Arbeitsgemeinschaften
Ein Hintergrund, bestehend aus langen, mit Stoffmustern bedruckten Baumwollbahnen. Man konnte sie bis vor kurzem erspähen, wenn man von der Bozner Museumstraße 29 aus in die Galerie ar/ge Kunst blickte. Anhand der leuchtend roten Stoffarbeit zeigte die Schweizer Künstlerin Romy Rüegger Produktionsverfahren und Muster der frühen Textilindustrie auf – Zeugen einer „stillen Form“ des Kolonialismus. Rüegger war vor wenigen Tagen auch zum Abschluss ihrer Ausstellung zugegen. Sie performte, erzählte zu ihrem künstlerischen Schaffenswerk und erwähnte dabei auch ein Gemeinschaftsprojekt: „Die Autonome Schule Zürich ist ein Projekt gegen Rassismus und Ungerechtigkeit. Sie ist ein selbstverwalteter Treffpunkt, wo man andere Menschen kennen lernen kann. Ich arbeitete 2015 – ebenfalls in Zürich – mit anderen Künstlern in einem Atelierhaus. Als die Autonome Schule dann in diesem Zeitraum ihre Räumlichkeiten aufgeben musste, kam sie für eine kurze Zeit in dieses Haus. Und so entstand gemeinsamer Unterricht.“
Im Gespräch mit salto.bz hob Rüegger ihr Interesse für Themen hervor, bei welchen sie die „Geschichte und Gegenwart neu lesen“ könne, um dann über Kunst und mit ästhetischen Mitteln etwas Neues daraus entstehen zu lassen, sowie gleichzeitig die „ästhetischen Mittel selbst zu hinterfragen“. Im Zuge der Recherchen zu kolonialen Verstrickungen beschäftigte sie sich auch mit Wasserstraßen und der Gotthardbahnlinie ins Tessin: „Ich sah da ein Verhältnis über Infrastrukturprojekte, die man in den Kolonien entwickelt hat um große Ländereien zu erschließen“ erläuterte sie und zog den Bogen in die Gegenwart: „Während der Flüchtlingskrise versuchten über das Tessin viele mit dem Zug in den Norden zu kommen. Ich habe das selbst oft beobachten können.“
Ich finde die Geschichte der ar/ge Kunst sehr interessant, weil das aus einem Gemeinschaftsprojekt heraus entstanden ist.
[Romy Rüegger]
Am Donnerstag 21. November wird ab 19 Uhr die nächste Ausstellung in den Galerieräumen eröffnet. Geladen ist der in Trient geborene und in London lebende Architekt und Wissenschaftler Lorenzo Pezzani. Der Dozent für Forensische Architektur arbeitet seit 2011 an einem Gemeinschaftsprojekt, das militarisierte Grenzregimes im Mittelmeer kritisch untersucht. Pezzani ist Mitbegründer der Plattform WatchTheMed. Gemeinsam mit verschiedenen NGOs, Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Aktivist*innengruppen hat er Karten, Videos, Installationen und Menschenrechtsberichte erstellt, die die Todesfälle von Migrant*innen auf See dokumentieren. Seine Arbeiten wurden als Beweismittel vor Gericht verwendet, in verschiedenen Presseorganen und akademischen Fachzeitschriften veröffentlicht sowie international ausgestellt und vorgeführt. Pezzani hat als Künstler-in-Residenz der ar/ge Kunst ein Jahr lang den Begriff des „feindlichen Umfeldes“ erforscht und präsentiert in der Ausstellung seine Resultate.
Die Ausstellung „Hostile Environment”(s) von Lorenzo Pezzani, wie auch Echoing Movements To Come von Romy Rüegger, wurden von Emanuele Guidi kuratiert.