Economia | Twenty

180 Tage Galgenfrist

Die Landesregierung wird heute die Einleitung eines neuen Ausschreibungsverfahrens zum Landeseinkaufszentrum beschließen. Damit hofft man die Verfahrensmängel zu beheben.
Twenty Eingang
Foto: Hannes Prousch
Das Urteil des Staatsrates ist für die Landesregierung, die Gemeinde Bozen und die Ämter des Landes vernichtend.
Dennoch steckt in den 81 Seiten aus Rom, die in Südtirol wie ein Bombe eingeschlagen haben, auch ein Rettungsanker. Diesen haben die zuständigen Landesämter jetzt ausgegraben, um den gordischen Knoten rund um das Einkaufszentrum Twenty zu lösen.
Die Landesregierung wird heute einen Beschluss fassen, mit dem die Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung beauftragt werden, ein neues Ausschreibungsverfahren zur Verwirklichung des Landeseinkaufszentrums in Bozen vorzubereiten.
Als Grundlage für diese Lösung zieht man das Staatsratsurteil heran. So beruft man sich auf einen Passus im Richterspruch. Dort heißt es:
 
Die Auswahl der Fläche, auf der das einzige Einkaufszentrum von landesweiter Bedeutung errichtet werden soll, muss nach vorheriger Festlegung von Kriterien und Auswahlverfahren erfolgen, um die Einhaltung der Grundsätze von Werbung und Transparenz sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen für konkurrierende Subjekte bei der Präsentation ihrer "Kandidaturen" zu gewährleisten; die Auswahl des Gebiets erfordert die Verwendung öffentlicher Vergabeformen. Die Regeln der öffentlichen Vergaben müssen vor Beginn des Verfahrens und nicht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Abschluss des Verwaltungsverfahrens für die Abänderung von Amtswegen des BLP aufgestellt werden.“
 
Der Staatsrat hatte vor allem den Umstand beanstandet, dass das Land den anderen Beteiligten die Teilnahme am Verfahren erst nach Auswahl eines privaten Bereichs ermöglicht hat. Die Richterinnen und Richter kommen zum Schluss, dass mit dieser Vorgangsweise die Grundsätze der Transparenz, Publizität und Nichtdiskriminierung, die das EU-Recht bei allen möglichen Verwaltungshandlungen zu Gunsten eines auf dem Markt tätigen gewerblichen Betreibers fordert, missachtet wurden.
 
Die Landesregierung beruft sich in ihrem Beschluss auf drei weitere Urteil des Staatsrates aus den Jahren 2001, 2016 und 2017 in denen bei der unrechtmäßigen Direktvergabe eines Auftrages die Möglichkeit eines nachträglichen öffentlichen Auswahlverfahrens eingeräumt wurde.
 
 
 
 
Vor allem aber wurde dieser Weg sowohl vom Bozner Verwaltungsgericht als auch vom Staatsrat selbst ins Spiel gebracht. So heißt es im Urteil Nr. 8564/2022:
 
„Der Senat stimmt der Begründung des erstinstanzlichen Richters hinsichtlich der Möglichkeit einer Neuauflage des vergleichenden Verfahrens nach der Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse zu, eine Hypothese, die der erstinstanzliche Richter nicht ausgeschlossen hat - sogar nach der Aufhebung vom Art. 44 bis L.G. 13/1997 durch das neue Raumordnungsgesetz der Provinz Nr. 9/2018 - basierend auf der Bestimmung im Art. 103 Absatz 2 des vorgenannten L.G. Nr. 9/2018, in der Fassung des L.G. 17. Dezember 2020, Nr. 15, in der es wörtlich heißt: „Werden Pläne, Projekte und Genehmigungen für Baumaßnahmen, die wegen Verfahrensmängeln aufgehoben wurden, wieder eingereicht, so finden die zum Zeitpunkt der Einleitung des ursprünglichen Verfahrens geltenden Bestimmungen und Verfahrensvorschriften Anwendung.
Tatsächlich behält Art. 103 Absatz 2 die Anwendbarkeit des bisherigen Rechts auf Fälle der Annullierung von Plänen, Projekten und Qualifikationen wegen Verfahrensmängeln bei, eine Wahrscheinlichkeit, die sich auch im vorliegenden Fall ergibt.“
 
Genau diesen Weg will die Landesregierung jetzt beschreiten. Dabei hat man schon vorab die formal dafür notwendigen Schritte gesetzt.
Bereits im Oktober 2021 wurde aus den Verantwortlichen der Gemeinde Bozen und den zuständigen Landesämtern ein „technischer Tisch“ einberufen. Dieses fachliche Beratungsgremium hat auf einer Sitzung am vergangenen Mittwoch diese Lösung vorgeschlagen. Die vom Staatsrat aufgezeigten Mängel am Verwaltungsverfahrens sollen durch ein Ausschreibungsverfahren beseitigt werden. Perfekt getimt hat die Firma „Twentyone srl“ am selben Tag einen Antrag auf Beseitigung von Mängeln im Verwaltungsverfahren vorgelegt.
Die Abteilung für Natur, Landschaft und Raumentwicklung soll jetzt das Ausschreibungsverfahren vorbereiten und dabei sollen auch die Mitglieder des technischen Ausschusses herangezogen werden, die von der Landesregierung und dem Gemeindeausschuss ernannt wurden. Zudem wird im Beschluss festgelegt, dass das neue Auswahlverfahren innerhalb von 180 Tagen abgeschlossen sein muss.
Es ist das halbe Jahr Galgenfrist, die den Twenty-Betreibern auf jeden Fall noch bleibt.

 

Wär doch schön, wenn all die Geschäfte wieder in den Orten angesiedelt werden.
Da würden wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen.
Da würden die Orte lebendiger.
Da würde der Autoverkehr zum Twenty erliegen und mit ihm der alltägliche Stau.
Da würde die Kaufsucht weniger und die Menschen hätten mehr Geld in der Tasche!

Mar, 10/18/2022 - 10:50 Collegamento permanente