Politica | Elezioni 22 Wahlen
„Alle drei Sprachgruppen vertreten“
Foto: Renate Prader auf Facebook
Salto.bz: Frau Prader, als deutschmuttersprachliche Kandidatin einer Partei mit historisch mehrheitlich italienischsprachiger Wählerschaft, wie bewerten Sie Ihre Ausgangssituation?
Renate Prader: Ich bin seit 12 Jahren in der Politik und habe festgestellt, dass wir stark auch von gemischtsprachigen, wie auch von deutschsprachigen Südtirolerinnen und Südtirolern gewählt werden, die an eine modernere Partei glauben. Die neuen Mitbürger in Südtirol suchen auch eine Position und da wählen sie nicht ungern eine nationale Partei, welche ihre Interessen mit vertritt. Für mich ist es interessant, mitzuerleben wie immer wieder behauptet wird, dass die Demokratische Partei eine italienische Partei sei, obwohl wir schon einige deutschsprachige Kandidaten haben, die ein Zeichen sein sollen, dass wir für alle Sprachgruppen da sind. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Als ich vor 12 Jahren zum ersten Mal kandidiert habe, für den Brixner Gemeinderat, war es und gelungen deutsch, italienische und ladinische Vertreter im Gemeinderat zu haben. Ich weiß nicht, wem das schon gelungen ist, vielleicht den Grünen? Ich weiß es nicht.
Es geht nicht nur darum auch anderssprachige Kandidaten auf der Liste zu haben, sondern auch darum, gewählt zu sein. Deswegen sehe ich unsere Partei auch als eine, die alle drei Sprachgruppen vertreten kann und will. Das ist uns immer irgendwie vorgeworfen worden, dass wir nicht genug auf unsere Mehrsprachigkeit eingehen. Wahrscheinlich ist das damit verbunden, dass wir eine nationale Partei sind. Wir achten auch darauf, Programm und dieWahlplakate immer zweisprachig zu schreiben und versuchen, auch in deutschsprachigen Medien anwesend zu sein.
Ich habe mich in meiner Frage auf die Wählerschaft bezogen, Sie haben von der Partei gesprochen. Kann man bei der Wählerschaft im deutschsprachigen Bereich noch ausbauen, oder ist dieser Bereich durch die SVP gesättigt?
Ich habe jetzt für den Gemeinderat, den Landtag, Gemeinderat, Landtag, den Senat und wieder für den Senat kandidiert und wir haben meine persönlichen Vorzugsstimmen bei den Landtagswahlen analysiert. Da war zu sehen, dass durch mich als Kandidatin - auch wenn ich dann nicht in den Landtag gewählt wurde - ich viele Stimmen auch aus der Peripherie geholt habe: da zwei, dort zehn, dort zwanzig… auch in den Dörfern. Das zeigt, dass wir auch dort Menschen ansprechen und ein Programm haben, dass auch in der Peripherie ankommt. Deshalb können wir mit Sicherheit sagen, dass wir nicht nur italienischsprachige Wähler haben, sonst hätte ich keine Chance gehabt. Ich war eine stark gewählte Kandidatin, vorwiegend in der Peripherie: 10, 20, 30, 50… In Summe waren das über 1000 Vorzugsstimmen. Das ist nicht wenig.
Manchmal sind wir auch für Personen interessant, die enttäuscht sind von anderen Parteien, als ein gutes Alternativprogramm. Wir sind eine zentrale, gemäßigte Partei, die nicht zu provokant ist, aber trotzdem eine wichtige Rolle in Regierungspositionen auf nationaler, wie auf lokaler Ebene einnimmt. Wir sind vertrauenswürdige politische Partner.
Wenn ich auf die Autobahn in Richtung Bozen auffahre, verliere ich doppelt so viel Zeit, wie wenn ich in den Zug einsteige. Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Zug effektiv und auch pünktlich startet.
Carlo Bettio hat das Wahlprogramm des PD zu drei Punkten zusammengefasst: Erstens die Autonomie als zentraler Wert, zweitens eine sozial gerechte Wirtschaft und drittens eine konsequente Klimapolitik. Laut Bestandsaufnahme der Sustainability Days ist der Verkehr die größte Quelle von Treibhausgasen im Land. Was lässt sich auf Senats-Ebene dagegen machen?
Ich war auch bei einigen Treffen der Sustainability Days und da wurde festgestellt, dass der Südtiroler immer noch sehr stark auf den Individualverkehr zurückgreift und sehr wenig die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt. Es gibt viele Haushalte die nicht nur über ein Auto, sondern auch zwei Autos verfügen. Es hat sich herausgestellt, dass die öffentlichen Verkehrsmittel nicht so attraktiv sind. Mann muss mehr Geld in sie investieren und darauf achten, dass sie funktionieren, dass man sich auf sie verlassen kann. Das geht sonst wirklich aufs Klima. Verkehr ist unser großes Problem, da muss man sicher viel an Ressourcen aufwenden um das hin zu bekommen. Es gilt auch Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit für die Bevölkerung zu machen. Die Südtiroler Bevölkerung muss erkennen, dass der Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel Vorteile bringt - zum einen ökonomisch, aber auch zeitlich: Wenn ich auf die Autobahn in Richtung Bozen auffahre, verliere ich doppelt so viel Zeit, wie wenn ich in den Zug einsteige. Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Zug effektiv und auch pünktlich startet. Wenn man das ausbaut und es schafft die Verbindungen in einem kürzeren Takt einzurichten, dann bin ich mir sicher, dass der Südtiroler die Vorteile erkennen kann.
Welche Themen würden Sie persönlich dem Wahlprogramm der Partei hinzufügen, die Sie in Rom vorantreiben möchten?
Ich glaube ganz wichtig ist das Thema Arbeit. Wir haben einen Fachkräftemangel in Südtirol, abgesehen davon, dass wir uns in einer großen Krise befinden und nicht absehbar ist, wie lange diese anhält. So ist es sicher notwendig, dass jede Familie ausreichend Geld verdient und wir keine Working Poor haben, die es nicht schaffen am Monatsende ihre Rechnungen zu bezahlen. Deshalb ist es wichtig, qualifizierte Arbeitskräfte zu haben die ausreichend bezahlt werden und dass auch unsere Jugend ausreichend bezahlt bekommt. Wir müssen andererseits aber auch Menschen eine gerechte Ausbildung anbieten und jenen, die Arbeit wechseln müssen die Möglichkeit bieten sich umzuorientieren und umzubilden. Dazu gehört auch der Wiedereinstieg der Frauen: Dass so viele nach der Babypause nicht mehr den Anschluss an den Arbeitsmarkt finden ist eine große Problematik. Da haben wir als Demokratische Partei eine Steuererleichterung für das zweite Einkommen im Haushalt vorgesehen. Das ist normalerweise jenes der Frau, denn leider verdient der Mann in der Regel noch immer mehr.
Auf der anderen Seite gilt es zu sehen, dass unsere ausgebildeten Jugendlichen nicht aus Südtirol und Italien flüchten, dass man sie halten kann: Indem man Ausbildungswege schafft, die ihnen gerecht werden, sowohl in Südtirol, wie auch im restlichen Italien. Wenn sie einen europäischen Ausbildungsweg wählen, muss man ihnen die Rückkehr erleichtern.
Welche Möglichkeiten sehen Sie Südtirol für junge Menschen wieder attraktiver zu machen?
Wir haben eine dementsprechende Entlohnung der Jugendlichen im Programm, damit sie einen Arbeitsplatz finden, der ihnen eine gewisse Sicherheit gibt. Sie sollen, wenn Sie eine Eigentumswohnung bauen oder kaufen möchten, die Möglichkeit haben einen Kredit aufzunehmen. Es gilt auch einen Weg zu finden, wie man die Wohnbauförderung für Personen unter 35 Jahren attraktiver gestalten kann. Heute schaffen es viele Jugendliche nicht sich eine Wohnung zu kaufen, geschweige denn zu bauen, da man nicht weiß, wie die Rohstoffpreise ansteigen werden. Da gilt es eine Lösung zu finden.
Es geht wirklich um das tägliche Leben, darum ob man noch gleiche Freiheiten genießen kann oder sich das Leben stark verändern könnte.
Aktuell gehen Schätzungen für die kommende Wahl von 35% Enthaltungen aus. Was kann der Partito Democratico tun um Menschen wieder mehr für Demokratie zu begeistern?
Wir arbeiten daran und uns ist das bewusst. Was für uns dabei ein Kernthema ist, sind die Rechte, welche wir in den letzten Jahren gewonnen haben, für jede und jeden. Können wir uns diese bitte erhalten oder ausbauen? Oder wollen wir zurückgehen in der Geschichte und mit weniger Freiheiten leben? Deswegen gehen wir viel an die Öffentlichkeit und in die sozialen Medien, in Kurzvideos und Kurzbeschreibungen um das Programm den Wählerinnen und Wählern näher zu bringen. Es geht wirklich um das tägliche Leben, darum ob man noch gleiche Freiheiten genießen kann oder sich das Leben stark verändern könnte.
Im Vorfeld des Interviews war es mir nicht möglich ein persönliches Wahlprogramm von Ihnen zu finden. Gibt es eines?
Ich habe kein persönliches Wahlprogramm, da ich mich ganz stark an das nationale anlehne. Die Themen, die im nationalen Programm drinnen stehen, sind ja auch unsere Themen, in Südtirol.
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