Società | Filmschule Zelig

Uno sguardo diverso – Der andere Blick

Die Bozner Filmschule Zelig filmt nicht nur. Sie lässt Menschen sich selbst und ihren Alltag darstellen. "Partizipatives Video" nennt sich das. Erstmals zeigen Menschen in Südtirol nun ihre Welt. Menschen mit körperlichen und geistigen Handicaps - andere Leben eben. Doch wer ist eigentlich anders?

Wenn sich die Waschmaschine dreht, der Briefträger kommt, wenn eine Party ansteht. Dann muss das festgehalten werden. Ausschnitte aus dem Leben, Ausschnitte, die jeder kennt. Und jeder anders sieht.

25 Menschen aus geschützten Einrichtungen der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern haben aufgemacht. Haben Einblicke zugelassen und ihre Welt gezeigt. „Filmkameras sind wie ein drittes Auge, ein neues Auge“, sagt Valentina Zaggia. Sie ist eine von drei MitarbeiterInnen der Filmschule Zelig, die Partizipation neu ausgelotet haben. „Wir sind nur HelferInnen, zeigen wie das Filmen geht. Wo gedrückt wird. Wir wollen den Menschen ein neues Kommunikationsmittel geben, sie sollen sich ausdrücken können."

Der Blick aufs Leben
Faszination sei es, diese Form des Filmens, sagt Zaggia. 2008 kamen Jugendliche am Projekt „Il mio sguardo zu Wort, "ich war auch bei Roma, habe sie selbst filmen lassen, das ist ganz etwas anderes." Wenn Geschichten erzählen werden, gibt es schnell Verfälschungen. Wo halte ich die Kamera hin, welche Ausschnitte sprechen mich an, was frage ich, was will ich wissen? Das partizipative Filmen will das verhindern, im Vordergrund steht der Andere, sein Zeigen, sein Tun. "Lo squardo diverso - Der andere Blick" hält Ausschnitte, Story Boards, Lachen und berührende Worte fest. Aus anderen geistigen Welten kommen Nachrichten, die trotz körperlicher Einschränkungen zeigen. Alle Menschen träumen, wünschen, spürens, erinnern sich, hoffen.

ESoDoc - European Social Documentary bringt FilmemacherInnen zusammen, die das Soziale, die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellen wollen.

Nahes Filmen
Fliegen wie ein Adler über den Amazonas, das Sterben der Mama, "ich sehe mich ja nie, und so sehe ich, wie ich mich verhalten habe." Zu sagen hat jeder etwas. Und so kann Verschiedenheit kommuniziert werden, kann Erlebtes geteilt werden. Ob Menschen mit Down Syndrom, ob Rollstuhlfahrer oder sonstige psyschische Einschränkung, die Gruppe war heterogen, die Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Valentina Zaggia kommt eigentlich aus Padova, gelernt hat sie in der Zelig Filmschule. „Wir haben mit den Menschen sehr nah zusammengearbeitet, insgesamt waren wir 30 Tage vor Ort, in den verschiedensten Einrichtungen, an den unterschiedlichsten Schauplätzen“, erzählt sie und schmunzelt über Erlebtes. "Ja, es war sehr eng, sehr körperlich auch. Wir haben getanzt zusammen, sie haben uns gefilmt, wir sie. Wir sind in ihre Welt eingetaucht."

Was ist die Welt?
Die Grenze verschwimmt, wer ist Teilnehmer und wovon? Und dass es nicht um das Endprodukt geht, welche Szene zuerst kommt, sondern um den Prozess des Miteinander-Filmens, des Miteinanders-Seins, um das Sich-Zutrauen, um das Ausprobieren und das im Mittelpunkt stehen, wird bald klar. "Einem Mann war es beispielsweise ganz wichtig, die Waschmaschine reinzubringen, er kann nicht sprechen. Kommuniziert über Fotos, und er hat viele Fotos von Waschmaschinen.“ Und dann die Teilnehmerin, die einfach immer nur gesagt hat: "Ich kann das nicht!" "Am Ende hat sie gesehen, was sie alles kann", berichtet Zaggia, "und sie war sehr stolz auf sich."

"Die anderen sprechen lassen"
Realisiert wurde vieles, in diesen 30 Filmtagen. Kleine und große Geschichten wurden erzählt, das Sich-Sehen auf dem Bildschirm, das Beobachten der Anderen, Kamera tragen, Mikrofon schleppen, Arbeiten in der Gruppe. "Die Vorarbeiten zu diesem Projekt sind schon vor langer Zeit gestartet", sagt Lorenzo Paccagnella, einer der Gründer der Filmschule Zelig. "Wir haben viel diskutiert mit Fachleuten im sozialen und im medialen Bereich und wir sind der Meinung es ist gut, wenn wir nicht nur über andere sprechen, sondern sie selbst zu Wort kommen lassen." Das Filmen, so möchte es Paccagnella, könnte ein weiteres Instrument für Geschützte Wohnungen werden, um Menschen mehr Kommunikation zu verschaffen. "Wie die Kunst, das Schreiben, die Musik, so könnte auch der Film zu mehr Ausdruck verhelfen", sagt er und hofft auf die Nachhaltigkeit des Projektes.

25 Menschen haben etwas zu sagen. Sie zeigen uns ihre Welt, ihre Sicht der Dinge. Am 21. Mai 2014 landet der Dokumentarfilm "Lo squardo diverso - Der andere Blick" im Filmclub Bozen um 18 Uhr auf der Leinwand. "Die Aufregung ist groß", weiß die Zelig-Mitarbeiterin Zaggia. "Die Leute sind schon so gespannt, sich zu sehen, ihre Eltern und Angehörige einzuladen, zu sehen, wie wir ihre Ausschnitte zusammengestellt haben. Zu sehen, was das Publikum dazu sagt."

Zu dem "Lo squardo diverso - Der andere Blick", der eine Bereicherung für uns alle ist.