Gib Gummi!

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Liebe Südtirolerinnen und Südtiroler,
wir sind konsterniert. Meine Göttinger Motorradfreunde, Andi, Paule, Stress, Gunnar, Wheelie, die Zwillinge und ich verstehen das nicht. Der Jürgen aus Lana hat unsere Buchung für Juni 2026 storniert. Er sagt, er müsse das mit dem AirBnB sein lassen - der Druck im Dorf sei einfach zu groß geworden. Er hätte die drei Wohnungen nur solange vermieten wollen, bis die Kinder aus dem Ausland zurückkommen, aber darauf könne er jetzt nicht mehr warten. Dabei hätte der Große - wenn ich mich recht erinnere, ist der Chirurg in einem Schweizer Krankenhaus - mit den Enkeln und der zweiten Frau immer gerne im Urlaub für zwei Wochen „probegewohnt“. Auch der Noah hätte ihm versprochen in Südtirol zu arbeiten, wenn er mit dem Master in Quantenmechanik erst einmal durch ist. Bei den Wohnungspreisen im Land, wäre es dann nicht schlecht schon eine Bleibe zu haben - oder? Die Kleine tingelt derweil von einer Rezeption zur nächsten und würde liebend gerne in Südtirol arbeiten, wenn die Tourismustreibenden nicht solch grottenschlechte Löhne zahlen würden. Zur Zeit schafft sie in einem Fünf-Sterne-Schuppen auf Bali. Im Winter war sie in einem Hotel in Dubai mit sieben Sternen. „Sieben Sterne“, betont der Jürgen immer ehrfurchtsvoll. Und wenn Eure Tourismusindustrie in den letzten 25 Jahren nicht nur bei den 5-Sterne-Hotels von einem auf 54 hochgerüstet hätte, sondern auch bei den Löhnen, würde seine Kleine mit ihren fünf fließend gesprochenen Fremdsprachen - darunter Mandarin - auch ein 5-Sterne-Gehalt bekommen.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden, und genau für den Fall hätte Jürgen die Appartements nur kurzzeitzwischenvermietet. Dass wir für eine Woche zahlen, was sonst in einem ganzen Monat reinkommen würde, hat gar nichts damit zu tun. Das wollte er noch einmal unterstreichen. Die Anita, seine Frau, hätte ihm geraten, die Wohnungen trotz der horrenden Gemeindeimmobiliensteuer leer stehen zu lassen. „Zu Fleiß“ - was auch immer sie damit meinte. Und da seien ja noch die Nachbarn, die ihn - und vor allem seine Gäste - den ganzen Sommer über aggressiv ansehen würden. Präventiv hat er schon mal die Klingelschilder mit der Aufschrift „Wohnung 1, 2, 3“ ausgetauscht. Wenn er an Ansässige vermieten muss, hat er Angst, sich irgendwelche Mietnomaden einzufangen oder noch schlimmer, irgendwelche Mullahs (wie man bei uns sagt) - obwohl die angeblich jeden Preis bezahlen, weil sie eh so schwer was finden.
Uns, also den Motorradfreunde Göttingen und mir, tut das total leid. Wir waren sicher keine Mietnomaden. Wir haben sogar die leeren Bierdosen wieder mit nach Deutschland genommen – weil man hier, anders als bei Euch, dafür Pfand zurückbekommt. Was sage ich: Wir haben nicht mal den Plastikmüll in Lana gelassen. Der Jürgen hat sich ja immer beschwert, dass der Recyclinghof da ganz pingelig ist und mit Argusaugen darüber wacht, dass nur PET abgegeben wird. Bei uns in Deutschland wandert alles ganz problemlos in die gelbe Tonne. Wir haben dann nicht lange Faxen gemacht: das Plastik von Roter Grütze oder Rollmops rinn in 'nen großen Müllsack und der Andi hat es dann übernommen, das zu Hause zu entsorgen. Im Transporter, wo jeder Lederkluft, Helm und Koffer verstaut hat, ist ja immer genug Platz, wenn Essen und Getränke verputzt sind. Dort gelassen haben wir nur die Verpackungskartons für Kartoffelpuffer und Tiefkühlpizzen. Kriegt man ja in Südtirol nicht. Klar, gibt bei Euch auch Aldi, aber den Flammkuchen der PIZZ‘AH Hausmarke gibt’s irgendwie nicht. Nur was von Cucina und Italpizza. Das ist aber auch der einzige Makel, den dieses Land hat. Sonst hat es uns ja immer total gefallen. Da kommt man aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. So geile Kringelstraßen! Alter!
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Vollgas
Da hat eure Tourismuswerbung hundertpro recht. Die begehrenswerteste Rennpiste Europas. Gut, nicht überall, aber fast. Soll jetzt keine Kritik sein, aber bei unserer großen Dolomitenrundfahrt mussten wir immer jemanden vorausschicken, der oben am Pass den Gegenverkehr anhält, damit keiner Gefahr läuft, in einer eng geschnittenen Kurve plötzlich einen Berufspendler vor sich zu haben. Nicht einfach, aber mit deutschem Organisationstalent machbar. Die größte Schwierigkeit dabei war, dass wir immer Stress geschickt haben. Der Stress hat’s nicht so mit dem Schnellfahren - wobei seine Harley sicher ein Teil dieser Zagheit ist. Hat zwar einen geilen Sound, ist beim Beschleunigen aber etwas dröge. Trumpland-Kiste eben.
Leider spricht der Stress kein Italienisch - also Englisch auch nicht, wenn Sie das meinen - und da war es immer etwas heikel, den anderen klar zu machen, dass es jetzt keine gute Idee ist, ins Tal runter zufahren … also, wenn wir mit einem Affenzahn nach oben heizen. Glücklicherweise ist es im Juni schon früh hell und kaum Verkehr … also außer uns und den Ferraris, Lambos, Corvettes oder Ford Mustangs ist kaum jemand auf der Straße. Da kannste volles Rohr durch die Dörfer; steht allenfalls ein Rentner mit seniler Bettfluch am Zebrastreifen.
Einmal sind wird wegen dem Gunnar im Herbst gekommen - wegen was mit seiner Frau damals war. Meine Fresse! Machen wir nie wieder. Hatten einmal sogar Morgenfrost. Eine Scheiß Rutschbahn zwischen Tiers und dem Nigerpass sag ich Ihnen.Insgesamt werden die Dolomiten eh überschätzt. Da ist die Runde um Timmelsjoch und Jaufen viel geiler. Oder Stilfserjoch/Umbrail. Mendel/Madonna di Campiglio/Monte Bondone; „Schmetterling links“, wie die Runde auf Kurvenkoenig.de genannt wird. Wenn Sie, anders als wir, nur eine Woche von ihrer Frau frei bekommen, dürften Ihnen „Die schönsten Motorradtouren und Pässe in Südtirol“ auf getmotobit.com reichen.
Also unser schöner Harz hat ja auch einiges zu bieten: „Weltkultur trifft Waldnatur“, beispielsweise. 160 km vorbei an Goslarer Kaiserpfalz oder Kloster Walkenried, wie auf Harzinfo.de geworben wird. Südtirol legt da noch mal 'ne Schippe drauf. Zuhause haste nämlich keine Spitzkehren wie die Achter knapp unterhalb des Stilfserjochs oder die Haarnadeln nach dem Gasthof Hochfirst in Passeier, um die der Andi noch nie rumgekommen ist, ohne umzufallen. Wir fahren jetzt immer voraus und warten in der Kehre bis er kommt - natürlich um ihm beim Aufheben seiner Maschine zu helfen :-D. Wir sind da latürnich überhaupt nicht schadenfroh. Großes Indianerehrenwort. -
Abgewürgt
Der Jürgen hat dazu gemeint wir sollten etwas vorsichtiger sein. Nein, nein, nicht mit der Geschwindigkeit; oder, dass wir – was wir in Deutschland nie machen würden - Kreisverkehre gegen die Fahrtrichtung abkürzen. Wir wissen das doch alles, dass euer Salvini die Speedboxen abgeschaltet hat und so gut wie nie gelasert oder kontrolliert wird. Der Jürgen meinte, die Akzeptanz für Motorradtouristen würde weniger werden. Die Leute hätten das Land wieder gerne mehr für sich. Finde ich, finden wir, jetzt ehrlich etwas vermessen. Egoistisch, um genauer zu sein. Schließlich hat nicht jeder Berge vor seiner Haustür. Sie können zum Ausgleich gerne mal in die Motorsport Arena Oschersleben kommen und da ein paar Runden drehen. Sie werden sehen, ist nicht das selbe wie Pässe sammeln. Hat auch nichts mit dem Panorama zu tun. Die Bergkulisse ist uns wurscht. Foto machen wir höchstens, wenn neben uns das neueste Naked Bike von Yamaha steht. Wirklich - uns geht einzig und alleine um den Drive: Nach der dritten Anbremsvariante kriegst du das Triple in Oschersleben so gebacken, dass es dich aus der letzten Linkskurve mit Topspeed auf der Ideallinie herauskatapultiert. Unter den Sellawänden einen Wheelie bis zur nächsten Kehre halten, ist ein ganz anderes Ding. Also ein Wheelie ist mit hochgerissenem Lenker nur auf dem Hinterrad zu fahren - nach all den Jahren, die wir jetzt schon nach Südtirol kommen, wissen wir, dass man es bei Euch mit der Hochsprache nicht so hat. Nicht weil der Dialekt so authentisch klingt, sondern weil ihr schlichtweg kein ordentliches Deutsch zu lernen im Stande wart. Vielleicht hätte ihr Südtiroler über die Jahre besser mehr in Bildung investiert, statt nur in EssJuWees mit deutschem RO oder STA Kennzeichen. Wenn du knapp vor einer Kurve noch mit Schmackes zum Überholen ansetzt, kannst du darauf wetten, dass aus den Leasingwagen irgendwas Italienisches rausgeflucht wird - gefolgt von etwas das kling wie: „Orschloch; teitsches“!
Apropos Sella. Sollen sich ja Kletterer beschwert haben, dass sie in den Kletterwänden wegen uns Motorradfahrern die Kommandos des Seilpartners nicht mehr hören? Pah! So’n Hochrisikosport wie Bergsteigen sollte man gleich verbieten. Welcher Bekloppte macht sowas? Und überhaupt. Würde es nicht uns Urlauber geben, würde kein Local in irgendwelchen Wänden rumkraxeln. Da wüsstet ihr gar nicht was Freizeit ist. Da würdet ihr von morgens bis abends holzhacken und Schafe hüten, denn schließlich haben wir dieses Land reich - und überheblich - gemacht. Ihr wärt alle schon lange verhungert, wenn wir euch nicht mit unserer D-Mark aus der Scheiße gezogen und das Füllhorn des Wohlstandes über auch ausgeschüttet hätten. Der Jürgen hat uns das alles erzählt. Das mit der Stillen Hilfe und so. Undankbares Volk. Sinkende Tourismusgesinnung hat der Jürgen gesagt; aber unser Geld hat er immer gerne genommen. Und er hätte unser Bares mal reinvestieren sollen. Bei 2.950 Euro pro Wohnung für 12 Tage kann man auch mal erwarten, dass die Zimmertür nicht klemmt und die Matratze nicht völlig durchgelegen ist. Die einzige Anschaffung in den letzten zehn Jahren war 'ne Mikrowelle, die wir eingefordert haben.
Überhaupt hat das ganze Land einen Renovierungsstau. Vor ein paar Jahren hat man ja angefangen in den Kurven zwischen Boden und Leitplanke einen Unterfahrschutz anzubringen, damit dir bei einem Sturz nicht gleich Arme oder Beine amputiert werden. Löblich, nur hat man es nach gefühlt drei Kurven oder 250 Metern bleiben lassen, um in irgendwelche unsinnige Ortsumfahrungen mit Tunnel zu investieren. Für einen einzigen Tunnel könntest du Südtirol vom Brenner bis Salurn und vom Reschen bis Winnebach für Zweiräder sicherer machen. Uns kommt es so vor, als würde man uns deutsche Urlauber mit Vorsatz vergraulen wollen. Jetzt wo die Instagramer eure zwei, drei Hotspots überrennen: Koreaner und Japsen, denen für ihr Foto keine Parkplatzgebühr, keine Liftfahrt zu teuer ist. Soweit ich mich erinnern kann, hast du bis vor zehn Jahren außer in Parkhäusern nirgends für einen Parkplatz löhnen müssen. Da bist du echt froh, mit einem Bike unterwegs zu sein, weil da kostets nichts.
Südtirol hat sich verändert - und nicht zum guten. Auf den Pässen siehst du plötzlich Kameltreiber mit ihren verschleierten Frauen, als wärst du mitten in Kreuzberg. Das Geld hat euch eindeutig den Charakter verdorben. Anstatt Kühe melkt das Bauernvolk jetzt Touristen. Anstatt satt, seid ihr gierig geworden. Am Regentag sind wir ja immer nach Bozen gefahren. Dieses Jahr haben wir in einem Cafe am Rathausplatz zusätzlich zum Cappuccino 1,50 Euro für ein Glas Leitungswasser bezahlt. Genau wie am Gasthof Franzensfeste auf halber Höhe zum Stilfserjoch. Einsfuffzig für Leitungswasser, Alter - kommt sicher vom Gletscher 20 Kehren oberhalb. Am Penserjoch haben sie vor der Toilette so ein Drehkreuz montiert. Wie die Sanifair-Dinger auf unseren Autobahnraststätten. Einmal Pullern, ein Euro. Pecunia non olet! Ich sage: Der Merz sollte mal eure deutschen Schwarzgeldkonten einfrieren, die wir mit unserem Geld gefüllt haben.
Und eben kommt mir der schlimme Verdacht, dieses Arschloch von Jürgen hat unsere Buchung nur storniert, um die Wohnung noch teurer auf den Markt zu werfen. Irgendwas von einem „Bettenstopp“ hat die verlogene Sau als Ausrede noch genuschelt. Bettenstopp, wo du nur Baukräne in der Landschaft rumstehen siehst. Dem Sackhaarlutscher sollte ich mal meine Bandido-Freunde vorbeischicken, die ihm ordentlich den Arsch aufreißen ... und dann mit Radau euer verficktes Land eingeebnen. So flach wie das deutsche Tiefland, dass keiner mehr bei euch rumkurven will. Genau, das ist das Stichwort: „flach“ wie Flachwixer, elende!!!
Na da sind wir doch dem…
Na da sind wir doch dem Jürgen dankbar , dass der euch storniert hat ;-)
Ohne in Details zu gehen....
Motorradfreunde sind nicht…
Motorradfreunde sind nicht unsere Freunde. Also werden wir euch nicht vermissen. Ganz im Gegenteil, wir freuen uns auf leisere Tage...