Autonomie: SVP markiert ihr Terrain
Wenn die Konkurrenz die politische Bühne in Vorwahlzeiten mit Schlagworten wie Selbstbestimmung und Freistaat belegt, gilt es, die eigene Position noch einmal klar abzugrenzen. In diesem Sinne ist die heutige Pressekonferenz zu verstehen, in dem Spitzenvertreter der Südtiroler Volkspartei ihr Autonomiekonzept vorstellten. Denn die einzige Neuigkeit, die SVP-Obmann Richard Theiner, Vizeobfrau Martha Stocker, Spitzenkandidat Arno Kompatscher sowie Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann am heutigen Dienstag präsentierten, war die am Montag von der Parteileitung eingesetzte Arbeitsgruppe „Zukunft der Autonomie“. Sie soll nun in den kommenden Monaten die Inhalte des Konzeptes der Vollautonomie konkretisieren, mit dem die SVP im Anschluss in einem Autonomie-Konvent mit anderen politischen und gesellschaftlichen Kräften an die Überarbeitung des Statutes gehen will. Denn, wie Theiner ausdrücklich betonte: Das große Unternehmen könne nur gelingen, wenn die italienische Sprachgruppe mit ins Boot geholt werde.
Die aus wahltaktischen Gründen noch wichtigere Botschaft der Parteispitze war heute jedoch die Abgrenzung von „Träumen und Utopien ohne jede völkerrechtliche Grundlage, mit denen die Oppositionsparteien auf Stimmenfang gehen“, wie es Spitzenkandidat Arno Kompatscher formulierte. Den gediegenen Rahmen dazu lieferte Gastgeber und EU-Experte Gabriel Toggenburg, der für die Pressekonferenz den Garten des Bozner Palais Toggenburg öffnete. Warum die Weiterentwicklung der Südtiroler Autonomie in Richtung einer weitgehenden Selbstverwaltung notwendig ist, brachten dort Parteiobmann Theiner und Wirtschaftslandesrat Widmann auf den Punkt. Ob Verringerung der Steuerbelastung, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder mehr soziale Gerechtigkeit – all das könne nur erreicht werden, wenn Südtirol vor allem in der Steuerverwaltung mehr Eigenständigkeit gegenüber Rom erhalte.
Als praktisches Beispiel brachte Landesrat Widmann die Lohnnebenkosten ins Spiel: „Während bei uns eine Arbeitskraft das Unternehmen mehr als 3000 Euro kostet, wenn sie nur 1000 Euro erhält, stehen dem in Österreich oder Deutschland Kosten von rund 2200 Euro für Nettoeinkommen von 1200 bis 1300 Euro gegenüber“, meinte er. Laut Martha Stocker steht der Ansatz einer Vollautonomie aber auch ganz und gar in Übereinstimmung mit der Entwicklung eines Europas der Regionen. Um die Zukunftsfähigkeit der EU zu sichern, müssten die Nationalstaaten einerseits Kompetenzen an Brüssel und andererseits an die Regionen abgeben. „Nur so kann sich die EU zu einer ‚Heimat der Heimaten’ entwickeln, von der schon Vaclav Havel gesprochen hat“, so Stocker. Den einfachsten Grund für die Übernahme von weiteren Zuständigkeiten lieferte Parteiobmann Theiner: „Südtirol hat bisher bewiesen, dass jede Kompetenz im Land besser verwaltet wird als auf stattlicher Ebene.“
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Langfristiges Ziel: Steuerhoheit
Die ersten Schritte auf einem „nicht einfachen, aber machbaren Weg“ in Richtung Vollautonomie sind nun laut Arno Kompatscher die Erlangung der vollen Kompetenz für Lokalsteuern wie IMU oder Tares sowie die eigenständige Einhebung aller Steuern, für die bereits Verhandlungen im Laufen seien. Ein langfristigeres Ziel, das weit komplizierter zu erreichen sein wird, sei dagegen die Erlangung von Kompetenzen zur eigenständigen Festlegung aller Steuern. „Aus all den Gesprächen, die ich in den vergangenen Monaten auf nationaler und internationaler Ebene geführt habe, ist klar hervorgegangenen, dass der Weg den wir vor uns haben, nicht leicht sein wird“, meinte der Landeshauptmann-Kandidat. Um noch einmal auf die wichtigste Message des Tages zurückzukommen: „Wir verkaufen keine einfachen Rezepte, das überlassen wir anderen.“
LH-Kandidat
Eine Frage: seit wann ist Kompatscher Landeshauptmann-Kandidat?!?!! Kann man auf ein mal einen LH direkt wählen?