„Die wahre Herausforderung steht noch bevor“
Unversöhnliche Parolen als Auftakt der großen Eröffnungszeremonie des Dokumentationsarchivs unter dem Bozner Siegesdenkmal. „Verpiss dich Faschismus“, „Weg mit dem Dreck“, „Nicht die Wahrheit, sondern die Lüge gehört in den Keller“. So bescheiden das Grüppchen aus Vertretern des Heimatbunds und Südtiroler Freiheit, das am Sonntag Abend am Bozner Siegesplatz gegen die „Verherrlichung des Faschismus“ protestiert, so entschieden seine Botschaft. „Ein verstecktes Museum im Keller ändert nichts daran, dass die Bozner Tag für Tag eine römische Siegesgöttin vor sich haben, die mit dem Pfeil in Richtung Österreich zielt“, meint Heimatbund-Obmann Roland Lang. Mitstreiterin Eva Klotz hat sich zwar schon am Sonntag Abend in Richtung Korsika verabschiedet; noch vor dem Urlaub verschickte sie nicht minder deutliche Ansagen: Ein „Affront gegenüber echten Antifaschisten und Demokraten“ die bevorstehende Eröffnungszeremonie, eine „regelrechte Huldigung, wenn die Eröffnungsteilnehmer, die auf diese Weise vollends beibehaltene, sogar mit Unsummen renovierte Symbolik des Faschismus feiern“.
Abwesende VIPs und Mini-VIPS
Zumindest Teile des Bozner Gemeinderats werden sich dafür am Montag allerdings nach dem Ärger über ihre Herabstufung zu Mini-VIPS ohnehin nicht hergeben. Mit bei der Partie der Abwendenden selbst Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser. Klarerweise nicht wegen der „eklatanten Protokollfehler“, die seine Parteikollegin Sylvia Hofer im Ausschluss des Gemeinderats vom Eröffnungsakt mit Minister Kulturminister Dario Franceschini sieht. Denn: „Ich glaube nicht, dass es sich dabei um ein schwerwiegendes Problem handelt“, wie Ladinser im der Sonntags-Ausgabe des Corriere dell’Alto Adige weiteres Öl ins Feuer gießt.
Seine eigene Abwesenheit begründet der Vize-Bürgermeister dagegen im Alto Adige mit einer Terminkollision infolge der wiederholten Verschiebung der Eröffnung. Ob hinter seinem leereren Platz nicht doch auch eine Botschaft steckt? Für Polemik sorgen will er damit keineswegs, versichert Ladinser. Anlass sich selbst zu feiern, sieht er jedoch ebenso wenig. So richtig und wichtig die nunmehrige Eröffnung auch sein mag – die wahren politischen Herausforderungen stehen nun noch bevor, erklärt er in der italienischen Tageszeitung. Denn: „Die Italiener interessieren sich nicht für die Südtiroler Geschichte, die Deutschen verfolgen die viel zu akademischen Diskussionen mit Misstrauen.“ So „politisch korrekt“ eine Elite wie die eingebunden Historiker das Thema nun auch angegangen sein mag: Das Bauchgefühl beim Volk gehe auf deutschsprachiger Seite nicht nur bei den Schützen in eine andere Richtung, sagt Bozens Vize-Bürgermeister. „Io sento ancora molto perplessità nel mondo che frequento“.
Breiter Reflexionsprozess
Wie also kann endlich Frieden einziehen auf dem Bozner Siegesplatz? Die Diskussion auf möglichst vielen Ebenen fördern, auch Meinungen all jener akzeptieren, die nicht so denken wie wir, niemanden im Reflexionsprozess ausschließen, der nun auf die Eröffnung folgen muss, lauten Klaus Ladinsers Antworten. Zu schön, um wahr zu werden? Der bisherige holprige Weg mag dahin deuten. Doch die Hoffnung auf die Kraft der Öffnung steht – auch wenn es vorerst nur jene einer Krypta ist.