"Sie grüssten uns mit Schwein"
Nachforschen, nachhaken, den Sachen auf den Grund gehen. Unbequem sein und fragen. Diesen Ziele hat sich das Politikportal "dossier.at" verschrieben. Ehrende Anerkennung dafür am 20. Juni 2014 im Brunecker Stadttheater.
Am 27. November 2013 veröffentlichte dossier.at einen Artikel, "Wo man mit Schwein grüßt". Auszüge lesen Sie hier:
Sie ist nicht mehr schulpflichtig, und dort, wo Samira gerade wohnt, gibt es keinen Deutschkurs. Mit ihrer Mutter und ihren drei Geschwistern ist sie aus ihrer Heimat geflohen. Sechs Monate lebt die Familie schon über der Wirtsstube eines Gasthauses am Rande eines kleinen Dorfes namens Bromberg in Niederösterreich und wartet auf eine Entscheidung der Asylbehörden. Was bekommen sie zu essen? Wie behandelt man sie? Wir wollen auch wissen, wie von den Betreibern der Quartiere mit Steuergeld umgegangen wird. Maximal 19 Euro bekommen sie für Unterbringung und Verpflegung – pro Tag, pro Asylwerber. Sie müssen darum auch Putzmittel, Handtücher oder Bettwäsche besorgen, die Dinge des täglichen Lebens. Es ist nicht viel Geld. Was dafür geboten wird, wusste bislang niemand. Um die harte Realität von Asylwerbern und ihren Unterkunftgebern zu erkunden, haben wir uns im niederösterreichischen Aspang eine kleine Basis eingerichtet.
"Wir bekommen vom Staat schon lange keine Zahlungen mehr, weil wir als Rechtsberatungsstelle verfahrensverzögernd eingreifen. Aber Beschwerden einreichen ist unsere Aufgabe, sagt Michael Genner von Asyl in Not.
Wir hatten keinen Auftrag. Wir nahmen von Wirten keine Dopplerflaschen Wein, um in die andere Richtung zu blicken, wenn etwas nicht passt. Oft wäre das gar nicht nötig gewesen. Denn wir haben viel Gutes gesehen. Wir haben Lehrer getroffen, die in ihrer Freizeit unentgeltlich Deutschkurse anbieten. Wirte, die Kindern Spielzeug kaufen. Betreiber von Unterkünften, die Asylwerber nachts mit dem Auto aus der nächsten Stadt abholen, wenn sie den letzten Bus verpasst haben. Eine Wirtin, die über die jungen Afghanen, die bei ihr wohnen, sagt: „Das sind meine Burschen. Und ich bin die Mama.“ Wir haben aber auch die andere Seite gesehen: zerfetzte Matratzen. Schimmel in Bädern und in Schlafzimmern. Kinder, die am Boden schlafen müssen. Die Kakerlakenspezies „deutsche Schabe“. Menschen, die bis zum nächsten Lebensmittelgeschäft zwei Stunden zu Fuß gehen müssen. Männer, die sagen: „Man behandelt uns wie Tiere.“
Flüchtlingspolitik in der EU - "In Schweden kommen vergleichsweise viele Asylbewerber unter. Fast 44.000 allein im Jahr 2012 (3.680 waren es in Österreich). Allerdings kommen sie in der schwedischen Gesellschaft kaum an. Sie werden zwar gut versorgt - bleiben aber ausgegrenzt", schreibt spiegelonline.de und zeigt eine Fotostrecke von verschiedenen europäischen Ländern.
In rund einem Drittel der untersuchten Asylquartiere herrschen grobe Missstände. Die Räume sind verschimmelt. Zum Abendessen wird eine Thunfischdose mit zwei Semmeln angeboten.
Vieles von dem, was wir erlebt haben, passt schwer in einen Datensatz. Asylwerber in einem Quartier in Niederösterreich erzählten uns, die Betreiberin ihrer Unterkunft habe sie stets mit dem Wort „Schwein“ angesprochen. Anfangs konnten die Männer aus Afghanistan kein Deutsch. Sie hielten die Anrede der Betreiberin für eine Begrüßungsfloskel. „Schwein!“, grüßten sie freundlich zurück.
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