Società | Sanität

Über die negativen Auswirkungen der „Gehaltsdeckelung“ im Sanitätsbetrieb:

Diese Woche erschütterte eine Nachricht das Sanitätswesen: Ein Staatsdekret aus dem Jahr 2014 sieht die Deckelung sämtlicher Brutto-Einkommen in den Sanitätsbetrieben vor
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Auf den ersten Blick erscheint eine solche Sparmaßnahme sinnvoll, denn wer braucht schon 20.000€ im Monat? Doch zwei wichtige Fakten werden dabei unterschlagen:

1. Krankenhausärzte und niedergelassene Ärzte haben unterschiedliche Ausgaben. Beide müssen E.N.P.A.M.-Gebühren (ca. 1.300€ im Monat) und Steuern bezahlen. Bei niedergelassenen Ärzten kommen noch Miete, Personal und Geräte hinzu. Am Ende zahlt man von dem was übrig bleibt noch ca. 45% Steuern. Da schmelzen die 20.000€ schnell auf 5.000€ zusammen. Dass hier die unterschiedlichen Spesen für Krankenhausärzte und niedergelassene Ärzte nicht berücksichtigt wurden, zeugt von Ignoranz und Inkompetenz.

2. Es gibt Gründe dafür, wieso einige Ärzte mehr verdienen als andere. Ein Hausarzt oder Kinderarzt, der seine Ordination um Punkt 16 Uhr schließt und dann Tennis spielen geht oder drei Tage die Woche vormittags geschlossen hat, damit er Skifahren gehen kann, schafft es wohl kaum in die von der Tageszeitung veröffentlichten Liste der scheinbaren Topverdiener. Unter den Topverdienern sind Ärzte, die sich teure Geräte kaufen, damit sie ihren Patienten hochwertige Dienstleistungen anbieten können. Das sind Ärzte, die in der Früh um sieben Uhr das Haus verlassen und erst gegen 22 Uhr nach Hause kommen.

Versetzen wir uns mal in die Lage eines Arztes, der nun eine Kürzung erfährt: Vielleicht hat sich einer der betroffenen Ärzte gerade ein teures Gerät für 20.000€ gekauft und ist dabei, die Schulden für ein Haus abzuzahlen. Dann kommt der italienische Staat daher und sagt: Hallo Arzt, wir informieren dich darüber, dass wir dir in den nächsten Monaten kein Gehalt zahlen, weil du schon 240.000€ erhalten hast. Außerdem musst du uns fürs Jahr 2014 noch 5.000-100.000€ zurückzahlen, da wir dir auch damals nur 240.000€ überweisen hätten dürfen.

Ich betone noch einmal: Diese Maßnahme schadet nicht dem Arzt, der sich einen gemütlichen Job bei einer 35-Stunden-Woche macht. Diese Maßnahme schadet den engagierten Ärzten, die etwas aufbauen wollen.

Welche Botschaft sendet diese politische Willkür an junge Südtiroler Mediziner im Ausland, die eigentlich vorhatten, nach Südtirol zurückzukehren? Als Jungmediziner denkt man sich: Moment, wenn ich nach Südtirol zurückkehre, eine Praxis aufbaue, Haus baue, Kinder in die Welt setze, schwebt stets das Damoklesschwert der politischen Willkür über mir, denn jederzeit kann meine finanzielle Arbeitsgrundlage verändert werden. Dazu kommt noch die Standortunsicherheit. Glaubt der Sanitätsbetrieb im Ernst, ein ambitionierter Jungarzt beginnt in Innichen oder Schlanders zu arbeiten, wenn man nicht weiß, ob heute oder morgen zugesperrt wird? So naiv kann doch nicht mal der dümmste Politiker sein! Unter solchen Bedingungen kann man weder eine berufliche noch eine private Zukunft planen.

Was sind die Folgen: Jungmediziner bleiben im Ausland oder arbeiten privat. In Deutschland, Österreich und der Schweiz bemüht man sich um die Ärzte. In Südtirol wird man den Eindruck nicht los, den Politikern und Direktoren ist die Anschaffung von technischen Geräten oder kostspielige Umbaumaßnahmen wichtiger als eine gute Personalpolitik. Vielleicht liegt das daran, dass man bei der Eröffnung eines neuen MRT ein Buffet und mediale Aufmerksamkeit bekommt. Vernünftige Personalpolitik hingegen lässt sich nicht so gut für politische Inszenierung nutzen.

Ich selbst bin inzwischen desillusioniert. Während man sich als patriotischer Südtiroler noch dachte, man lässt sich jetzt im Ausland gut ausbilden, kommt dann ausgebildet heim und baut sich etwas auf, denkt man sich inzwischen: Wieso sollte ich irgendwo hin gehen, wo einem alle interessanten Eingriffe verboten werden? Will ich irgendwo arbeiten, wo meine Brutto-Einnahmen in der Zeitung veröffentlicht werden, ohne die Spesen zu beleuchten? Das grenzt an Hetze, denn so wird versucht, Ärzte als die noch schlimmeren Nutznießer unseres korporatistischen Systems hinzustellen als es Politiker sind. Die aktuelle Situation erinnert ein wenig an die dystopische Gesellschaft aus Ayn Rands Roman „Atlas Shrugged“. Die Leistungsträger werden verschmäht und es gilt das Diktat des Mittelmaßes. Wer kritisiert, fliegt und wer doch versucht, Leistung zu erbringen, wird bestraft. Da sagt man dann doch lieber nein danke und bleibt nördlich des Brenners.

Das ist schade, denn Südtirol hat so viel zu bieten. Noch gibt es gute Ärzte in Südtirol und wenn man jetzt die richtigen Maßnahmen setzt, hat die Südtiroler Medizin eine Zukunft. Im Vordergrund steht dabei eine Abkehr von der Defensivmedizin und die Schaffung echter Anreize für niedergelassene Ärzte, Dienstleistungen zur Entlastung der Krankenhäuser anzubieten, sodass man sich in den Krankenhäusern wieder auf echte fachärztliche (Spitzen-)leistungen konzentrieren kann. Verabsäumt man es, diese Maßnahmen zu setzen, wird eine Privatisierungswelle durchs Land gehen, die sich ja jetzt schon andeutet. Vielleicht ist das ja das wahre Ziel der Sanitätspolitik in Rom und Bozen – wer weiß.

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Sepp.Bacher Dom, 10/18/2015 - 22:24

Oliver, ein Stück lang habe ich beim Lesen deiner Sätze zustimmend genickt. An bestimmten Stellen kommt aber die Sichtweise des Arztsohnes durch, für dem bestimmte Dinge als Selbstverständlichkeit erscheinen: ein hohes Einkommen (in Progression) und das sicher, ein Haus, usw. Nun haben auch Menschen in anderen Berufen oft lange Ausbildungen gemacht - oft auch selbst bezahlt - und können nicht mit hohen und fixen/sicheren Gehältern oder Einkommen rechnen oder werden von bestimmten Reformen (Renteneintrittsalter oder anderem) überrascht. Diesbezüglich tun mir die Ärzte nicht leid; und du solltest trotzdem nach Südtirol zurückkommen (du weißt ja auch nicht, was dich in Österreich erwartet, wenn Strache ans Ruder kommt). Aber ich bin auch der Meinung, dass differenzierte Leistungen entsprechend honoriert werden müssen. Ebenso finde ich nicht ok, wenn man beispielsweise einen renommierten österreichischen Mediziner mit einem super Angebot hier her lockt, ihm die größte Abteilung des Landes überträgt und ihm dann das Gehalt zurecht stutzt - er verdient dann vielleicht gleich viel, wie sein Kollege mit vielleicht halb so viel Aufwand, Personal und Verantwortung.

Dom, 10/18/2015 - 22:24 Collegamento permanente
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Mensch Ärgerdi… Lun, 10/19/2015 - 11:55

Ich muss mich jetzt mal für mein Unwissen entschuldigen, aber ist der niedergelassene Arzt nicht privat (also nicht vom Gesetz betroffen) und der im Krankenhaus ein öffentlicher Bediensteter? Oder bin ich da total auf den Holzweg?

Lun, 10/19/2015 - 11:55 Collegamento permanente
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Mensch Ärgerdi… Lun, 10/19/2015 - 14:43

Ok, dann ist es so wie ich es mir gedacht habe. Beim Hausarzt habe ich aber noch nie Gerätschaften gesehen wie z. B. beim Zahnarzt oder beim Augenarzt. Dann gilt dieses Argument mit den 5000€ die am Ende übrig bleiben doch eher selten, oder?
Was das Thema an sich angeht, weiß ich nicht so recht. Es wird immer ein reicheres Land oder eine private Klinik geben die sich die besten Ärzte holt, aber ich muss schon sagen dass ich persönlich öffentlichen Ärzten ein höheres Gehalt eher gönne, als so manchen verwöhnten Menschen seinen Flugplatz vor der Haustüre oder dubiose Wasserstoffbuse zu 1 Million € das Stück.

Lun, 10/19/2015 - 14:43 Collegamento permanente