Ambiente | Borkenkäfer
5 Prozent der Waldfläche betroffen
Foto: Landtag / Werth
Der II. Gesetzgebungsausschuss hat heute, am 21. Oktober, eine Anhörung zum Borkenkäferbefall in Südtirol abgehalten. Dazu begrüßte Ausschussvorsitzender Franz Locher den Direktor der Abteilung Forstwirtschaft Günther Unterthiner, Alessandro Andriolo, Experte im Amt für Forstplanung, sowie Leo Tiefenthaler, Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes, im Plenarsaal des Landtags.
Das Thema bereite schon seit geraumer Zeit Sorgen, man sehe, wie die Wälder braun werden, erklärte Locher. In Südtirol sei viel Wald in Privatbesitz, der Wald sei die Sparkasse der Bauern. In Südtirol seien laut Schätzungen 5 Prozent der Fläche betroffen, und das sei sehr viel. Mit der Wald- und Holzwirtschaft würden viele Arbeitsplätze zusammenhängen. Zudem sei Holz ein guter Energieträger, der gerade heute für eine gewisse Preisstabilität sorge. Rund 600.000 Kubikmeter würden normalerweise verarbeitet. Derzeit laufe man der Geschichte hinterher, die extreme Hitze habe zu einer starken Verbreitung des Käfers gesorgt. Die Arbeit im Wald sei gefährlich – jedes Jahr gebe es tödliche Arbeitsunfälle – und bringe wenig Ertrag.
Landesforstinspektor Günther Unterthiner zeigte mit Luftaufnahmen, wie dramatisch sich die Situation entwickelt hat. Vor allem bei wissenschaftlichen Fragen arbeite man eng mit der Universität Padua zusammen, die dazu große Fachkompetenz habe. 2021 sei der Befall in Südtirol im Vergleich zu den Nachbarregionen noch überschaubar gewesen. Im Oktober 2020 könne man schon 5.400 Hektar befallene Fläche feststellen, das entspreche ca. 2,2 Mio. Festmeter Borkenkäfer-Holz, der Schwerpunkt liege im Gadertal, im Antholzer Tal, im Brunecker Raum, im Wipptal und im Ober-Vinschgau.
Monitoring
Seit 2019 seien 100 Pheromonfallen zur Überwachung ausgelegt worden, Satellitendaten würden bei der Risikoabschätzung helfen. Die Entwicklung des Borkenkäfers sei bereits seit dem verheerenden Sturmtief Vaia voraussehbar gewesen. Es sei dazu eine interne Steuerungsgruppe geschaffen worden, um Handlungsweisen zu definieren; in diesem Rahmen gebe es auch fachlichen Austausch mit Expert:innen im In- und Ausland.
Begünstigende Faktoren
Die Durchschnittstemperatur habe sich gegenüber den Vorjahren um 1,6 bis 2,5 Grad erhöht, was die Ausbreitung begünstige. Man werde weiter mit einer Temperaturerhöhung rechnen müssen, mit einer Veränderung der Niederschlagsverteilung und einer erhöhten Häufigkeit von Extremerwettereignissen. Um sich darauf vorzubereiten, sollen der Wissensaustausch fortgesetzt und auch forstinterne Maßnahmen getroffen werden: Kartierung der befallenen Flächen, Priorisierung der Maßnahmen, Festlegung der Schadholzprämien. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit den Waldeigentümern verbessert und mit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit sensibilisiert werden.
Oft werde die Fichte als Ursache des Problems genannt, aber sie sei der Urbaum Südtirols, sie habe hier gute Bedingungen, sie werde auch in Zukunft eine wichtige Rolle einnehmen. Nach Vaia seien rund 1.000 Hektar Wald aufgeforstet worden, mit Schwerpunkt auf den Schutzwald. Man denke auch als kurzfristige Maßnahme an Vorwälder mit Birken u.a., bis zur Regenerierung des Waldes dahinter, aber auch an temporäre Verbauungen.
Die zeitnahe Entnahme von Schadholz sei die wichtigste Maßnahme, erklärte Günther Unterthiner. Aber nach den Extremereignissen der letzten Jahre sei es, auch wegen der Schutzfunktion, schwierig, das Schadholz flächendeckend zu verräumen. Man sei auch nicht für eine solche Menge gewappnet gewesen. Das befallene Holz müsse möglichst rasch aus dem Wald heraus. Dafür biete man den Eigentümern Prämien. Auch für die dazu nötigen Forstwege gebe es Geld. Das Beste für den Wald sei laut Unterthiner eine aktive Bewirtschaftung, die zur Erhaltung der Biodiversität möglichst naturnah sein müsse.
Holz für die Fernwärme
Der Bedarf der Fernheizwerke an Energieholz – 700.000 Kubikmeter – übersteige die Möglichkeiten des Südtiroler Waldbestandes. Es ginge nur, wenn alle 23.000 Waldbesitzer mitmachen würden. Das Energieholz sollte eigentlich ein Abfallprodukt sein, eine Nische.
Viele Fernheizwerke hätten langfristige Verträge, einige seien mit ihrem Preisangebot so stark zurückgegangen, dass es nicht mehr vertretbar sei. Man sollte den Rahmenvertrag für Biomasse dementsprechend erneuern. Die Forstbeamten würden jede Situation einzeln bewerten, und manchmal seien Eigentümer- und Allgemeininteresse nicht deckungsgleich. Manchmal sei es kontraproduktiv, einen befallenen Baum zu fällen: Wenn der Baum schon braun sei, sei der Käfer schon ausgeflogen und man gehe beim Fällen höchstens noch gegen seine Kontrahenten vor.
Sekundärer Schädling
Alessandro Andriolo, Experte im Amt für Forstplanung, gab bei der Anhörung eine Einführung zum Borkenkäfer, der auch „Buchdrucker” genannt wird. Er befalle in der Regel nur die erwachsene Fichte, bilde ein bis drei Generationen im Jahr, habe einen starken Mundapparat, aber keine besonders gute Flugfähigkeit. Seine Schwächen: Er braucht die Fichte, geht in Winterschlaf, ist kurzlebig, kein guter Flieger, hat nur einen rudimentären Verdauungsapparat. Seine Stärken: rasche Vermehrung, überlebt harte Temperaturen, lebt die meiste Zeit geschützt, ist robust gebaut. Der Buchdrucker wäre eigentlich kein gefährlicher Schädling, er gilt als sekundärer Schädling, d. h. er befällt in der Regel nur abgeschwächte oder liegende, noch frische Fichten.
Stressfaktoren, die die Fichte dem Befall aussetzen können, sind z. B. Trockenstress, primäre Schädlinge und direkte Sonneneinstrahlung nach einem Unwetterereignis („Randbäume“). Ein Problem entsteht vor allem, wenn es viel Schadholz gibt, das nicht weggebracht wird. Dann kann der Borkenkäfer aufgrund seiner Vermehrung auch gesunde Bäume angreifen.
Abschließend stellten die Abgeordneten – gekommen waren neben Franz Locher, Manfred Vallazza, Peter Faistnauer, Helmut Tauber, Magdalena Amhof, Hanspeter Staffler und Andreas Leiter Reber – Detailfragen an die Experten und den Bauernbundobmann. Die nächste Anhörung zum Borkenkäfer mit Expert:innen aus dem Ausland findet am 23. November im Landtag statt.
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Politiker und Experten werden
Politiker und Experten werden auch am 23. November keine brauchbare Lösung für den Borkenkäfer-Befall finden.
Da bleibt nur die Hoffnung, dass wie bei Inskten durchaus möglich,
nach einem außergewöhnlich Befall, die nachfolgenden Generationen kaum Schäden anrichten.
Den Borkenkäfer wird's freuen
Den Borkenkäfer wird's freuen, wenn man über ihn redet und redet und redet, wenn ein Monitoring über ihn macht, wenn man Anhörungen organisiert, wenn man eine Steuerungstruppe einrichtet ... aber am Ende nix Konkretes unternimmt.
In risposta a Den Borkenkäfer wird's freuen di G. P.
Da gegen den Borkenkäfer die
Da gegen den Borkenkäfer die gegen andere unerwünschte Insekten sehr leichtferttig eingesetzte Chemiedusche nicht anwendbar ist, bleibt den politischen ... nur das Reden + Reden + Reden und eben die Hoffnung, dass nach einem "Heuschecken-artigen-Überfall," die Natur die Lebenstüchtigkeit des Borkenkäfers auf ein nieder-schwelliges Ausmaß senkt.
Die Klimakrise hat Südtirol
Die Klimakrise hat Südtirol erreicht: Treibhausgase in der Atmosphäre verursachen Erderhitzung, Erderhitzung verursacht Wetterkapriolen, Wetterkapriolen verursachen gestresste Wälder. Vor allem unsere Fichtenwälder sind enormen Stressfaktoren ausgesetzt, es kommen schwere Zeiten auf sie zu. Mit viel Geld und Einsatz lassen sich die Symptome zwar lindern, die Ursache jedoch bleibt bestehen. Daher Doppelstrategie: 1. Maßnahmenpaket wie von der Forstbehörde vorgeschlagen und 2. THG-Ausstoß aller Sektoren sofort und drastisch verringern.