Politica | Doppelpass

Ein Totgesagter kehrt zurück

Doppelpass: Der Nationalrat in Wien sagt Ja zu bilateralen Gesprächen mit Italien und Südtirol. SVP-Altmandatare, Freiheitliche und Südtiroler Freiheit machen Druck.
Passaporto
Foto: AANC

“Basta Doppelpass”, jubilierte Alessandro Urzì im Juli. In einer Antwort auf eine Parlamentsanfrage hatte das Außenministerium die “entschlossene Missbiligung Italiens” zum Ausdruck gebracht. Urzì sah das Vorhaben Österreichs, deutschen und ladinischen Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft zuzugestehen, begraben. Gut zwei Monate später feiert der Doppelpass seine Wiederauferstehung.

 

Gespräche und Gesetzesvorschlag

 

Am späten Donnerstag Abend hat der Nationalrat in Wien in seiner letzten Sitzung dieser Legislaturperiode – am 29. September finden in Österreich Parlamentswahlen statt – einen Entschließungsantrag zum Doppelpass für Südtiroler angenommen. Konkret werden das österreichische Innen- und Außenministerium aufgefordert, “zeitnah” das Gespräch mit den jeweiligen Ministern in Rom zu suchen. Auch Südtirol soll in die bilateralen Gespräche eingebunden werden. “Nach diesen Gesprächen wird der Bundesminister für Inneres aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag für eine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler vorzulegen”, heißt es in dem Antrag, der von FPÖ und ÖVP eingereicht und mehrheitlich angenommen wurde.

Bindend ist der Entschließungsantrag nicht. Er ist vielmehr eine politische Verpflichtung – ähnlich den Beschlussanträgen im Landtag – für die nächste österreichische Regierung. Auch in Italien hat sich die politische Lage inzwischen geändert. Im Kabinett Conte I waren noch Matteo Salvini und Enzo Moavero Milanesi als Innen- und Außenminister für die Doppelpass-Frage zuständig gewesen. Nun sitzen in den beiden Ministerien mit Luciana Lamorgese und Luigi Di Maio zwei Politiker, die sich kaum deutlicher von ihren Vorgängern unterscheiden könnten.

 

Wie eng mit wem weiter?

 

SVP-Obmann Philipp Achammer sieht in dem Entschließungsantrag das Vorgehen bestätigt, das die Parteispitze – allen voran Landeshauptmann Arno Kompatscher – immer wieder betont hatten: Das Vorhaben könne nur “in enger Abstimmung miteinander” umgesetzt werden. “Wir sollten nicht glauben, dass es den Doppelpass von heute auf morgen auf Bestellung gibt”, so Achammer in den Dolomiten.

Andere in der SVP finden deutlichere Worte. Nach der Abstimmung in Wien spricht Bruno Hosp, Vorsitzender des Clubs der SVP-Altmandatare, von einem “bedeutenden europäischen Zeichen des österreichischen Vaterlandes”. Zugleich verweist Hosp darauf, dass Österreich sehr wohl auch im Alleingang handeln könnte: Auch wenn Gespräche mit Italien “sinnvoll” seien, bleibe die Staatsbürgerschaftsregelung “für jeden Staat ein souveräner Akt”, so Hosp. Italien habe kein juristisches Mitspracherecht, “ebenso kann ihm kein politisches Vetorecht eingeräumt werden”. Hosp sichert zu, dass die SVP “im Sinne ihrer volkstumspolitischen Zielsetzung gegenüber dem Vaterland Österreich erneut ihren deutlichen Willen bekunden” werde.

“Dieses Signal aus Wien in Südtirol und gegenüber Rom zu verstärken”, fordert Andreas Leiter Reber in erster Linie von Arno Kompatscher. “Ich erwarte mir nun bei den notwendigen bilateralen Gesprächen eine aktive Unterstützung und einen konsequenten Auftritt von Landeshauptmann Kompatscher und der SVP”, schreibt der Parteiobmann der Freiheitlichen am Freitag Morgen in einer Aussendung. Für Sven Knoll von der Südtiroler Freiheit gilt es nach dem Ok aus Wien “jetzt gemeinsam und über alle Parteigrenzen hinweg für eine rasche Umsetzung zu sorgen”.

Freiheitliche und Südtiroler Freiheit zeigen sich überaus erfreut. “Danke Österreich!”, heißt es von Andreas Leiter Reber, während Sven Knoll 1919 bemüht: Fast auf den Tag genau 100 Jahre nachdem in St. Germain die Teilung Tirols besiegelt wurde, die für die Südtiroler zum unfreiwilligen Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft geführt habe, “hat der Nationalrat ein schönes Signal nach Südtirol gesandt, nämlich, dass man die Südtiroler noch immer als Teil der eigenen österreichischen Bevölkerung anerkennt und ihnen daher die Staatsbürgerschaft gewähren möchte.” Für Knoll “eine zutiefst europäische Geste Österreichs, mit der im Sinne eines grenzenlosen Europas Staatsgrenzen überwunden werden”.