Cultura | Salto Weekend

Sein oder Nichtsein

Ein Theaterwettbewerb auf Schloß Maretsch in Bozen – exklusiv für Monologe – ist für den 26. September angesetzt. Eine Frage an den Organisator Carlo Emanuele Esposito.
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Foto: Privat

Der Countdown läuft. Am 26. September um 19:00 Uhr heißt es Vorhang auf für die erste Auflage des "Monologos" Theater Contest Bozen. Die Texte können aus dem klassischen sowie modernen Repertoire frei gewählt werden, aber auch selbst verfasst sein. Der Wettbewerb soll Darstellenden, genauso wie dem Publikum, ermöglichen, diese Grundform des Theaters in ihrer einzigartigen Magie zu erleben. Wer kennt sie nicht den paradigmatischen Vers von Shakespeare: "Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage." Diese oder ähnliche Zeilen werden im historischen Innenhof von Schloss Maretsch legendäre wie weniger bekannte Theaterfiguren zum Leben erwecken.

salto.bz: Sie haben den "Monologos"-Wettbewerb ins Leben gerufen. Gesucht werden die besten Monolog-Performer*innen aus dem deutschsprachigen Raum. Können Sie den Zuschnitt des neuen Formats in Form eines Monologs erklären?

Carlo Emanuele Esposito: Also gut, wie sie wünschen, ok, ich improvisiere, sie haben ja eine Karte gekauft, na bitte, ich beginne … (Schauspieler dreht sich nach allen Ecken und Enden und merkt, daß er alleine ist) … ja hören Sie mir überhaupt zu? Hallo ist da wer … das ist mir einer, lässt mich alleine zurück, ganz alleine, hier in diesem Raum, sieht fast aus wie eine Zelle, dunkel ists hier … wie im Wald, nachts … da gehts es einem ja direkt wie Hänsel und Gretel ... vielleicht zeichnet er es auf … mit einem Gerät, wer weiß, gut ich beginne, (ruft) jetzt beginne ich, gut: drei, zwei, eins Kamera läuft, ist es überhaupt eine Kamera, also besser … äh Aufnahme läuft! (Klatscht in die Hände, Licht geht an)
Sie wissen es, Südtirol ist ein Land der Elfenbeinjäger, Perlentaucher, Dokumentenfälscher, U-Bahnpiloten und Politenthusiasten. Kurzum ein Land voller Beschwerdenverweigerer - „Mund auf! Also Keine Beschwerden?“ - „Ja, Herr Doktor, ich bin gesund und es geht mir gut! Lassen sie mich los, ich will keine Inokulation!“ (Wendet sich zu einem imaginierten Publikum) Ich hab jetzt nicht Ejakulation gesagt, sondern Inokulation, Spritze, Impfspritze. 'Schuldigung, nicht persönlich nehmen, wollte niemanden beleid-ig-en-nen-nen. (Wendet sich ab um zu gehen, dann blitzartig wieder zum Publikum)
Wo war ich, ach ja: Alles was Herr und Frau Südtiroler:in anpacken, packt er an, er und sie und, und er und sie oder es, packt es an und beißt sich darin fest - und zwar so  (Schauspieler schneidet ächzend Grimassen) … darum ist dieses Land auch ein Land der Jurist:innen und Zahnärzt:innen,  innen weil die einen sind am Gericht innen und die anderen in den Praxen innen, oder in ihrem Gebiss innen und stochern darin rum, wonach? Ja … nach Gold, nach Ihrem Geld. 
(Nimmt die Hand vor den Mund) Juristen und Zahnärzte, ja, manche sagen dazu auch Schlawiner - aufgrund unzubändigendem und ungebändigtem Drangs und Drängens … zum Fremdgehen, und damit soll nicht deren Vakanz am Arbeitsplatz gemeint sein, dass sie, die Zahnärzte, genau dann, wann man sie am dringendsten braucht und bräuchte auf den Malediven im Urlaub sind, sondern … ja, also wo soll ich anfangen, Fremdgehen: (macht diverse Gebärden) die Biene fliegt einmal da hin und dann auch nicht immer da hin, sondern dort hin (verbiegt, verschnörkelt sich) dort hin zu einer anderen Blüte, zu einer fremden, da wo sie noch nicht war … ich weiß nicht, vielleicht ruft auch die Blüte nach der Biene: „Komm, komm her, schau mich an. Ich bin bereit. Komm Biene zum be… be…“ (ungeduldig) was man halt so macht beim Fremdgehen, ich weiß es nicht, ich war ja nicht dabei, ich bin kein Zahnarzt, und auch kein Jurist in, obwohl Juristinnen gibts, mein Gott. (Sinkt zu Boden, um sprechend wieder aufzustehen) „Laut Artikel Etepetete …“ mein Gott sind die schön und unerreichbar und parfümiert sind sie, diese Juristinnen, dort und da und überall, mein Gott welche Lockstoffe die verwenden, raffiniert, mein Gott da wird ja schon den ... Bienen ganz schummrig oder schwindelig oder wie man dazu sagt, so wird ihnen … und einem, unsereins. 
(Zu sich) Hoffentlich hört keiner zu, oder schaut. Irgendwie peinlich, unüblich, mir wird ganz übel … 
(Verlegen) Aber ich bitte sie liebes, liebstes Publikum bringen Sie mich nicht in Verlegenheit … da haben Sie mich schön reingelegt mit diesem Fremdgehen, was fällt ihnen ein, „so eine Frechheit, ich bin ganz baff.” Verzeihung, da ist mir was reingerutscht, falscher Text, kommt später …  „schließlich geht das den Künstler nichts an.“ Au ...auch später, schon wieder, wie peinlich …


Und ja, Südtirol ist ein Land der Schauspieler und Schauspieler:innen - auf Besuch in Südtirol, ein jeder Schauspieler der die das, was auf sich ihn und ihr hält… kommt nach Südtirol auf Vakanz.
Es kamen Bruno, nein nicht der Bär, Bruno. Nein, ich mein den Bruno Wanz, den kennen Sie, Klaus Maria Hartlauer war auch da mit einer neuen Brille - nein der heißt … Maria Josef, na was … warten Sie, ich weiß es, Moment, wie heißt er gleich nochmal? Jessas Maria und Josef, na wie heißt denn der Klaus. Hab ich grad Klaus gesagt, ja den mein’ ich, den Klaus Maria, den Klaus Maria Hartlauer.
Der auch, der Brandauer, war auch da und hat Kafka gelesen, Kafka, der an Malina schreibt in Meran, das hat er gelesen, der Brandauer mit seiner neuen Brille, der Hartlauer. Nein! Das ist keine Werbung, ich bin nämlich ein armer Schlucker, ich bin nämlich so arm, müssen sie wissen, ja so arm, dass ich mir nicht einmal Geld leisten kann, keinen Groschen, auch den müsst’ ich mir kaufen! Aber jetzt Schluss, finito - jetzt kommt unser Monolog Bandito. Unser Konstantin … mit dem Lockenkopf, Kategorie New Talents … nicht das Talent ist neu, das Potential, ein unentdecktes Potential hat er, ein talentiertes.
(Zwischenrufe und Pfiffe aus dem Publikum, buffone vai via … wir brauchen hier keine, so wie dich, hau ab! Schauspieler erst reglos dann sinkt wimmernd zu Boden)

(Springt auf) Ihr versteht das nicht, begreift das, ich bin Schauspieler, ich muss spielen, ihr versteht das nicht, begreift doch, wenn ich nicht spiele, wenn ich meine Leidenschaft nicht befriedige, dann bin ich bereit ein Verbrechen zu begehen, Gott weiss was ich imstande bin zu tun! Ich muss spielen, begreift das!
(Wieder Zwischenrufe, hau ab, lass endlich die Puppen tanzen. Schauspieler ab. Aus einem Lautsprecher ertönt: „Mesdames et Messieurs, willkommen zum Varieté Monologos! Es ist Punkt 19.00 Uhr, heute am 26. September werden Sie hier auf Schloß Maretsch, neun der besten und parfümiertesten Schauspieler:innen bei ihrer exklusivsten Performance in einer sagenhaften Battle erleben! Sie kommen aus Deutschland, Österreich und Hochetsch, Shakespeare, Schiller, Molière,  Koltès, lauter klingende Namen und unnachahmliche Geister. Für Sie heute die beeindruckendsten Worte, die je ein Mensch sprach, zum Lachen, zum Weinen und zum Erbeben, wahres Leben für Sie live und völlig kostenfrei! Zwei werden siegen, wer, die Jury entscheidet, ich bitte um Ihren tosenden Applaus! And now on the electro sax Rupert Hechtensteiner!“ Der Musiker kommt nicht, dann fällt aus dem Off ein Schuss, Licht aus, Vorhang, Saxophon ertönt)