Politica | St. Georgen
Griessmairs Klinik
Foto: salto, bz
Wer wissen will, wo der Bauingenieur Roland Griessmair in Bruneck beruflich tätig ist, braucht sich nur die Beschlüsse des Gemeindeausschusses anzuschauen. Erscheint auf dem Deckblatt eines Beschlusses in dem es um urbanistische Entscheidungen neben dem Namen des Brunecker Bürgermeisters die Diktion „abwesend bei der Behandlung und Abstimmung dieses Gegenstandes“ so ist das fast immer ein untrügerisches Zeichen, dass der Bürgermeister und sein Unternehmen „Griplan GmbH“ in das Bauprojekt involviert sind. Und das kommt in Bruneck sehr häufig vor.
Wie jetzt bei einem ganz besonderen Projekt. Dem Bau einer Privatklinik in der Brunecker Fraktion St. Georgen. Am Bauschild des fast fertigten Rohbaus steht zu lesen, dass das „Planungsbüro Griplan GmbH“ sowohl als Projektant, Statiker, Bauleiter als auch als Sicherheitskoordinator für die Planung und die Bauausführung zuständig ist.
Die Doppelfunktion von Roland Griessmair als Bürgermeister auf der einen und als Planer auf der anderen Seite, sorgt seit langem nicht nur für Diskussionsstoff in Bruneck, sondern beschäftigte auch die Staatsanwaltschaft, das Verwaltungsgericht und den Regionalrat.
Der Fall der Privatklinik in St. Georgen macht jetzt aber anschaulich, wie groß der Interessenkonflikt des Brunecker SVP-Bürgermeisters ist und welche Blüten diese einmalige Pusterer Konstellation treibt.
Die Klinik
Die Bozner Familie Pellegrini ist seit Generationen eine Fixgröße in der Südtiroler Sanität. Die Ärztefamilie bestehend aus Paolo Pellegrini, dessen Ehefrau Bianca Manani und den drei Töchtern Claudia, Camila und Costanza, hat bereits vor Jahrzehnten mit dem „Salus-Center“ in Prissian eine Privatkklinik gegründet und aufgebaut.
In der Pellegrini-Klinik wird die Rehabilitation onkologischer, pneumologischer, neurologischer und kardiologischer Krankheiten, von Krankheiten des Knochen-Muskelsystems, von Ödemkrankheiten und von anderen Pathologien durchgeführt. Es werden Patienten behandelt, die in der postakuten Phase der Erkrankung eine Rehabilitation benötigen, wie auch Patienten mit chronischen Erkrankungen. Durch eine Konventionierung mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb arbeitet das Salus-Center seit vielen Jahren auch ökonomisch äußerst erfolgreich.
Vor diesem Hintergrund hat die Familie-Pellegrini beschlossen, eine ähnliche Einrichtung auch im Osten des Landes zu verwirklichen. In St. Georgen in Bruneck soll auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Firma Leitner unter dem Namen „Sanitas“ eine zweite Privatklinik nach dem Modell des „Salus-Center“ entstehen. Dafür gründet die Familie Pellegrini am 23. März 2021 die „Sanitas Privatklinik Gmbh“. Das Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von 60.000 Euro gehört zu je 20 Prozent den fünf Familienmitglieder.
Spendables Land
Wie sehr das Land und der Sanitätsbetrieb diese Operation vorantreiben, zeigt sich daran, dass die „Sanitas Privatklinik Gmbh“ eine öffentliche Finanzierung vom Land erhält noch bevor das Unternehmen überhaupt gegründet wurde. Denn die Direktorin der Abteilung Gesundheit Laura Schrott erlässt bereits am 10. Dezember 2020 ein Dekret, das für den Bau, Projektierung und Einrichtung der Sanitas Privatklinik eine ordentliche öffentliche Finanzspritze vorsieht.
Unter dem Betreff „Beiträge an verschiedene Körperschaften, welche Tätigkeiten im Bereich der Gesundheitsfürsorge ausüben“ wird für die in St. Georgen geplante Privatklinik für die „Arbeiten Errichtung Kinik“ ein Beitrag von 330.000 Euro und für die „Ausgaben für Projektierung/Technik“ ein Beitrag von 104.612,37 für das Jahr 2020 vergeben. Für das Jahr 2021 folgen dann zwei weitere Beiträge von 238.557,02 Euro und 29,299,81 Euro.
Das heißt: Der Bau und die Projektierung der Privatklinik wird vom Land allein 2020/2021 mit über 700.000 Euro finanziert.
Doch damit nicht genug. Am 29. Jänner 2021 gründet die Familie Pellegrini ein zweites Unternehmen: Die „Sanitas Immobilien GmbH“. Auch diese Firma hat 60.000 Euro Gesellschaftskapital und dieselben Gesellschafter, wie die „Sanitas Privatklinik GmbH“. Zweieinhalb Monate später fällt der Gesundheitsbezirk Bruneck einen Beschluss mit dem Titel „Abschluss eines Mietvorvertrages mit der Sanitas Immobilien GmbH“. Darin wird festgehalten, dass das Krankenhaus Bruneck für die Kinder-Reha Räumlichkeiten sucht und deshalb in der neuen Sanitas Klinik ein gesamtes Stockwerk anmieten will. Der Vorvertrag sieht einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 9 Jahren vor und einem jährlichen Mietzins von 179.928 zuzüglich Mehrwertsteuer (15.000 Euro im Monat) vor. Das Mietverhältnis startet so bald die Sanitas die Benutzungsgenehmigung erhält.
Unterzeichnet ist der Beschluss von Bezirksdirektor Walter Amhof. Dessen Stellvertreter heißt Gerhard Griessmair. Der damalige Direktor der Ökonomatsdienste im Gesundheitsbetrieb Bruneck, der ab 1. August 2021 den in Rente gegangen Amhof geschäftsführend ersetzt, ist der Bruder des Brunecker Bürgermeisters und Projektanten der Privatklinik in St. Georgen.
So kleine ist Bruneck.
Die SVP-Seilschaft
Der Grund auf dem die neue Klinik in St. Georgen entstehen soll, gehört der „GEO GmbH“. Das Unternehmen hat seinen Sitz fast 90 Kilometer vom Bruneck entfernt, in der Handwerkerzone Pillhof in Eppan. Die beiden Geschäftsführer und Macher der„Geo GmbH“ heißen Georg Stampfer und Hanno Oberhuber. Der Olanger Bauingenieur Hanno Oberhuber war lange für die Baufirma Zimmerhofer (ZH), dann für die Rubner Holzbau tätig, bevor er sich zusammen mit Georg Stampfer selbstständig gemacht hat. Georg Stampfer ist der Sohn des langjährigen Eppaner SVP-Assessors und Raiffeisenfunktionär Richard Stampfer.
Das Duo Oberhuber/Stampfer hat in den vergangenen Jahren ein beachtliches Firmenimperium aufgebaut. Den beiden gehören nicht nur drei Beteiligungsunternehmen in der Schweiz, sie leiten auch die „Stampfer Holding GmbH“ mit fünf Tätigkeitsbereichen (Fassadenbau, Metallbau, Türenherstellung und Brandschutz, Hotel und Immobilien) neun Beteiligungsunternehmen und 150 Mitarbeiter an 5 Standorten.
Der „Stampfer Holding“ gehören 50 Prozent der GEO GmbH. Die restlichen 50 Prozent des Unternehmens auf dessen Grund die Sanitas-Privatklinik in St. Georgen entsteht, hält die Favus GmbH. Auch hier steht ein ehemaliger Eppaner SVP-Kommunalpolitiker dahinter. Heinrich Riffesser war lange Zeit Geschäftsführer der Senfter AG, bevor er sich selbstständig machte und unter anderem das Beratungsunternehmen ROI Team gründete, dessen Gesellschafter er bis heute ist. Die Senfter AG hält dann auch 2 Prozent an der Favus GmbH, während 98 Prozent Heinrich Riffesser gehören. Geschäftsführer der Favus GmbH ist Peter Rindler, der äußerst erfolgreich auch den Lananer Kälteanlagen-Spezialisten „Frigotherm Ferrari GmbH“ führt, in dem ebenfalls Riffesser Mittgesellschafter ist.
Das Duo Oberhuber/Stampfer arbeitet über ihre Firmen Nova GmbH und GEO GmbH in und außerhalb Südtirols an mehreren Immobilienprojekte. Als Planer immer wieder dabei, ist Roland Griessmaier und dessen Griplan GmbH. Etwa derzeit in Eppan beim Umbau einer Garni in Wohnungen.
Besondere Höhenluft
Wie perfekt die Klinikoperation in St. Georgen getimt ist, zeigt die bisherige Baugeschichte.
Am 10. Dezember 2020 genehmigt das Land einen 700.000 Euro Beitrag für die Planung und Errichtung der Privatklinik Sanitas. Genau acht Tage später reicht die GEO GmbH bei der Gemeinde Bruneck einen Antrag zur Änderung des Durchführungsplanes ein.
Im Antrag ist nicht nur eine Änderung der Verkehrsflächen vorgesehen, die eindeutig zum Vorteil der privaten Eigentümer geht, sondern auch eine nachhaltige Änderung der Baubestimmungen. Die Parzellen, auf denen die Privatklinik entstehen soll, liegen in einer sogenannten „Gewerbezone D1“. Im Bauleitplan von Bruneck ist darin eine maximale Gebäudehöhe von 16 Metern vorgesehen. Der neuen Durchführungsplan sieht jetzt für die Sanitas-Klinik eine maximale Gebäudehöhe von 20 Metern vor.
Der Gemeindeausschuss genehmigt auf Antrag von Bauassessor Reinhard Weger am 12. April 2021 endgültig die Abänderung des Bauleitplanes in diesem Sinne. Bürgermeister Roland Griessmair stimmt bei den beiden Abstimmungen zum Durchführungsplan nicht mit. Denn das wäre ein eindeutiger Gesetzesverstoß, sind er und seine Griplan doch die Projektanten der Klinik.
Auffallend ist, dass das Projekt auch andere gesetzliche Vorschriften gekonnt umschifft. Denn laut Bauleitplan muss jeder private Bauherr eine genau definierte Anzahl von Parkplätzen zur Verfügung stellen. Durch den Vorvertrag mit dem Sanitätsbetrieb stuft man die Privatklinik aber kurzerhand, als Bau von „öffentlichem Interesse“ ein, was diese Auflagen deutlich lockert. Mit derselben Argumentation wurde auch die Erhöhung der Baudichte und die Gebäudehöhe genehmigt.
Der Unmut
Inzwischen steht der Rohbau. In St. Georgen macht sich unter den Anwohnern sichtbar Unmut breit. Auch weil das Projekt still und leise durchgewinkt wurde, ohne die Fraktionsvertreter wirklich in die Pläne einzuweihen.
Mit 20 Metern ist die Privatklinik das weitaus höchste Gebäude in der Fraktion. Mit Ausnahme des Kirchturms. Derzeit sind - wie ursprünglich geplant - vier Stockwerke gebaut. 16,5 Meter hoch. Doch auf dem begehbaren Dach ragen zwei Aufbauten hervor, in denen sich Aufzüge und Treppenkerne befinden. Es ist die Vorbereitung für ein fünftes Stockwerk. Die Gesamthöhe bis zu den Aufzugtürmen: 19 Meter.
Im genehmigten Begleitbericht zur Durchführungsplan heißt es dazu:
„Die Klinik kann in einem Teil des Bauloses EG und 4OG, also 5 überirdische Etagen aufweisen. Insofern wird die zulässige Gebäudehöhe in einem Teil des Bauloses Geo mit 20m definiert.“
Damit kann man nachträglich noch ein Stockwerk draufsetzen. Zudem ist das nur das erste Baulos. Laut genehmigten Durchführungsplan wird das alte Leiter-Gebäude abgerissen und die Privatklinik nochmals erweitert werden.
Nachdem einige Kritiker sich öffentlich gegen den Bau der Privatklinik Sanitas und die Doppelrolle, die Roland Griessmair dabei spielt, ausgesprochen haben, kommt seit Tagen Bewegung in den Fall. Auf WhatsApp und Facebook wird kontrovers über das Projekt und die Umstände diskutiert. Dabei kommt eine Grundsatzfrage immer wieder auf: In welcher Rolle tritt Roland Griessmair auf? Als Bürgermeister oder als Projektant und Dienstleister für einen privaten Bauherrn?
Ebenso brisant dürfte eine andere Frage sein. Das Abteilung Gesundheit vergibt einen Landesbeitrag an einen privaten Bauherrn und das Geld landet am Ende im Planungsbüro des Bürgermeisters jener Gemeinde, die für die Genehmigung des Projekts zuständig ist?
Natürlich ist alles legal. Und es gibt im (Geschäfts)Leben eben merkwürdige Zufälle.
Vor allem in Bruneck.
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Gemeinde, Landesverwaltung,
Gemeinde, Landesverwaltung, Sanität, Partei, Seilschaften, Privatinteressen ..... alles spielt zusammen, wenn es um Großprojekte geht und viel Geld im Spiel ist. Was auf der Strecke bleibt, ist die Transparenz, der Steuerzahler und die Demokratie. Aber wen kümmert das?
In der Tageszeitung kommt
In der Tageszeitung kommt Griessmair zu Wort und bringt Licht in die Sache.
Der schleichende Umbau in ein
Der schleichende Umbau in ein Zweiklassen-Gesundheitssystem schreitet voran.
Ins private System wird fleißig öffentliches Geld gepumpt, beim öffentlichen hart eingespart. Wer wohl die Profiteure sind?