Politica | Von Gerhard Mumelter aus Rom

Intrigenspiel um Berlusconis Zukunft

Von seinem Rücktritt will Berlusconi nichts wissen. Doch diesmal scheinen nicht alle bereit, ihm auf seinem Egotrip zu folgen.
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Foto: NOI Techpark - Ivo Corrà

Seit dem verhängnisvollen Tag seiner Verurteilung hat Silvio Berlusconi seine Villa in Arcore nicht mehr verlassen. Fast so, als wollte der 77-Jährige die Probe aufs Exempel machen, wie es sich im Hausarrest lebt. In täglichen Sitzungen und Gesprächen mit Anwälten und Vertrauten erörtert der gestrauchelte Cavaliere alle denkbaren Möglichkeiten zur Fortsetzung seiner politischen Laufbahn. Doch die Stimmung scheint von Tag zu Tag pessimistischer. Wie immer will Berlusconi mit dem Kopf durch die Wand. Will die Regierungsmannschaft des PDL zum Rücktritt zwingen, falls der zuständige Senatsausschuss ihm sein Mandat entzieht. Will trotz Napolitanos unmissverständlicher Stellungnahme Neuwahlen erzwingen, bei denen er als Spitzenkandidat auf dem Stimmzettel steht. Von einem Rücktritt will der machtbesessene Populist nichts wissen. Doch diesmal scheinen nicht alle bereit, ihm auf seinem Egotrip zu folgen. In der Ferragosto-Nacht sorgte eine Meldung des Christdemokraten Gianfranco Rotondiauf auf Twitter für nervöse Dementis. Bei einem Abendessen sei "entschieden worden, was längst hätte entschieden werden müssen" - Berlusconis Nachfolge. Fraktionschef Renato Schifani reagierte erzürnt: "Es hat kein Abendessen gegeben - oder ich war nicht dabei." Am Samstag forderte der ehemalige Senatspräsident Marcello Pera Berlusconi zum freiwilligen Rücktritt auf: "Ritirandosi dal comando dovrebbe far nascere un partito vero, con congressi veri, un segretario vero e parlamentari veri." Am Wochenende scherte das Rechtsblatt Libero überraschend aus der Phalanx der Berlusconi-Getreuen aus. Der Publizist Giampaolo Pansa schenkte den Lesern reinen Wein ein: "Esiste una verità che va detta senza reticenze da supporter o ipocrite: Berlusconi non ha più futuro. E come capo politico è finito". Il Giornale reagierte mit einem verärgerten Titel: "Berlusconi - nessun passo indietro."  Das Tauziehen wird freilich noch Wochen dauern. Im Ausschuss, der Berlusconi seinen Senatssitz entziehen kann, ist der PDL klar in der Minderheit. Doch nach Wiederaufnahme der Arbeiten am 9. September könnte die Rechte eine Entscheidung durch Obstruktion bis Ende Oktober verzögern. Bis dahin wird die Partie vor allem hinter den Kulissen gespielt - zur Genugtuung all jener, die Premier Enrico Letta am Sonntag abschätzig als "professionisti del conflitto" qualifizierte.