Snowden mit Steuernummer
Wer die offizielle Homepage des Generalsekretariats der Autonomen Provinz Südtirol besucht, dem springt ein Link ins Auge. In einem Kasten mit dem Titel „Im Blickpunkt“ findet sich neben dem „Dreijahresplan zur Vorbeugung der Korruption“ auch der Link: „Whistleblower (Meldung unerlaubter Handlungen)“.
Klickt man den Link an, kann man lesen:
„In dieser Sektion können die Bediensteten der Autonomen Provinz Bozen unerlaubte Handlungen melden, von denen sie in Kenntnis gekommen sind. Als unerlaubte Handlungen gelten insbesondere Korruption und andere Straftaten, die sich gegen die öffentliche Verwaltung richten, Sachverhalte, die einen Vermögensschaden für die öffentliche Verwaltung bedingen, sowie Verstöße gegen den Verhaltenskodex oder andere disziplinarrechtliche Bestimmungen.“
Bis hierhin kann man nur staunen, wie modern die Südtiroler Landesverwaltung inzwischen geworden ist.
Um das Ganze aber genauer zu verstehen, bedarf es aber zuerst einer Begriffsdefinition. In der Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ steht:
„Ein Whistleblower (von engl.: to blow the whistle, ‚in die Pfeife blasen‘; im deutschen Sprachraum auch ‚Enthüller‘, ‚Skandalaufdecker‘ oder ‚Hinweisgeber‘) ist eine Person, die für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringt. Dazu gehören typischerweise Missstände oder Verbrechen wie Korruption, Insiderhandel, Menschenrechtsverletzungen, Datenmissbrauch oder allgemeine Gefahren, von denen der Whistleblower an seinem Arbeitsplatz oder in anderen Zusammenhängen erfährt. Im Allgemeinen betrifft dies vor allem Vorgänge in der Politik, in Behörden und in Wirtschaftsunternehmen.
Whistleblower genießen in Teilen der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen, weil sie für Transparenz sorgen und sich als Informanten selbst in Gefahr begeben oder anderweitige gravierende Auswirkungen auf ihr Leben und ihre Arbeit riskieren. Häufig werden Whistleblower gemobbt, ihr Arbeitsverhältnis aufgekündigt oder wegen Geheimnisverrats vor Gericht gebracht. Besonders bei hochbrisanten Themen wie Waffenhandel, organisierter Kriminalität oder Korruption auf Regierungsebene gab es Fälle, bei denen Whistleblower ermordet wurden oder auf ungeklärte Weise in relativ jungem Alter plötzlich verstarben oder vermeintlich Suizid begingen. In einigen Ländern genießen Whistleblower daher besonderen gesetzlichen Schutz.“
Dass in Südtirol die Uhren etwas anders ticken, wird klar, wenn man auf der Whistleblower-Seite des Landes weiterliest. Dort heißt es:
„Die Meldung kann auf folgende Art und Weise erfolgen:
– Per E-Mail an die eigens eingerichtete Adresse: [email protected]
– auf dem Postwege. Der Umschlag muss VERSCHLOSSEN sein und ist mit der Beschriftung VERTRAULICH PERSÖNLICH versehen. Er wird an folgende Adresse gerichtet:
Autonome Provinz Bozen
Generalsekretariat des Landes
z. Hd. des Verantwortlichen für die Korruptionsvorbeugung
Landhaus 1, Silvius-Magnago-Platz Nr. 1 - 39100 Bozen“
Und weiter:
„Für die Meldung wird ein eigenes Formular zur Verfügung gestellt.“
Das FormularSpätestens das Formular macht aber deutlich, wie absurd die Südtiroler Whistleblower-Variante ist.
In diesem „Vordruck zur Meldung unerlaubter Handlungen“ wird dann nochmals erklärt, dass die Identität der Hinweisgeber durch eine Reihe von rechtlichen Bestimmungen, die im „Piano Nazionale Anticorruzione – (PNA) enthalten sind, besonders geschützt ist.
Es folgt dann ein langes Formular, in dem der Whistleblower zuerst seinen Vor- und Zunamen, dann die Steuernummer, die berufliche Qualifikation und ausgeübte Funktion, die derzeitige Organisationseinheit (Bezeichnung und Dienstsitz), die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse eintragen muss. Am Ende muss der oder die Hinweisgeberin das Formular unterschreiben.
Offizielles Formular: Persönliche Daten verpflichtend.
Was das Ganze aber noch absurder macht. Dem Formular müssen nicht nur „allfällige Beweisunterlagen betreffend den gemeldeten Vorgang“ beigelegt werden, sondern auch „eine Kopie des Ausweisdokuments des Hinweisgebers“.
Wohl eine Einmaligkeit: ein Whistleblower, der gleichzeitig mit der Meldung seine Identität preisgibt.
Als Erklärung für diese Absurdität wiehert der Amtsschimmel. Denn es wird im Formular erklärt, dass „die Bereitstellung der Daten verpflichtend ist, um die angeforderten Verwaltungsauflagen abwickeln zu können“. Zudem wird wortgewaltig erklärt, dass die Identität des Hinweisgebers streng vertraulich behandelt, geschützt und nicht bekannt gegeben wird. Darauf folgt aber ein Zusatz, der das Ganze zur absoluten Chimäre macht: „Es sei denn die Kenntnis seiner Identität ist für die Verteidigung des Beschuldigten unabdingbar“.
Damit aber sagt man der Anonymität auf jedem Fall ade.
Man kann davon ausgehen, dass sich die Spitzen der Landesverwaltung bei ihrem Vorstoß in Sachen Whistleblower an staatliche Vorgaben halten. Dennoch muss man sich aber schon fragen, ob die Herren und Damen im Generalsekretariat des Landes wissen, was sie tun.
Denn ganz am Ende der Whistleblower-Homepage des Landes heißt es:
„Es werden auch anonyme Meldungen angenommen, diese müssen allerdings entsprechend ausführlich sein!“
Edward Snowden wird sich wohl kaum bei der Landesverwaltung melden.
Das beste ist wohl die
Das beste ist wohl die Information an eine Zeitung oder Journalisten zu schicken. Sie selbst anonym zu veröffentlichen auf Salto zb wird auch nicht mehr lange möglich sein, oder ist man etwa bereit auf Landesbeiträge zu verzichten?
In risposta a Das beste ist wohl die di gorgias
Zur Ihrer Info: Auch bei
Zur Ihrer Info: Auch bei Salto.bz arbeiten Journalistinnen & Journalisten, die sich - wie es sich gehört - an das Berufsgeheimnis halten. Sie sind damit bei uns in den besten Händen.
In risposta a Zur Ihrer Info: Auch bei di Christoph Fran…
Ich habe auch von
Ich habe auch von Journalisten oder Zeitungen gesprochen.
Solange Christoph
Solange Christoph Franceschini für salto schreibt, werden wir dort mehr erfahren, als in allen Medien zusammen. Zudem hätte sich die Generaldirektion unserer Landesverwaltung diesen "Haxlertrick" ersparen können. Denn eines steht fest: Entweder gibt es in der Landesverwaltung keine "unerlaubten Handlungen" und sonst kommt Christoph drauf und bringt sie auf salto.
....bis jetzt sind die
....bis jetzt sind die whistleblower immer noch als Verleumder zu hohen Geldstrafen verurteilt worden