Ambiente | Abfallwirtschaft

Müllverbrennungsofen: Wo bleibt das Futter?

Ist Südtirols Abfallbewirtschaftungskonzept gescheitert? Nein, sagt zumindest Ecocenter-Präsident Stefano Fattor. Klar ist, dass es derzeit gewaltig auf den Kopf gestellt wird.

Es ist nicht nur der Störfall, der den Müllverbrennungsofen derzeit zum sprichwörtlichen  Dauerbrenner macht. Parallel zu schädlichen Emissionen und fehlerhaftem Krisenmanagement wird immer offener eingeräumt, dass der neue Ofen zu wenig Müll bekommt – ob von Bozens Umweltstadträtin Patrizia Trincanato oder  Ecocenter-Präsident Stefano Fattor. Der hatte bereits zu Wochenbeginn bei einem Treffen mit der SVP-Fraktion wegen zu geringer Müllmengen Alarm geschlagen und Lösungen zu zusätzlichen Brennstoffen wie Plastik und Klärschlamm auf den Tisch gelegt. Ein gefundenes Fressen für die Kritiker des Prestige-Projekts: „Bereits wenige Monate nach Inbetriebnahme bewahrheiten sich nun jene Kritikpunkte, die immer wieder präsentiert wurden“, reagiert der Dachverband für Natur und Umweltschutz prompt auf die neuen Entwicklungen. Angesichts der nun bestätigten Überkapazitäten des Ofens sei mehr als evident, dass die gesamte Planung der Abfallbewirtschaftung in Südtirol grandios gescheitert sei.

So weit geht Ecocenter-Präsident Fattor freilich nicht. Überdimensioniert wäre der Ofen in seiner ursprünglich geplanten Kapazität von 150.000 Tonnen gewesen, meint er. Dass man derzeit mit 130.000 Tonnen dennoch über den angelieferten Müllmengen liege, hat laut Fattor stark mit der Wirtschaftskrise und dem damit verbundenen Rückgang der Müllmenge zu tun. Deutlicher als zuvor spricht der Ecocenter-Präsident aber auch aus, dass der Entschluss des Bozner Gemeinderats nun auch Plastik als Wertstoff zu sammeln, die Pläne für die Müllverbrennungsanlage durchkreuzt hat. Denn was eigentlich als Restmüll - und guter Brennstoff - im Bozner Ofen landen sollte, wird nun in den blauen Glocken entsorgt. Dort habe sich aber nicht nur die Menge an Plastik, sondern auch die Unreinheiten  verdoppelt – also all jene Kunststoffe, für das es keine Recyclingschiene gibt, sagt der Ecocenter-Präsident. Darunter Materialien wie Joghurtbecher, Plastiksäcke- oder folien, die ausdrücklich als Wertstoff zugelassen wurden. Doch statt recycelt zu werden, werden diese auf dem freien Markt verkauft und thermisch verwertet – oder konkreter gesagt, derzeit in einem Verbrennungsofen im oberösterreichischen Wels verbrannt.

Kaufen wir uns Plastik zurück!

Die Lösung, die Stefano Fattor nun auf den Tisch gelegt hatte: „Nachdem das Landesgesetz den Import von Müll verbietet, hören wir auf, Müll zu exportieren“. Sprich: Es gilt, rund 8000 Tonnen an Plastik für den Verbrennungsofen zurückzugewinnen, der nun jährlich nach Österreich geht. Der einzige gesetzliche Weg dorthin? Bozen muss dafür einen besseren Preis bieten als es derzeit die Welser tun. Allein damit könnte die Auslastung des Ofens von derzeit etwas über 70 Prozent auf gut 80 Prozent gesteigert werden. Für die restlichen 20 Prozent schlägt Fattor die Verwendung von Biomasse vor. Neben Holz kommt dafür vor allem Klärschlamm in Frage. Dieser wird seit einer Gesetzreform im vergangenen Februar in Italien nicht mehr als Müll, sondern als Brennstoff gehandhabt. Für Stefano Fattor ein Grund mehr, um den Abfallbewirtschaftungsplan in diesem Punkt über den Haufen zu werfen – und den Klärschlamm statt in einer geplanten Anlage in Tramin in Bozen zu trocknen und zu verbrennen.

Während Landeshauptmann Luis Durnwalder entsprechende Gespräche bestätigt, stellt sich in Bozen zumindest Stadträtin Trincanato quer: „Wir Bozner haben unsere Aufgabe erfüllt, jetzt sind andere daran“, meint sie in der Donnerstag-Ausgabe der Dolomiten. Etwas gemäßigter gibt sich dort Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser. Er fordert zuerst eine Klärung, ob bei der Verbrennung des Schlamms keine gefährlichen Substanzen entstehen. Noch davor sollte aber eine weitere Ursache der zu geringen Müllmengen angegangen werden: die Mülllieferungen der Bezirksgemeinschaften Vinschgau und dem Pustertal, die aus logistischen Gründen immer noch ausständig seien.