Politica | Asylwerber

SPRAR: Fünf sagen offen Nein

Fünf Südtiroler Gemeinden weigern sich offen, Flüchtlinge unterzubringen. Landesrätin Martha Stocker bleibt über die Beteiligung am SPRAR-Programm enttäuscht.
Kaltern
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Kaltern, Corvara, Abtei, Unsere Liebe Frau - St. Felix und Wolkenstein: Diese fünf Südtiroler Gemeinden zeigen dem Land offen die kalte Schulter, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen im Rahmen des SPRAR-Programms geht. 3,5 Plätze pro 1000 Einwohner sollen die Gemeinden laut dem Abkommen zwischen Land mit Bezirksgemeinschaften und Gemeindenverband bereitstellen, um Asylwerber landeweit in kleinen Gruppen unterbringen zu können. Doch trotz langem Hickhack und Überzeugungsarbeit beharren zumindest diese fünf Gemeinden vorerst einmal offen auf ihrer Weigerung, freiwillig Plätze anzubieten. Laut RAI Südtirol großteils mit dem Verweis, dass man als touristische Gemeinde keine Flüchtlinge haben wolle und keine erschwinglichen Unterkünfte finde. In Wolkenstein dagegen sei man der Überzeugung, dass bereits genügend Flüchtlinge im Tal sind, während Unsere Liebe Frau/St. Felix zu stark mit seinen gemeindeinternen Problemen beschäftigt sei.

Insgesamt keine Korrektur des Bilds, das ausgerechnet im Gastland Südtirol viele Gemeinden wenig Gastfreundlichkeit gegenüber Asylwerbern zeigen. „Es hätten ruhig etwas mehr sein können“, findet auch die zuständige Landesrätin Martha Stocker, wenn sie nach der Bilanz der langwierigen Herbergssuche gefragt wird. Dennoch hat man in der Frage nun zumindest einmal „Bodenhaftung“ bekommen, wie Stocker findet. 40 Gemeinden beteiligen sich laut der Landesrätin bislang am staatlichen SPRAR-Programm, ergreifen also freiwillig die Initiative, ein geeignetes Gebäude für die Aufnahme von Asylbewerbern zu finden, um dann mit einer geeigneten Trägerorganisation beim Staat ein Projekt einzureichen. 22 Gemeinden seien wiederum im Rahmen des CAS-Programms über die Provinz in die Flüchtlingsaufnahme eingebunden. 

Und alle anderen? „Viele sagen, wir sind beim nächsten Mal dabei“, antwortet Stocker. Auch gäbe es einige Gemeinden, die darauf pochen ihre Pflichten bereits auf anderem Weg erfüllt zu haben, zum Beispiel indem man sich in Nachbargemeinden sehr stark bei der Flüchtlingsbetreuung einbringe. Solche Fälle müssten dann im Detail geprüft werden, sagt die Landesrätin. Grundsätzlich sollte sich jedoch jede Gemeinde auf die eine oder andere Art bei der Unterbringung der derzeit rund 1700 Asylwerber beteiligen. Die Ankündigung, dass eine offene Verweigerung wie jene der fünf Gemeinden Konsequenzen bei der Gemeindenfinanzierung haben wird, bleibt laut Stocker in jedem Fall aufrecht. Als „solidarische Umverteilung“ bezeichnet sie das Vorhaben, die Kosten, die sich Verweigerer ersparen bzw. die all jenen Gemeinden anfallen, die Strukturen zur Verfügung stellen, bei der Zuteilung der Mittel zu berücksichtigen. Wie genau das passieren wird, müsse nun Gemeindelandesrat Arnold Schuler erarbeiten.

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Ludwig Thoma Mer, 10/18/2017 - 20:31

dann aber bitte auch Volksabstimmungen ob der Staat und private Konzerne Waffen in Krisengebiete liefern dürfen, dann würden vielleicht sogar weniger Flüchtlinge zu uns kommen wollen.

Mer, 10/18/2017 - 20:31 Collegamento permanente
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Alfonse Zanardi Mer, 10/18/2017 - 21:24

> Es kann nicht sein dass Gemeinderäte entscheiden?
Bitte, wo leben Sie? Wir leben in einer repräsentativen Demokratie, welches - Sie können gerne mitschreiben - bedeutet, dass Vertreter vom Volk gewählt werden und in deren Namen Entscheidungen treffen. Und zwar ALLE Entscheidungen.
Dass in diesen Tagen immer mehr der Ruf nach "Volksabstimmungen" laut wird ist kein gutes Zeichen. Repräsentative Demokratie ist ja ganz bewusst als Puffer gedacht, um - sie gestatten die offenen Worte - die Ahnungslosigkeit und Niedertracht des Mobs abzufedern. Wieso glauben sie dass es in Deutschland lediglich auf lokaler Ebene direktdemokratischen Instrumente gibt?

Weiters finde ich es köstlich dass immer die Schweiz als Beispiel hergenommen wird. Gerade die Schweiz! Es mag ja niedlich sein wenn irgendwo in Appenzell zu Alphornklängen über den Standort eines Maibaums abgestimmt wird. Aber das Schweizer Volk hat auch locker gegen die eigene Verfassung und gegen die Religionsfreiheit gestimmt. Im Übrigen hat die Schweiz über Jahrzehnte aus reiner Habgier jedes noch so schmutzige, blutige oder herrenlose Geld der Welt gewaschen und igelt sich jetzt ein. Auf jeden Fall kein Vorbild, ausser in Egoismus und Hinterwaldlertum.

Das Volk soll also auf Facebook abstimmen (liken), da richtet es ohnehin schon genug Schaden an.

Dass mittlerweile sogar hier auf Salto nur mehr aggressive Hosenscheisser, die Angst vor Flüchtlingen haben und verbreiten, ihr Unwesen treiben ist traurig.

Mer, 10/18/2017 - 21:24 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Ven, 10/20/2017 - 07:11

In risposta a di Alfonse Zanardi

@ zanardi, kunze
ich glaube, es ist nicht zielführend, die verschiedenen formen des demokratischen ausdrucks gegeneinander auszuspielen. eine gesunde demokratie vereint repräsentative, direkte und - nicht zu vergessen - deliberative merkmale.
rein aus der form ein "besser" und "schlechter", "sicher" und "gefährlich" ableiten zu wollen funktioniert meiner meinung nach nicht.
die repräsentative demokratie hat etwas "abfederndes", um emotionsgeladene ad-hoc-entscheidungen zu verhindern. gleichzeitig sind beispielsweise die wirklich großen probleme unserer zeit wie die finanzkrise oder die kriegseinsätze der vergangenen jahre mit all ihren folgen allesamt auf repräsentativ-demokratische entscheidungen (deregulierung des finanzsektors, waffenlieferungen usw.) zurückzuführen. ich wage zu behaupten, dass bezüglich deregulierung der banken und kriegseinsätze im nahen und mittleren osten die bevölkerung bei einer abstimmung anders - und wie ich meine - günstiger entschieden hätte. dem gegenüber stehen entscheidungen wie der brexit, wo die direkte demokratie meines erachtens eine fehlentscheidung getroffen hat. das hält sich also in meiner subjektiven einschätzung die waage.
man muss generell dazu sagen, dass es in einer demokratie eben nicht um "richtig" oder "falsch" bzw. "gut" oder "schlecht" geht - denn das sind subjektive kategorien. in einer demokratie geht es um "gewollt" oder "nicht gewollt".
und noch ein interessanter aspekt: als gegenargument zur direkten demokratie hört man öfters, dass das einfache volk mit der komplexität so mancher entscheidung überfordert sei und die tragweite nicht erkennen könne. in einer volksabstimmung geht es immer um sachentscheidungen. wenn man erfolgreiche unternehmer fragt, werden - vermute ich - die meisten sagen, dass personalentscheidungen (umgelegt auf die demokratie wären das wahlen) wesentlich komplexer und auch entscheidender sind als sachentscheidungen (volksentscheidungen). letztere sind -
zumindest in einer demokratie - leichter reversibel. kaum ein demokrat zweifelt jedoch daran, die bevölkerung wählen zu lassen. paradox wird es dann, wenn gewählte politiker sich mit obigem argument gegen direkte demokratie stellen und der bevölkerung das "urteilsvermögen" absprechen. wenn man diese logik weiter denkt, hieße das ja auch, dass der politiker selbst zugibt, höchstwahrscheinlich eine fehlbesetzung zu sein, da die bevölkerung mit einer so komplexen personalentscheidung ja überfordert sein müsste.

Ven, 10/20/2017 - 07:11 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Ven, 10/20/2017 - 08:08

In risposta a di Harald Knoflach

@Harald Knoflach
Gebe die grundsätzlich recht. Der Knackpunkt ist aber das Quorum. Es braucht m.M.n. eine Mehrheit von 50 Prozent +1 der Wahlberechtigten die zur Abstimmung gehen müssen um die Entscheidung von der gewählten Volksvertretern auf das Volk zu übertragen. Sollte ein Thema nicht die Mehrheit des Wahlvolkes erreichen, so muss es die Entscheidung der Volksvertreter bleiben. Es kann nicht sein sein, dass der der hingeht, entscheidet. Wenn ich ein Thema besser bei der Volksvertretern aufgehoben weiß und das eine Mehrheit genauso sieht, dann ist das in einer GRUNDSÄTZLICH repräsentativen Demokratie legitim.
Dass Volksbefragungen nicht nur Instrumente zur Verhinderung sind, muss auch noch bewiesen werden.

Ven, 10/20/2017 - 08:08 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Ven, 10/20/2017 - 09:04

In risposta a di Waltraud Astner

@astner
verstehe ich das richtig: du bist für ein beteiligungsquorum von 50% + 1 der wahlberechtigten, nicht aber dafür, dass 50% + 1 zustimmen müssen. d.h. es könnte im extremfall bei deiner forderung etwas mehr als ein viertel der wahlberechtigten eine entscheidung herbeiführen?
interessant in dem zusammenhang ist ja auch, dass die derzeitige mehrheit im südtiroler landtag gerade einmal 37 % der wahlberechtigten hinter sich weiß.

Ven, 10/20/2017 - 09:04 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Ven, 10/20/2017 - 15:38

In risposta a di Harald Knoflach

@Harald Knoflach
Ich weiß nicht was daran nicht zu verstehen ist. Es braucht eine Mehrheit der Wahlberechtigten die zur Wahl gehen, damit die Abstimmung gültig ist. Von denen die zur Abstimmung gehen braucht es wiederum die Mehrheit um etwas durchzusetzen. Wichtig ist, dass eine Mehrheit der Abstimmungsberechtigten das Thema interessiert. Ist dies nicht der Fall und bleiben sie der Wahl fern, soll die Entscheidung an die gewählten Volksvertreter zurückgehen, da ja die repräsentative Demokratie die vorherrschende ist. Dass ein Viertel der Wahlberechtigten eine Entscheidung herbeiführen kann ist richtig, wenn das zuwenig ist, kann ein höheres Beteiligungsquorum auch kein Hindernis sein, im Gegenteil.

Ven, 10/20/2017 - 15:38 Collegamento permanente
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Alfonse Zanardi Ven, 10/20/2017 - 23:04

In risposta a di Harald Knoflach

Mir ging es auch nicht um besser oder schlechter oder richtig oder falsch. Mir war es in dieser Diskussion konkret nicht einsichtig warum ein Gemeinderat nicht über die Unterbringung von Flüchtlingen entscheiden können sollte.

Durchaus richtig ist dass direktdemokratische Instrumente in vielen europäischen Ländern vorgesehen sind und entsprechend in den Verfassungen verankert sind. Und das ist auch gut so. Große gesellschaftliche und politische Entscheidungen können dadurch legitimiert werden und ergeben Konsens und Sinn in einer Gesellschaft. Ich denke da in Italien an die Referenden zur Scheidung oder zum Atomausstieg, in Österreich z.b. zum EU-Beitritt oder Zwentendorf.
In der jüngsten Geschichte sehe ich das Instrument allerdings oft mit negativen Ergebnissen eingesetzt. Gerade bei kontroversen oder emotionalen Themen wie z.b. Sezessionen, Religion oder Migration finde ich es ungeeignet. Auch weil die gesellschaftliche Diskussion durch digitale Medien aufgeschaukelt und überemotionalisiert wird, unterstützt auch von Desinformation, Echoräumen, Angstpolitik und technischer Manipulation.
Diese Haltung vertrete ich hier mehr oder weniger akzentuiert, auch weil es hier auf salto doch einige in meinen Augen unkritische Apologeten der Direktdemokratie gibt. Und als solchen Politesoteriker durfte ich auch Kollegen Kunze kennenlernen, dessen allzu emphatische Verehrung für das Direktdemokratische mir doch etwas - man verzeihe - am Senkel ging, inklusive der unnötigen Überhöhung der kleingeistigen Trutzburg Schweiz.
Was das Quorum betrifft finde ich mich übrigens in seltener Einigkeit mit Frau Astner wieder, der strammen Rechtsauslegerin.

Ven, 10/20/2017 - 23:04 Collegamento permanente
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Alfonse Zanardi Mer, 10/18/2017 - 22:32

Was heisst da von oben herab? Gemeinderäte sind demokratisch gewählte Volksvertreter. Oder sehen sie das anders?
Deren Entscheidungen spiegeln die Mehrheitsverhältnisse der jeweils letzten Wahl dar und stehen also für den Willen der Bevölkerung. Das ist recht einfach zu verstehen.
Und von welcher Tragweite sprechen Sie? Sie wollen also eine Volksabstimmung ausrufen wenn in einem 5000 Einwohner-Dorf 18 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Sehen Sie darin eine Bedrohung? Wie genau schaut die Bedrohung aus?
Zu glauben das Volk zu fragen ist die Lösung ist töricht, vor allem bei emotionsgeladenen Themen wie Migration, Brexit, etc.

Mer, 10/18/2017 - 22:32 Collegamento permanente
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Alfonse Zanardi Mer, 10/18/2017 - 23:12

Direkte Demokratie ist ein wundervolles Instrument – wenn es um die die Gestaltung des Dorfplates geht. Für alles andere sehen unsere westlichen Verfassungen die repräsentative Demokratie vor – ob sie es wissen oder nicht.

Mer, 10/18/2017 - 23:12 Collegamento permanente