glauben erzieht ... aber selber noch nie eine stinkende Windel gewechselt. Hmm … ob an dem Gerücht etwas dran ist, dass der Vatikan für bis zu drei Kinder Alimente, pardon Schweigegeld bezahlt, aber ab dem Vierten den wild durch die Gegend pimpernden geistlichen Herrn exkommuniziert?
Ach, es wäre alles so schön gewesen: Ein exklusiver Altherrenclub, ohne dass garstige Weiber reingschaffteln und nun? Keine Erben für die Hofübergabe. Keine kleinen, lateinischen Muttersprachler, denen man mit den ewigen Feuern der Hölle drohen kann, wenn die kleinen Racker mal wieder nicht ins Bett wollen. Was für ein Jammer!
Ich war übrigens nicht immer so militant. Um ehrlich zu sein, war ich sogar eine der ersten Ministrantinnen im Heiligen Land Tirol. Steil auf der Karriereleiter nach oben, sah ich mich bereits als Päpstin Goggel Totsch I. Dass Frauen in der Kirche allenfalls die Bänke bürsten und sich der Kirchendienst auf das Wischen des Terracottabodens beschänkt war eine bittere Erkenntnis. Heute habe ich zwei Frotzen und sie Priestermangel – so kann‘s gehen.

Die Sackgasse

Seit 2008 ist man auf der operativen Ebene dazu übergegangen aus der Personalnot eine Tugend zu machen und Seelsorgeeinheiten zu bilden. „Die Überalterung der Priester führt dazu, dass immer weniger Pfarrverantwortung tragen. Seelsorgeeinheiten sind der Versuch, die Seelsorge mit weniger Pfarrern zu strukturieren.“ In der Praxis sieht das dann so aus, dass die Suntamess in Tanas um 8 Uhr ist, in Allitz um neun und das Hochamt in Laas um 10 Uhr gelesen wird, nur um in Eyrs am Nachmittag noch eine Kindstaufe nachzuschieben. Wetten, dass die Akkordarbeit den kümmerlichen Rest der Personaldecke in kürzester Zeit durchreibt?

Die Überalterung der Priester führt dazu, dass immer weniger Pfarrverantwortung tragen. Seelsorgeeinheiten sind der Versuch, die Seelsorge mit weniger Pfarrern zu strukturieren.

Wenn man sich auf der Facebook-Seite der Diözese Bozen-Brixen ansieht, in welchem Takt geposted wird, dass wieder ein Hirte alles Irdische hinter sich gelassen hat, werde ich mit etwas Glück erleben, wie der letzte Pfaff auf den Gottesacker getragen wird, um seinem oberster Boss gegenüberzutreten. (Eigentlich eine geile Idee: Wenn neben dem Dahinscheiden der Hirten, auch das der Schäfchen in die Timeline aufgenommen würde. Gut, mit Trauerhilfe.it der Südtiroler Bestattungsunternehmen ist so ein Portal bereits online. Hätte mit dem Pamper-Logo der „Diözese Bozen-Brixen“ aber etwas offizielles. Ich wette, damit könnte man den Geldquell der Todesanzeigen im Kasblatt der Südtiroler im Nu trocken legen). Ich schweife ab.
Zur Katholischen Kirche fällt mir immer eine Verszeile aus Rainer Maria Rilkes „Das Karusell“ ein: „… alle aus dem Land, das lange zögert, eh es untergeht“. Das Zögern heißt Tumaini Ngonyani und ist der erste Priester aus Afrika in Südtirol. Sieht nicht aus, als würde die Conte-Bis-Regierung die Politik der geschlossenen Häfen aussetzen, womit der Nachschubweg an Schwarzröcken vom schwarzen Kontinent unterbrochen und Tisens eine Eintagsfliege in der zweitausendjährigen Kirchengeschichte bleibt. Was machen wir Erdenkinder hier unten dann, wenn der letzte Gottesdiener das Zeitliche gesegnet hat? Wir verscherbeln das Tafelsilber!

Der Ausweg

Ich bin sicher die Immobilienhaie machen sich bereits ihre Gedanken, was mit den Kirchen und Klöstern spekulationsmäßig so zu machen wäre. Ganz zu schwiegen von den Fazzoletti, die alte, kinderlose Weiblein über die Jahrhunderte den Gottesmännern vermacht haben. Gut, wie die Brexiteers werden wir es nicht schaffen, aus jeder säkularisierten Chapel einen Pub zu machen – schon weil auf diesem Flecken Erde kein vernünftiges Bier gebraut wird – aber die Kubatur! Allein aus dem Kirchturm könnte man ein mittleres Kondominium bauen. Zentral gelegen - altro che Wohnbauzone - und mit Parkmöglichkeiten auf dem umgebaggerten Friedhof (natürlich erst nachdem wir aus der Totenkapelle ein öffentliches Toilettenhäuschen gemacht haben). Der Widum wird abgerissen, aber das Privileg der GIS-Befreiung bleibt natürlich erhalten. Stehen lassen wir nur die eine oder andere Hochzeitskapelle: St. Konstantin in Völs, St. Justina in Eppan, das St. Valentins Kirchlein nicht weit von der Schwimmbad-Villa unseres Ex-LH. Schließlich braucht es eine Instagram-taugliche Location für die 2000 Hochzeitsfotos (so sich mal jemand traut … die alle anzuschauen).
Offengestanden sind das aber Peanuts, den der große Reibach winkt mit den Klöstern – besonders die der „Bettelorden“:  

  • Muri Gries. Auf der anderen Straßenseite übt der Benko mit seinem Gries’ Village, wie so ein Grundstück am dichtesten bebaut werden könnte. Da passen sicher mehr als „zehn stilvolle Wohnhäuser mit jeweils rund 10 Wohnungen und zahlreichen Sonderleistungen und Extras wie z.B. eine exklusive Fitnessanlage, integriertes Domotiksystem in allen Wohnungen oder Fahrradabstellplätze mit E-Bike Ladestationen“ rein.
  • Kloster Säben. Ich habe jetzt keinen Überblick wie viele Benediktinerinnen noch auf dem Hügel hausen … vier, fünf … ein 5-Sterne-Hotel passt auf jeden Fall perfekt in das Gemäuer. Wie wird die Äbtissin Maria Ancilla Hohenegger zitiert: „Säben ist ein durchbeteter Ort“. Das schreit geradezu nach einer Wellnessoase in Feng Shui Farben! Braucht‘s keine neuen Tourismuszonen auf der grünen Wiese.
    Obwohl, wenn ich mir das Gerangel um das Johanneum in Dorf Tirol ansehe: Pfui Spinne! Lassen die sturnigen Tiroler die Gostner-Brothers nicht schalten und walten wie sie wollen: Seniorenwohnheim, Luxushotel, sogar die Bezirksleitung der Süd-Tiroler Freiheit Burggrafenamt machte sich Gedanken (wusste gar nicht, dass die überhaupt denken können) und forderte: „die Landesregierung auf, diese architektonische Perle anzukaufen und wieder einer sinnvollen Bestimmung zuzuführen. Als sinnvollen Nutzungsvorschlag erachtet die Bezirksleitung, eine Zweigstelle der Hochschule des MCI (Management Center Innsbruck) zu errichten.“ Ich schreibe ja viel Stumpfsinn, aber hier muss sogar ich passen.
  • Die Fränzi. Wird planiert und in eine grüne Lunge à la New Yorker Central Park renaturiert - für die gestressten Lauben-Shopper. Gibt weder genug Exorzisten noch Hektoliter Weihwasser, um das schlechte Karma dieses verlogensten aller Orte auszusegnen. Ist wie Tschernobyl oder Fukushima - für Jahrtausende unbewohnbar. Schon mal dagewesen? Man spürt ganz leichte Erschütterungen. Das ist der Franziskus, der in seinem Grab rotiert, weil er sieht was aus seinem Orden geworden ist. Ganz zu schweigen vom Heer an Karrieristen, die das Franziskanergymnasiums über die Jahre ausgekotzt hat. Man muss sich nur mal ansehen, wer dem Gymnasialverein vorsteht.
  • Kloster Marienberg. Hochsicherheitsgefängnis für alle Apfelgiftler, die den „Malser Weg“ nicht mitgehen wollen. In der Krypta wird das Organigramm des Bauernbundes und alle Landtagsabgeordneten, denen der Stallgeruch des SBB anhaftet, in Dunkelhaft unablässig mit Round-Up, Dursban 75 WG, Polithiol, Steward, … besprüht. Dafür retten wir das einzig Vernünftige, das die Pervertierer der christlichen Urlehre je hervorgebracht haben: Die Inquisition und ihre Folterknechte.

Wenn der Hexenhammer dann gnadenlos zuschlägt, sitze ich in der ersten Reihe, denn alles kommt: Live im TV!

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gorgias Mer, 09/18/2019 - 14:02

"[...] einen die Schule und den Dümmsten die Kirche kriegt [...]"

Hier liegt ein Irrtum vor. Früher landeten jene die gut in der Schule waren dann im Priesterserminar. Besondern am Lande, wenn der Pfarrer sah, dass einer etwas im Kopf hatte, so ging er zu den Eltern, meisterns zur Mutter um ihn für den Lehrstand zu rekrutieren.

Auch wenn man sich gerne nur an die Unterdrückung wissenschaftlicher Erkenntnisse gerne erinnert die nicht mit den damaligen Dogmen übereinstimmen ließen, war die Kirche über viele Jahrhunderte ein Hort von Intellektualität. Sie schafften es unter anderem viele Ideen zu vereinnahmen und als die eigenen zu Verkaufen.

Was aber stimmt ist, dass heutzutage der Kirche langsam das Gerhirnschmalz ausgeht. Das habe ich schön von verschiedenen Seiten vernommen. Von Peter Sloterdijk, so manche Stimme in einem Gespräch und in einem Artikel der "Klein-Machiavelli zu Neustift" in dem es in einer so vorzüglichen Weise auf dem Punkt gebracht wird:
>Ein Experte in Kirchenfragen bringt es mit ätzender Offenheit auf den Punkt: „Für durchschnittlich veranlagte Menschen ist es nirgends leichter, Karriere zu machen, als bei uns“. Da es wenig Konkurrenz gebe, sei es ein Leichtes, die Leiter hochzusteigen – „bis zum Pfarrer, zum Abt, zum Bischof“. Man müsse „ja froh sein, dass man jemanden findet“.<

Die Kirche hat noch immer große Vermögen (Ländereinen, Immobilien, Kulturgüter, historische Dokumente, finanzielle Anlagen) und großes politisches Gewicht (siehe z.b. Steuerprivilegien, Religionsunterricht, Medienpräsenz usw.) Wenn dieser Laden von Mittelmäßigkeit geleitet wird, wird uns noch so einiges bevorstehen.

Mer, 09/18/2019 - 14:02 Collegamento permanente
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Hartmuth Staffler Ven, 09/20/2019 - 09:33

Ich muss Goggl Totsch auf das Allerheftigste widersprechen. Die Behauptung "...schon weil auf diesem Flecken Erde kein vernünftiges Bier gebraut wird" ist nachweislich falsch. Die Südtiroler Kleinbrauereien brauen alle äußerst gutes Bier. Das muss hier zu ihrer Ehrenrettung ganz deutlich gesagt werden und darf nicht unwidersprochen stehen bleiben.

Ven, 09/20/2019 - 09:33 Collegamento permanente