Konrad Paul Liessmann: "Günther Anders"
Konrad Paul Liessmann, Professor für Philosophie an der Universität Wien, führt in diesem Buch in dessen Schwerpunkte ein: Das Gefälle zwischen dem naturgemäß nicht perfekten Menschen und der von ihm geschaffenen immer perfekter werdenden Technik, seine scharfsinnigen Anmerkungen zum Fernsehen (Kapitel "Die virtuelle Realität"), die erst im Zeitalter von Reality TV und Fake News in ihrer Brisanz verstanden werden, sein Kampf gegen totalitäre Systeme (Anders musste als ethnischer Jude vor den Nazis fliehen) und gegen die atomare Bedrohung.
Wegen des unvermeidbaren Rückgriffs auf philosophische Begrifflichkeiten kann das Buch abschreckend wirken, aber die Mühe der Auseinandersetzung lohnt sich für all jene, die ihren gedanklichen Horizont erweitern wollen.
Der Autor stand während der letzten zehn Lebensjahre von Anders mit ihm im Kontakt. Das Buch entstand zehn Jahre nach dem Tod von Anders und ist im zweiten, unveränderten Nachdruck erhältlich.
Private Anmerkung: Die "perfekter werdende Technik" kann dennoch nicht auf den fehlbaren Menschen verzichten, denn jedes Bauteil einer Anlage kann versagen oder (wie im Falle von Tschernobyl) aus Gewinnstreben manipuliert werden. Bei der Katastrophe von Fukushima war im Vorfeld nicht bedacht worden, dass der Erhalt der Funktionsfähigkeit kritischer Komponenten (wie der Kühlmittelpumpen) vom bestehenden System unabhängig sein muss (die Stromversorgung für die Pumpen war es nicht, beruhte auf dem Strom aus AKWs, die wegen des Bebens in Sicherheitsabschaltung gehen mussten) und dass angesichts der Lage in einem bebenanfälligen Gebiet mit Zerstörungen durch bebenbedingte Tsunamis gerechnet werden musste.