Società | Absenzen

Entschuldigt beschuldigt?

Im öffentlichen Dienst sind die Abwesenheiten wegen Krankheit gestiegen. Den entgegengesetzten Trend gibt es im privaten Sektor. "Verdacht auf Schwänzerei besteht."

Die öffentliche Verwaltung des Landes Südtirol und ihr Personal sind in Italien gemeinhin als virtuos bekannt. Im Vergleich zu anderen Regionen und Provinzen gibt es bei uns etwa kaum öffentlich Bedienstete, die ihren Dienst schwänzen. Nur zwölf Entlassung hat es laut Personallandesrätin Waltraud Deeg in den vergangenen vier Jahren insgesamt gegeben. Darunter zwei wegen unentschuldigter Dienstabwesenheit. Ein überschaubares Problem also, jenes der Blaumacher. Anderswo in Italien ist die Lage weit dramatischer. Was Ministerpräsident Matteo Renzi in den letzten Tagen zur Überlegung bewegt hat, die Gesetze dahingehend zu verschärfen, dass Schwänzern im öffentlichen Dienst bereits innerhalb 48 Stunden gekündigt werden können soll. “Keinen Grund zur Verschärfung der Maßnahmen” sieht indes – angesichts der geringen Anzahl an unentschuldigten Absenzen – Landesrätin Deeg. Wie stehen die Dinge nun aber bei den entschuldigten Abwesenheiten der Angestellten im öffentlichen Dienst?

Die CGIA Mestre (Confederazione Generale Italiana dell'Artigianato) hat dieser Tage entsprechende Datensätze dazu veröffentlicht. Aus den Tabellen geht hervor, dass in der Region Trentino-Südtirol 2014 im öffentlichen Sektor insgesamt 93.375 Absenzen aus Krankheitsgründen registriert wurden. Das waren um 3,8 Prozent mehr als noch 2012. Zugleich hat Trentino-Südtirol im Vergleich mit den anderen Regionen aber den zweitniedrigsten prozentuellen Anstieg zu verzeichnen. Nur in Kalabrien war dieser mit 3,7 Prozent minimal geringer. Einen wahren Boom an Abwesenheiten haben hingegen die öffentlichen Verwaltungen des restlichen Süditalien erlebt: Ein Plus von 15,1 Prozent an Krankmeldungen gab es zwischen 2012 und 2014 in Kampanien, in Molise war es ein Zuwachs von +14 Prozent, in den Abruzzen und im Latium +12,9 beziehungsweise +12,4 Prozent.

Vergleicht man die Daten der öffentlich Angestellten mit jenen im Privatsektor, fällt eines sofort ins Auge: Bis auf die Region Apulien sind die Abwesenheiten aus Krankheitsgründen italienweit rückläufig. In Trentino-Südtirol gab es 2014 insgesamt 159.489 krankheitsbedingte Absenzen, was einem Minus von 5,1 Prozent im Vergleich zu 2012 entspricht. Die größten Rückgänge gab es in Sizilien (-8,0 Prozent), den Marken (-8,2 Prozent) sowie in Molise (-10,2 Prozent).

Den in einigen Regionen doch bedeutsame Anstieg an Krankheitsfällen im öffentlichen Dienst – parallel zur gegensätzlichen Entwicklung im privaten Sektor – kommentiert Paolo Zabeo, der die Studienabteilung der CGIA Mestre leitet, folgendermaßen: “Es gibt keinen Beweis dafür, dass sich hinter diesen Zahlen mehr oder weniger versteckte Schwänzerei steckt. Trotzdem: der Verdacht besteht.”