Skrupelloses Spiel mit Illusionen
Martin Außerdorfer, der Leiter der BBT-Beobachtungsstelle, hat kürzlich in einem Interview auf seine Erfolge in Sachen BBT zurückgeblickt und eine sehr (selbst)zufriedene Bilanz seines Einsatzes für eine gute Zukunft gezogen: Der BBT sei auf Schiene, man dürfe sich auf Milch, Honig und goldene Zeiten freuen und von den damaligen Gegnern höre man nichts mehr, nachdem sich alle bewußt geworden seien, wie richtig es war, auf den BBT zu setzen.
Etwas larmoyant und eher ungewohnt für den hemdsärmeligen Macher fällt der Rückblick auf die furchtbar harten Zeiten aus, in denen er und wenige Rechtgläubige sich Horden von hinterwäldlerischen BBT-Gegnern gegenübersahen, die mit kruden Thesen Stimmung machten und - so der nachträglich noch geschockte Landeswohltäter wörtlich - „skrupellos mit den Ängsten gespielt“ hätten.
Wenn man die dramatischen Erzählungen des Profi-Beobachters so verfolgt, wird einem erst bewußt, wie arschknapp Südtirol an der unheilvoll sich abzeichnenden Katastrophe einer BBT-losen Zukunft vorbeigeschlittert ist. Nur einer Handvoll Kämpfer, die er in einem letzten verzweifelten Propagandafeldzug um sich scharen konnte, ist es im allerletzten Moment noch gelungen, das Land an Eisack, Etsch und Rienz einem Rückfall in die Steinzeit zu entreißen.
Es war schon immer so, dass die Sieger ihrer Zeit versucht haben, Mythen zu begründen, die über diese Zeit hinausweisen. Der sieg- und ruhmreiche Direktor Außerdorfer wäre aber gut beraten, etwas Bodenhaftung beizubehalten, denn zusätzlich zum unakzeptablen Ton, den der Lorenzner Oberdemokrat anschlägt, sind einige der Aussagen grob faktenverzerrend und auch die tiefste Verzweiflung seiner dahinschwindenden politischen Heimat kann nicht als Rechtfertigung für die krassen Narrative dienen, die der BBT-Einpeitscher der arglos mitfühlenden salto.bz-Redakteurin ins Mikrophon diktiert hat.
Und nun ein paar Fakten: Wenn man von den BBT-Kritikern in der Öffentlichkeit zurzeit wenig bis nichts hört, heißt dies nicht, dass ihre Argumente alle falsch waren oder sind, sondern nur, dass die Machthabenden Entscheidungen getroffen haben, die eine weitere Debatte überflüssig machen.
Am Anfang steht die Verkehrsplanung – oder sollte dies zumindest: Wie von Professor Knoflacher in einer Studie bestens herausgearbeitet, war der BBT verkehrsplanerisch nicht begründbar und bleibt dies auch. Wer will, kann diese Studie hier nachlesen: https://shorturl.at/wGJ17
Dann kommen wir zur fragwürdigen Haltung der Südtiroler Landesregierung. Diese war von Anfang an und schon über Jahrzehnte an einer ernsthaften Debatte nicht interessiert und hat sich mit Macht, Karacho und viel Steuergeld vor den Projekt-Karren spannen lassen. Die von Direktor Außerdorfer als Gnadenerweis dargestellten „Informations-Veranstaltungen“ waren stets aufwendig inszenierte BBT-Propagandaveranstaltungen, bei denen es immer nur um das vorgeschlagene Projekt ging und über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit, Alternativen oder Systemfragen keine Debatte erfolgte. Kritische Wortmeldungen aus dem Publikum wurden zwar zugelassen, dann aber meist wortreich und manipulativ umgangen. Es wurde auch nie ein fachlicher Austausch mit kritischen ExpertInnen gesucht, sondern stets gebetmühlenhaft die Alternativlosigkeit des BBT-Projektes wiederholt.
Und wenn der Herr Direktor ein paar absurde Zitate aus einer vielstimmigen Debatte herausgreift und seinen Antagonisten vorwirft, „skrupellos mit der Angst gespielt“ zu haben, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, skrupellos mit Steuergeld und illusorischen Erwartungen gespielt zu haben – und weiterzuspielen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Alle Kosten für diese Propaganda-Abende wurden den Steuerzahlenden angelastet und während AktivistInnen aus der Zivilgesellschaft in ihrer Freizeit zu den Pros und Contras des pharaonischen Projektes arbeiteten und Privatpersonen ein zentrales Gutachten von Prof. Knoflacher förderten, kann getrost davon ausgegangen werden, dass der von Außerdorfer als heldenmütig dargestellte Kampf gegen die dumpfdreisten Hinterwäldler von keinem der Protagonisten des Pro-BBT-Jubellagers pro bono und zu Ehren des Vaterlandes oder der zu beglückenden Gemeinschaft bestritten wurde.
Es gäbe hier noch sehr viele Details, die man ausbreiten könnte – was bei Bedarf gerne und jederzeit erfolgen kann. Wichtiger ist es aber, den forschen Nachwuchs-Durnwalder ein wenig in die Schranken zu weisen und vom hohen Roß des rettenden Führers herunterzuholen, bevor die beim Interview zu Tage tretenden Einstellungen und Selbstbeweihräucherungs-Tiraden der Protagonisten des dahinwelkenden Bergblümchens zur Gewohnheit werden und den politischen Alltagsdiskurs prägen.
Succus nach dem Außerdorferschen Siegesgedröhn?
Die schiere Macht hat in Sachen BBT „gewonnen“ und maatscht weiter, wie man auf Tirolerisch sagen würde. Die Baustellen klotzen und fräsen brutale Verwüstungen in das Eisacktal und in absehbarer Zeit in das Unterland. Milliarden und Abermilliarden an Steuergeld verschwinden im Berg, Millionen Tonnen CO2 belasten die Ökobilanz, vor der man sich drückt, um die Maschinerie weiter am Laufen zu halten. Verkehrspolitische Maßnahmen bleiben weiterhin aus, der Kollaps rückt in Reichweite und die immer plausibler werdenden Grenzen unserer Lebens- und Wirtschaftsweisen erhöhen den Stress. „Die Welt“ geht nämlich nicht in 50 Jahren um halb zwölf unter, sondern jetzt schon, jeden Tag ein bisschen.
Alle wissen: Mit kosmetischen Eingriffen und kompensatorischen Maßnahmen ist es nicht mehr getan. Entweder es erfolgt ein tief greifender Systemwechsel oder das Kapitel Menschheit wird in wenigen Generation definitiv abgeschlossen sein und ein weiteres kleines graubraunes Planetchen kreist im ewigen Gefüge.
Vor diesem Hintergrund brüstet sich ein Lobbyist in der Alpenpampa damit, dass es ihm gelungen ist, mit wenigen Aufrechten das Land im Gebirge in eine strahlende Zukunft zu führen, in der man in Minutenschnelle und enormen Energieaufwand zwischen den Metropolen hin und her rasen kann, ein Teil der Güter durch wundertätige Röhren gepumpt wird und in der dem Prinzip des Immer-mehr! mit Immer-mehr!-Strukturen begegnet wird – um immer mehr zu haben? … zu sein? … zu bekommen?
Ja, wozu eigentlich?
Damit weiterhin jeder Apfelbauer auf der Welt mit jedem anderen Apfelbauern in der Welt in Konkurrenz steht und letztendlich für die Konzerne arbeitet? Damit weiterhin das Joghurt am billigsten ist, das am meisten Kilometer intus hat? Damit weiterhin die Baumgartners und Kollegen mit Dumpingkonditionen für die von ihnen an der Leine gehaltenen Arbeitssklaven immer höhere Gewinne machen? Damit weiterhin Dinge, die wir nicht brauchen, in Mengen, die alles zerstören über die Weltmeere hin- und hergeschippert werden können und wir die Emissionen, die unsere Lebens- und Wirtschaftweise erzeugt, in die wirtschaftlichen und sozialen Hinterhöfe des Planeten verlagern können, um uns mit Nachhaltigkeitsdiplomen für unsere Schrumpfproduktion gegenseitig lobhudelnd auf die Schulter zu klopfen?
Außerdorfer weiß das ganz genau. Aber er drischt lieber auf nachdenkliche, besorgte und vorausschauende ZeitgenossInnen ein, um Vollzug zu melden, als eifriger Diener eines Systems, das uns nachweislich an den Rand der Zerstörung gebracht hat.
Bravo, Daggl!
Hut ab, Herr Lobis,
Hut ab, Herr Lobis,
und danke für diese Stellungnahme.
Die Machtdemonstration der Entscheidungsträger im Fall des BBT ist beispielhaft für das in sich verstrickte System, in dem sich Politik, Finanzwelt, Wirtschaft und Wissenschaft gegenseitig die Westen rein waschen. Und täglich grüssen die "Sustainability days"....
Tja irgendwann wird die
Tja irgendwann wird die Menschheit merken das die Bananen weder auf Luxusyachten noch auf Kreuzfahrschiffen wachsen, das vegane Gucci Täschchen nicht essbar ist und das CO2 Bäumchenzertifikat schon tausendfach überzeichnet ist.
In risposta a Tja irgendwann wird die di Stefan S
Ja und natürlich ganz wichtig
Ja und natürlich ganz wichtig um in Wahlkampfzeiten von den wirklich essenziellen Themen abzulenken
https://www.salto.bz/de/article/20062023/pusterer-gegen-wolf-baer
Keiner will die Weichen
Keiner will die Weichen setzen, volle Kraft voraus. Die Revolution von unten steht der Macht der etablierten Elite gegenüber und die Trägheit des Systems scheint größer zu sein als ein beladener Öltanker in voller Fahrt.
eben, das allerbeste, man
eben, das allerbeste, man sollte dies auch nicht vergessen, ist - die NATO macht es direkt ober deutschland, damit die reine luft nur mehr von oben herunter zu fallen brauch- somit geht alles etwas schneller voran.
aber den Letzten, den beißen
aber den Letzten, den beißen die Hunde.....
In risposta a aber den Letzten, den beißen di Albert Mairhofer
Nicht dem letzten, den
Nicht dem letzten, den ärmsten!
In risposta a Nicht dem letzten, den di Manfred Gasser
Der Ober-Jubel-Knecht
Der Ober-Jubel-Knecht Außerdorfer und seine Auftrag-Geber werden sich fragen lassen müssen, "ob angesichts der zunehmend bedrohenden KLIMA-KRISE, wirklich alle Löcher notwendig + Sinn-voll waren, die in den Berg gebaggert, gefräst und geschprengt wurden + ob die möglichen hohen Geschwindigkeiten,angesichts der Energie-, Verschleiß- + Risiko-Kosten, in der Zukunft noch vertretbar sind."
Bei Fahrten in End-los langen Tunell-Rohren beschleicht die meisten Reisenden ein ungutes Gefühl + schließlich können die wenigsten davon, die gesparten Minuten als Zahnärzte oder CEOs verwerten.
ALREIDERs + KOMPATSCERs-b a b
ALREIDERs + KOMPATSCERs-b a b i l o n i s c h e INVESTITIONEN für ein paar Tage OLYMPIA 2026, wird den beiden Strategen noch gründliche in die Hose gehen.
In risposta a ALREIDERs + KOMPATSCERs-b a b di Josef Fulterer
Herr Fulterer Ihr GESCHREI
Herr Fulterer Ihr GESCHREI IST UNERTRÄGLICH
Auch ich habe seinerzeit zu
Auch ich habe seinerzeit zu den Gegnern des BBT gehört und bin ein Kritiker geblieben. Ich halte das Projekt zwar grundsätzlich für sinnvoll und technisch für interessant, aber ich war immer der Meinung, dass man mit so einem Bau nicht beginnen kann, bevor die verkehrspolitischen Weichen gestellt sind. In der Schweiz hat das Wahlvolk dem Bau des Gotthard-Basistunnels mehrheitlich zugestimmt, weil gleichzeitig ein Verkehrskonzept mit Erhöhung der Schwerverkehrsabgabe beschlossen wurde. Somit bringt der Tunnel eine echte Entlastung. Bei uns wurde mit dem Bau des BBT ins Blaue hinein, ohne Verkehrskonzept, begonnen mit der Versicherung, "wenn der BBT fertig ist, dann werden wird das schon irgendwie regeln". Angesichts der laufenden Verzögerungen beim Bau hätte man ja immer noch genügend Zeit, das "irgendwie" zu regeln, aber man will ja gar nicht.
Sehr gelungene Replik. Hart
Sehr gelungene Replik. Hart und witzig zugleich. Das können nur die 1A Autoren wie Markus Lobis.
An anderer Stelle, beim
An anderer Stelle, beim autogerechten Umbau Merans, Nord-West-Tunnelung mit Kavernengarage auf sechs Ebenen unter dem Tappeinerweg mit Weltkulturerbeanwärter-Status, war es nicht anders. Außer. In Meran hatten wir Grüne/Liste Rösch.
Ich kann Markus Lobis aber nur beipflichten. Es muss anders werden. Es gilt der Natur und den künftigen Generationen Rechte zuzugestehen. Weltweit werden von Parlamenten, Regierungen und Gerichten der Natur bereits eigene Rechte verliehen.