Politica | Energiepolitik

Energie-Tisch: Neue oder verspielte Chance?

Können Erzfeinde miteinander die Neuausrichtung des Südtiroler Energiesektors mitgestalten? Und ist das Thema Energie wirklich nur Sache von Kraftwerksbetreibern? Der Energie-Tisch soll neue Chancen auftun. In der Zusammensetzung hat er sie aber bereits verspielt, wird von Gewerkschaftsseite kritisiert.

Zumindest laut dem Landespresseamt legte er am Donnerstag einen erfolgreichen Auftakt hin. Der Energie-Tisch ist operativ oder konkreter gesagt: Die Expertenrunde, die dem neuen Energielandesrat Richard Theiner bei der Neuausrichtung der Südtiroler Energiepolitik beistehen soll, hat sich das erste Mal getroffen. 16 Männer aus der heimischen Energiewirtschaft um einen Tisch: Das kann in den nun regelmäßig geplanten Sitzungen durchaus interessante Diskussionen geben. Immerhin sind hier einander so manche Herrschaft nicht wirklich grün – oder streiten gar erbittert um Kraftwerke, wie das SEL-Duo Wolfram Sparber und Albert Stuflesser mit Eisackwerk-Vertreter Karl Pichler oder den beiden Etschwerke-Vertretern Massimiliano Sturaro und Siegfried Tutzer.

Doch in Sachen Vergangenheit gilt am Energie-Tisches das Motto „Schwamm drüber“.  Hier soll es unter Koordination des alten Hasen Georg Wunderer von der E-Werk-Genossenschaft Prad vielmehr um die Zukunft gehen. Allen voran um die Erarbeitung neuer Vergabekriterien für die Großwasserableitungen, wie Wunderer erklärte. Weitere Arbeitspakete, mit denen die bunte Expertenrunde befasst werden soll: eine Analyse des bestehenden Kraftwerksparks und der Verteilerinfrastrukturen sowie von Modellen, wie der Strom am besten vom Produzenten zum Konsumenten gelangt.

Themen, bei denen auch ohne gerichtlich belastete Beziehungen immer wieder die Funken sprühen könnten zwischen Genossenschaftsvertretern, Privaten und den Vertretern großer und kleiner Stadtwerke bzw. der Landesgesellschaft. Doch genau drauf hofft Neo-Landesrat Theiner offenbar: Er werde den Diskussionen in der Runde höchste Bedeutung zumessen, versicherte er am Donnerstag. Denn: „Durch die Einbeziehung einer Vielzahl von Experten und erfahrenen Akteuren kann es gelingen, die Weichen für die Energieproduktion und -verteilung im Land bestmöglich zu stellen."

Auch Gewerkschaften, Gemeinden und Konsumentenschützer müssen mitreden dürfen"

Widerspruch kam postwendend – allerdings nicht von den üblichen Verdächtigen in der Energiediskussion: Es war vielmehr CGIL-AGB-Landessekretärin  Doriana Pavanello, die auf Versäumnisse in der Auswahl der Expertenrunde hinwies. Das zentrale Thema Energie könne nicht nur Angelegenheit der aktuellen Kraftwerksbetreiber sein: Vielmehr müssten auch VertreterInnen der im Sektor beschäftigten Arbeitskräfte und der Gemeinden sowie Konsumentenschützer mit am Tisch sitzen, fordert Pavanello. „Sono in troppi a rappresentare interessi di parte”, so ihr Kommentar zur aktuellen Männerunde. Mit dieser wird laut der Gewerkschafterin einmal mehr eine große Chance verspielt: Die gerechte Verteilung eines Reichtums, der dem Land und seiner Bevölkerung gehöre.