Politica | Geschlossener Hof
Brief aus Abtei
Schon im dritten Absatz des Briefes kommt die Schreiberin zum Kern der Sache. Dort heißt es: „Am 3. Januar 2017 läuft die Frist dafür ab. Danach ist der Einspruch automatisch abgelehnt, was eine Watschn für die drei Bauern bedeuten würde, zumal die Sonderkommission für Urbanistik sich mit 5 zu 1 Stimme im Sinne der Rekurssteller ausgesprochen hat.“
Der Brief ging in den vergangenen Tagen an den Landeshauptmann, die gesamte Landesregierung und an die Spitze des Südtiroler Bauernbundes. Absender ist nicht irgend eine oppositionelle Umweltschützerin, sondern das Schreiben kommt direkt aus dem Herzen der SVP.
Marina Crazzolara sitzt für die SVP im Gemeinderat von Abtei, sie ist seit zwei Jahren die Ladinische Stellvertreterin der SVP-Landesfrauenchefin Renate Gebhard und sitzt unter anderem im SVP-Parteiausschuss. Zudem ist Crazzolara Obfrau des Gebietes Gadertal des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) und sitzt auch im HGV-Landesvorstand. Außerdem ist sie Mitglied des Marketingbeirates der IDM.
Die engagierte Gadertaler Zimmervermieterin und ihr Schreiben könnten nicht nur den weihnachtlichen Frieden innerhalb der SVP nachhaltig stören, sondern auch die Landesregierung in arge Verlegenheit bringen.
Der Luxusbauer
Anlass des Briefes ist eine Geschichte, die salto.bz vor vier Wochen enthüllt hat.
Es geht dabei um eine fragwürdige Errichtung einer neuen Hofstelle durch den Seniorchefs des 5-Sterne-Hotels „Rosa Alpina“ Paolo Pizzinini.
Die Gemeinde Abtei hat Pizzinini im Mai 2016 eine Baugenehmigung erteilt, um eine neue Hofstelle für seinen geschlossenen Hof „Gasthaus zur Alpenrose“ zu errichten. Dabei hatte der Gadertaler Hotelier in den vergangenen fünf Jahrzehnten bereits die gesamte Wohnkubatur des Hofes zu Wohnungen und Hotelanlagen verbaut.
Jetzt – so argumentiert die Gemeinde – habe der geschlossene Hof keine Hofstelle mehr und deshalb wird Pizzinini erlaubt, ein neues Wohnhaus und ein neues Wirtschaftsgebäude zu bauen. Zudem kann er das „Aparthotel Rosa Alpina“, das ursprüngliche Wohngebäude des geschlossenen Hofes, aussiedeln. All das obwohl unbestritten ist, dass die landwirtschaftliche Tätigkeit auf Pizzininis Hof bereits Ende der 1960er Jahre aufgeben wurde.
Marina Crazzolara ist eine Nachbarin von Paolo Pizzinini. Ihr Mann Luca Crazzolara hat zusammen mit zwei weiteren Bauern, Christian Crazzolara und Vito Agreiter, sowohl beim Verwaltungsgericht wie auch bei der Landesregierung gegen den Hofneubau Rekurs eingereicht.
Am 25. November hat die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung diesen Rekurs mit 5 zu einer Stimme angenommen. Die zwei Hauptgründe für die Entscheidung waren, die Tatsache, dass die Wohnkubatur eines geschlossenen Hofes nicht zweimal verbaut werden kann und Hotelier Paolo Pizzinini eindeutig kein Bauer ist.
Der Verfall
Diese Gutachten der Kommission hat aber nur beratende Wirkung. Das letzte Wort hat die Landesregierung. Sie muss den Rekurs innerhalb eines halben Jahres behandeln. Ansonsten gilt die Eingabe trotz negativem Gutachten automatisch als abgelehnt. Die drei Kassianer Bauern haben den Rekurs am 4. Juli eingereicht. Das heißt mit 3. Jänner 2017 ist diese Halb-Jahres-Frist um.
Das ist auch der direkte Anlass für das Schreiben von Marina Crazzolara an die Landesregierung. „Die Behandlung des Rekurses durch die Landesregierung steht zum Zeitpunkt dieses Schreibens noch aus. Daher ersuche ich, dass der Rekurs noch vor Ablauf der Frist auf die Tagesordnung der Landesregierung gesetzt und behandelt wird“, appelliert die Gadertaler SVP-Frau.
Crazzolara, die auch in der Abteier Baukommission sitzt, gibt im Schreiben auch einen kurzen Einblick in die Abteier Gemeindepolitik:
„Die Baugenehmigung wurde vom Bürgermeister von Abtei im Mai 2016 ausgestellt - trotz der schriftlichen Anfrage (interrogazione), die ich im September 2015 dazu eingereicht hatte. Mein Anlass dafür war die Aussage des Bürgermeisters im Gemeinderat zu einer gesetzlichen Bestimmung des Höfegesetzes, die so nicht stimmte. Dafür, dass ich mir erlaubt hatte, den Bürgermeister im Gemeinderat zu widersprechen, hätte ich mich öffentlich entschuldigen müssen.“
Ein Präzedenzfall
Marina Crazzolara verweist in ihrem Schreiben vor allem auf die Signalwirkung, die diese Hoferschließung auf ganz Südtirol haben könnte:
„Geschlossene Höfe in Hotelbetrieben sind keine Seltenheit und sind auch dem Südtiroler Bauernbund bekannt. Sollten die Bauarbeiten am neu zu errichtenden Hof im Januar 2017 weitergehen, so wird ein Präzedenzfall damit geschaffen und Tür und Tor für neue zusätzliche Hofstellen in ganz Südtirol geöffnet.“
Nach Auffassung der SVP-Frauenexponentin wäre eine Nichtbehandlung des Rekurses und damit eine Ablehnung durch die Landesregierung, „dem ganzen Bauernstand, schwer zu vermitteln.“
Marina Crazzolara:
„Trifft dem zu, wird es wohl unvermeidlich und vorhersehbar sein, dass dies über die Presse weite Kreise ziehen wird. Dies möchte ich aber als politisch engagierte Funktionärin in der SVP vermeiden.“
Taktik Abwarten
Der letzte möglicher Termin an dem die Landesregierung über den Rekurs entscheiden kann, ist damit der 27. Dezember. Doch dazu dürfte es nicht kommen. Nach Informationen von salto.bz wird die Landesregierung den Gadertaler Rekurs nicht fristgerecht behandeln. Man will zuerst den Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht abwarten.
Damit reicht die Politik die heiße Kartoffel an das Gericht weiter.
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vetternwirtschaft wie eh und
vetternwirtschaft wie eh und je. und immer sind es frauen, die sich trauen, offen dagegen aufzutreten. bravo frau Crazzolara!