Cultura | Theater

Geiler Geiz

Vermögen, Verteilung und Gerechtigkeit sind Themen die bewegen. Mitunter auch diverse Theaterbühnen des Landes, wie mehrere im Februar in Südtirol gezeigte Stücke belegen
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Foto: SKI (Armin Smailovic)
  • Gib mir ein Stück vom Kuchen!

    An gleich zwei Theaterabenden war vor kurzem (und kurz vor der Faschingsvöllerei) das Hamburger Gastspiel Der Geizige - oder die Schule der Lügner von Molière in einer rasanten Inszenierung von Regisseur Leander Haußmann auf der für zwei Stunden nackten Bühne im Bozner Waltherhaus zu sehen. Nackt war auch der liebestolle Auftakt (hinter dem Seitenvorhang), äußerst schlecht gekleidet hingegen der für die Rolle des Herpagon geniale Hauptdarsteller Jens Harzer. Haußmanns Herpagon sah der Kunstfigur Horst Schlämmer im Äußeren nicht unähnlich, im Inneren allerdings gab er gekonnt einen an Raffgier erkrankten Patriarchen, der seinen unermesslichen Geiz ins Publikum schleuderte. 

  • Geldgeiles Stück: Alter Stoff zum immer gleichen Zoff. Foto: SKI (Armin Smailovic)

    Die große Angst vor finanziellem Verlust eines Reichen (oder eine armen Würstchens?) zeigte die sehenswerte Aufführung in cholerisch-humoresken Schüben des Hauptdarstellers, die im Ausdruck an die ätzende Egomanie eines Vittorio Sgarbi erinnerten. Erst gegen Ende des Stücks entschwand die lange vorherrschende "nackte" Bühnenraumgestaltung und formierte sich zu einer historisierten, höfischen Kulisse von der die nunmehr bunt gekleidete Truppe die Treppen herabtaumelte, allesamt wie schwerfällige Robben die sich in dieser Welt nicht mehr halten können. Die vom Thalia Theater aus Hamburg und am Ende fast drei Stunden dargebotene Bühnenfassung des Geizigen (1668 erstmals aufgeführt!) wirkte zeitnaher und aktueller, als jedes noch so stumpfe Gespräch mit einem ungebremst neoliberalen Wirtschaftsexperten über die Unendlichkeit von Wachstum.

  • Ende des Kapitalismus?

    Tax the rich: Das Duo "Brextit Colada" wechselt verspielt zwischen den musikalischen Genres Klassik, Punk, Rap, Elektronik und Pop und kommen am Ende zur Frage: „Dürfen die Wohlständischen diesen Kampf überhaupt kämpfen?“ Foto: Brexit Colada

    In Zeiten wo eine kleine Stadt wie Bozen dem vermeintlichen Goldesel Benko verfallen war und scheinbar immer noch ist, wird die internationale Tragweite vom Ende des Nordtiroler Immobilienverbrechers von Tag zu Tag klarer, dass nämlich derart undurchsichtige Formen an spekulativem (Bau-)Raubrittertum – samt geschickter Verfilzung mit dem lokalen und internationalen Bankwesen – letztendlich zu dem führt, wohin Gesellschaft und Stadtbewohner eigentlich gar nicht drängten. Nicht nur das Einkaufshaus Waltherpark in Bozen und andere größere und kleinere Baustellen und Bauobjekte schauen nun in den leeren Signa-Geldbeutel, auch den im Baustopp befindlichen Elbtower in Hamburg musste das weltweit agierende Immobilienwunder sausen lassen. Passend dazu reiste aus der norddeutschen Hafenstadt nicht nur das Thalia-Theater um Haußmanns Geizigen nach Südtirol, sondern es wird demnächst wieder Besuch aus Hamburg erwartet, wenn nämlich in Brixen das Neo-Musical-Duo Brexit Colada ihr Stück „Das Erbe“ zu Aufführung bringen wird. Lionell Tomm und Farina Jäger-Stabenow vermengen dabei „Songs, Tanz, Dialog und Diskurs zu einem unterhaltsamen Bühnenprogramm“, und geben sich als zwei singende Adelige, die sich mit den eigenen Privilegien auseinandersetzen. Das Hamburger Duo ist am Samstag (24.02., um 20 Uhr) und am Sonntag (25.02., um 18 Uhr) auf der Kleinkunstbühne der Dekadenz Brixen zu sehen. Im Anschluss an die Sonntags-Aufführung wird es außerdem ein Gespräch zu den im Stück besprochenen Themen geben; mit dem Performer des Abends Lionel Tomm (Theatermensch und Sozialarbeiter), der Wiener Ökonomin Franziska Disslbacher und dem Wissenschaftler Thomas Benedikter. Sie werden unter dem Motto Tax the rich mit zebra.-Redakteurin Valentina Gianera über Verteilungsgerechtigkeit sprechen.   

  • Mit dem Geld andrer gewinnt man mehr!

    Schuld und Schein. Ein Geldstück: Am 21.2 (in Brixen, Forum) und am 22.2. (in Meran, Stadttheater) zu sehen. Foto: SKI

    Um die Undurchschaubarkeit des Finanzsystems und weshalb Menschen ihr Geld „vertrauensvoll in die Hände von Banken, Fachleuten und Politik“ legen, geht es außerdem im Bühnenstück Schuld und Schein. Ein Geldstück, einem Gastspiel des Metropoltheaters aus München, das ebenfalls in der kommenden Woche in Südtiol aufgeführt wird – in Brixen am 21. Februar, in Meran am 22. Februar. „In kurzen anschaulichen Szenen erfahren Sie, wie aus einem harmlosen Goldstück eine Welt aus Schuld und Schein“ entsteht, versprechen die Veranstalter. 
    Ob sich neben Kultur- und Theaterinteressierten auch Politiker*innen, Immobilienhaie und Banker*innen relevantes Theater über reale Finanzjongleure und nimmersatte Geldgier auf der Bühne anhören und ansehen, um dabei mit größtem Wohlwollen in Intellekt und Kultur zu investieren? Zeit (ist Geld) wär`s!