Politica | Pflegekräfte

Amhofs Farce

ASGB-Chef Tony Tschenett greift nach der Ablehnung eines Beschlussantrages zur Lösung des Pflegemangels die SVP an und spricht von unwürdigem, politischen Taktieren.
Pflege
Foto: Mat Napo/Unsplash
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Wille zur Aufwertung der Pflegekräfte seitens der Regierungsparteien gar nicht vorhanden ist und fordere die politische Mehrheit auf, dieses politische Taktieren sein zu lassen und sich darauf zu besinnen, wem sie eigentlich verpflichtet ist“, zeigt sich der ASGB-Vorsitzende Tony Tschenett sichtlich verärgert.
Es ist ein Frontalangriff, der nicht etwa von einer oppositionellen Splittergruppe kommt, sondern von einer der größten Südtiroler Gewerkschaften, deren Geburtswiege eigentlich in der Arbeitnehmer-Bewegung der SVP liegt. Der ASGB ist traditionell SVP nahe. Deutlich machten das auch die erfolgreichen Kandidaturen von ASGB-Spitzenfunktionären Hans Widmann oder Georg Pardeller auf der SVP-Liste.
In den vergangenen Jahren ist aber die Kluft zwischen dem ASGB und der SVP deutlich größer geworden. Das liegt vor allem an Tony Tschenett. Der ASGB-Vorsitzende legt Wert auf politische Äquidistanz.
In diese Haltung passt dann auch die Tatsache, dass Tschenett nicht nur die Regierungsmehrheit und die SVP kritisiert, sondern schwere Geschütze ausgerechnet gegen die Arbeitnehmer-Vertreterin Magdalena Amhof auffährt.
 

Der Beschlussantrag  

 
Der Pflegemangel in den Seniorenheimen, in den Sozialdiensten und in den Krankenhäusern ist seit langem ein akutes Problem. Durch die Corona-Krise hat sich die Situation inzwischen dramatisch zugespitzt. Vor diesem Hintergrund hat der ASGB einen Beschlussantrag ausgearbeitet, der zur Lösung dieses Pflegenotstandes beitragen sollte.
 
 
 
Der Beschlussantrag wurde von der Team-K-Abgeordneten Maria Elisabeth Rieder anlässlich der Haushaltsdebatte im Landtag als Tagesordnungsantrag eingebracht. Mitgetragen und mitunterzeichnet von der gesamten Opposition, also von 15 Landtagsabgeordneten.
Der zentrale Punkt des Antrages: Die Landesregierung sollte verpflichtet werden, über den Landeshaushalt 2022 mindestens 30 Millionen für Bedienstete in den Seniorenheimen und den Sozialdiensten und das nichtärztliche sanitäre Personal im Südtiroler Sanitätsbetrieb, sowie für PflegehelferInnen zu beschließen, um genannten Berufsbildern eine monatliche spürbare Zulage zukommen zu lassen.
Ebenso sollte die Landesregierung in Rom dahingehend zu intervenieren, dass die Regierung ihre Pläne offenlegt, wie zukünftig angedacht wird, im Pflegebereich die Green-Pass-Regeln zu handhaben und ob Alten- und KrankenpflegerInnen 2022 auch mit Tests zur Arbeit erscheinen können.
Doch die SVP sprach sich im Landtag gegen diesen Vorschlag aus. Landeshauptmann Arno Kompatscher argumentierte mit angeblichen Lücken im Antrag, der eine Erhöhung nur für 2022 bringen würde, für die nächsten Jahre aber nicht mehr. Der Antrag wurde deshalb am vergangenen Freitag mit 15 Ja- und 18-Neinstimmen abgelehnt.
 

Amhofs Gegenvorschlag

 
Tony Tschenett kann diese Vorgangsweise nicht nachvollziehen. „Wir haben mehrmals auf die Notwendigkeit hingewiesen, konkrete Schritte normativer und ökonomischer Natur zu setzen, um den Bereich Pflege aufzuwerten“, sagt der AGSB-Vorsitzende: Und weiter: „Die Regierungsparteien scheinen in diesem Zusammenhang vor allem darauf bedacht, wohlwollend Beifall für die Leistung des Personals zu klatschen, aber nicht darauf, die Weichen für eine abgesicherte Zukunft in diesem Bereich zu setzen. Anders kann ich mir das Abstimmungsverhalten jedenfalls nicht erklären“.
Denn in Wirklichkeit geht es darum, der Opposition keinen politischen Erfolg im Landtag zu gönnen. Exemplarisch zum Vorschein kommt das durch einen Gegenentwurf den die SVP-Abgeordnete Magdalena Amhof im Landtag vorgelegt hat. Die Arbeitnehmervertreterin hat einen Gesetzesentwurf mit dem wohlklingenden Titel „Finanzielle Aufwertung der Pflegekräfte“ vorgelegt. Mit der fadenscheinigen Begründung, dieser sei präziser, sollte über dasselbe Thema abgestimmt werden.
 
 
 
Tschenett spricht offen von einer „Farce“. Der ASGB-Vo weist darauf hin, dass sich der Amhof-Gesetzesentwurf und die Personalordnung des Landes völlig widersprechen. Amhofs Entwurf spricht nämlich davon, dass mit der ersten Haushaltsänderung die notwendigen Mittel für Pflegerinnen und Pfleger im soziosanitären Bereich vorzusehen seien, während in der Personalordnung des Landes die Rede davon ist, dass „Der Höchstbetrag der mit den Kollektivverträgen verbundenen Ausgaben für jedes Jahr mit eigener Bestimmung im Finanzgesetz festzulegen ist. Bei den Vertragsverhandlungen dürfen keine Ausgabenverpflichtungen eingegangen werden, die die für jedes einzelne Jahr festgelegten Grenzen überschreiten.“ 
Tony Tschenett: "Ich frage mich ehrlich gesagt schon, wie man eine ökonomische Aufwertung für den Pflegebereich erreichen will, wenn das Finanzgesetz die dafür notwendigen Mittel nicht vorsieht“.
Der ASGB-Vorsitzende kehrt deshalb den Spieß um: „Ich muss Frau Amhof das vorwerfen, was die politische Mehrheit im Landtag der Opposition attestiert hat – nämlich nicht präzise genug zu sein".