Politica | Partizipation

Meraner Kräfteringen

Die neue Ideensammelstelle ist ein alter Hut, kritisiert La Civica per Merano. Bürgermeister Rösch spricht von "Verleumdung". Und zieht einen iPhone-Vergleich.
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Foto: Salto.bz

Wie ein roter Faden zieht sich ein Thema durch das Regierungsprogramm von Paul Rösch: Partizipation der Bevölkerung. “Die Leute einbeziehen, darum sollte es in der Politik gehen”, ist der Meraner Bürgermeister nach wie vor überzeugt. Doch kaum bringt er dahingehend etwas auf den Weg, hagelt es auch schon Kritik. Vor kurzem ging die neue Ideensammelstelle online. Auf einer Facebook-Seite sammelt der für die Initiative zuständige Alexander Schiebel Ideen für die Stadt. Diese werden zur Diskussion gestellt und von der Gemeinde bewertet. Findet eine Idee eine breite Akzeptanz und wird sie von der Gemeinde für realistisch und realisierbar befunden, landet sie schließlich auf dem Tisch der Verwaltung. Gibt es alles schon und daher ist die neue Ideensammelstelle nicht notwendig, meint La Civica per Merano. Die Oppositionsliste kritisiert das Projekt und jenen, der dafür von der Gemeinde beauftragt wurde: der Rösch-Vertraute Alexander Schiebel. Nun kontern die beiden auf die Vorwürfe.


Mit Kritik und Geld nicht gespart

Grundsätzlich, teilte die Civica am Donnerstag mit, wünsche man sich, dass die Ideensammelstelle funktionieren und die Vorschläge, die kämen, ernst genommen würden. Man zeigt sich mit der Initiative einverstanden – “so sehr, dass wir gerne auch daran erinnern möchten, dass die Arbeit, die von dem ‘Experten’ Alexander Schiebel getätigt wurde eine Kopie der Tätigkeit ist, die bereits vom vergangenen Gemeinderat getätigt wurde”, heißt es in einer Aussendung. Die Civica erinnert an die Einrichtung der Beschwerdestelle in der Gemeinde Meran, an die sich die Bürger auch mit Ideen und Anregungen per E-Mail wenden können. Innerhalb von kurzer Zeit bekommen sie in der Regel eine Antwort.

“In Wirklichkeit hat es also bereits eine Möglichkeit gegeben, Ideen und Vorschläge bei der Gemeinde vorzubringen”, stellt die Civica fest, “und das alles wurde umsonst im Hause realisiert”. Man hätte es sich, so die Oppositionsliste, die ein weiteres Mal die Beauftragung von Alexander Schiebel kritisiert, weiter, “sparen können, 6.000 Euro auszugeben um dieses Projekt ins Leben zu rufen”. Sondern man hätte einfach die bereits bestehende Beschwerdestelle besser nach außen kommunizieren müssen, anstatt “nun noch zusätzlich eine Facebook-Seite für die Einbringung der Ideen” zu erstellen.


Hinkendes Alt-Neu

Die Kritik der Civica hat bei Bürgermeister Paul Rösch Verwunderung ausgelöst. Er meldet sich am Freitag Mittag ebenfalls mit einer Pressemitteilung zu Wort. “Die Vorwürfe, die rund um die Ideensammelstelle geäußert worden sind, sind nichts als Verleumdungen”, wird Rösch zitiert. Der Erfolg seit Lancierung der Sammelstelle, die er als “zentralen Punkt des Regierungsprogramms” bezeichnet, spreche für sich: 34 Ideen in fünf Tagen, dazu 554 “Gefällt mir”-Angaben und eine Beitragsreichweite von 28.159. “Auf der von der letzten Stadtregierung eingerichteten Vorschlags-Mailadresse sind dagegen in einem Jahr ganze fünf Vorschläge eingereicht worden”, teilt Rösch mit. “Die neue Ideensammelstelle als Plagiat einer Vorschlags-Mailadresse hinzustellen, die es geschafft hat, innerhalb eines Jahres gerade einmal fünf Vorschläge zu sammeln, ist deshalb – gelinde gesagt – dreist”, empört sich indes Alexander Schiebel.

Auf Facebook postet er am Freitag Vormittag eine Stellungnahme in eigener Sache. Darin erklärt er den Unterschied “zwischen Alt und Neu”: “Erstere war eine Unterkategorie des Beschwerdemanagements, einlangende Ideen sollten von der Gemeindeverwaltung bewertet werden.” Auch Paul Rösch zeigt auf, was am alten System der Vorschlags-Mailadresse seiner Meinung nach nicht geklappt hat: “Wenn Vorschläge eingehen, die niemand sonst gesehen hat, macht man es Politik und Verwaltung relativ einfach, sie pauschal abzulehnen.” Beim neuen Konzept sollen die Ideen der Bürger hingegen nicht mehr klammheimlich in Gemeindestuben besprochen, sondern offen zur Diskussion gestellt werden. “Bürger entscheiden über die Vorschläge der Bürger. Sie sind es, die Ideen einbringen, sie sind es aber auch, die sie kommentieren, bewerten und beurteilen. Die Gemeinde hat nur die Aufgabe, die Machbarkeit zu überprüfen. Damit verlagert sich das Kraftzentrum der Politik von den Parteizentralen und Gemeindestuben zurück in die Bevölkerung. Ist es nicht das, was wir alle wollen?”, fragt sich Schiebel.


Der iPhone-Vergleich

Für sich und seine Beauftragung bekommt der gebürtige Wiener Rückendeckung vom Bürgermeister: “Für die Umsetzung hat es einen Kommunikationsexperten gebraucht, der zudem Erfahrung im Bereich der neuen Medien verfügt”, so Rösch. Einen solche gibt es laut ihm weder in der Gemeindeverwaltung noch seien sehr viele davon auf dem Markt zu finden. Alexander Schiebel hingegen bringe “genau diese” Voraussetzungen mit, daher habe man sich an ihn gewandt. “Und er hat gute Arbeit geleistet”, meint der Bürgermeister angesichts der gut angelaufenen Initiative.

Auch Schiebel selbst ist überzeugt: “Ob der Auftrag der Gemeinde Meran an mich gerechtfertigt war, wird sich am Erfolg messen lassen. Die ersten Zahlen sind dabei nur ein erster Gradmesser und die Ideensammelstelle ist nur der Anfang: Das Konzept, das ich für die Gemeinde ausgearbeitet habe, entwickelt sich im Laufe des Jahres weiter und besteht aus mehreren Phasen. Bevor man mir also öffentlich vorwirft, ich würde Geld annehmen, ohne eine Leistung zu erbringen, sollte deshalb das Ende dieses Prozesses abgewartet werden. So viel Fairness sollte auch im politischen Geschäft Platz finden.” Auch Paul Rösch verwehrt sich dem Vorwurf, es sei “nur” eine Facebook-Seite eingerichtet worden: “Die Seite ist nur ein erster Schritt einer stärkeren Einbindung der Bürger, weitere folgen schon in den nächsten Wochen.” Sein Statement schließt er mit dem Satz: “Ich glaube kaum, dass man Steve Jobs vorgeworfen hat, ‘nur’ ein tragbares Telefon auf den Markt gebracht zu haben.”