Società | Gastbeitrag

"Verunsicherung und Unfrieden"

Der Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren Gerhard Ruiss geht mit der österreichischen Regierung in Sachen Doppelpass hart ins Gericht.
Ruiss, Gerhard
Foto: futurezone.at
Wir können nicht glauben, dass die Österreichische Bundesregierung nicht weiß, wie sich ihre derzeitige Südtirol-Politik auf das Klima in Südtirol und auf die Beziehungen zu und mit Südtirol auswirkt, auch auf unsere.
Ob man für mehr Gleichstellung eintritt und dabei sogar so weit geht, einen bevorzugten Zugang zu einer zweiten Staatsbürgerschaft einzuräumen, ist eine Sache, ob man sich dabei aber über die Südtiroler Interessen hinwegsetzt, ist eine ganz und gar inakzeptable andere. Südtirol hat nicht seine Autonomie erhalten, um von der Republik Österreich mitregiert zu werden. Südtirol vertritt sich selbst. 
Die österreichische Regierungslinie dient nur rechten, nationalistischen Parteien und Strömungen in Südtirol, Österreich und Italien, um für ihre Politik Stimmung zu machen.
Die Republik Österreich missversteht ihre „Schutzmacht“-Rolle gegenüber Südtirol gründlich, Österreich kommt nur eine Unterstützungsaufgabe zu, und zwar in allen Angelegenheiten, in denen die Südtiroler Landesregierung Unterstützung sucht und braucht. Das war beim Doppel-Staatsbürgerschafts-Beschluss der Österreichischen Bundesregierung definitiv nicht der Fall. Dieser Beschluss wurde der Südtiroler Landesregierung von der Österreichischen Regierung vor die Nase gesetzt.
Schon gar nicht werden die Südtiroler Interessen durch den „Südtiroler Heimatbund“ mit seiner Web-Adresse www.suedtiroler-freiheitskampf.net vertreten, der derzeit mit „Süd-Tirol-Dankt“-Plakaten in Wien die Haltung Südtirols in der Doppel-Staatsbürgerschafts-Frage verfälscht. 
 
Wenn der „Südtiroler Heimatbund“ seinem „Vaterland“ Österreich für den bald schon möglichen österreichischen Pass, wie es auf seinen „Süd-Tirol-Dankt“-Plakaten heisst, danken möchte, so soll er das, er kann es nur nicht im Namen seines Landes tun. Es ist auch gar nicht klar, was der Südtiroler Heimatbund damit wirklich meint. Sollen die Südtiroler/innen dann nur mehr den Pass ihres „Vaterlandes“ Österreich und die österreichische Staatsbürgerschaft haben und den italienischen Pass zurückgeben oder sollen sie den italienischen Pass und die italienische Staatsbürgerschaft dann trotzdem noch behalten, obwohl sie den Pass „ihres Vaterlandes“ zurückbekommen haben?
Die Österreichische Bundesregierung ist aufgefordert, statt den Nährboden für Stimmungs-Machereien dieser Art aufzubereiten, umgehend das Gespräch mit der Südtiroler Landesregierung zu suchen und deren Standpunkte zu kommunizieren sowie alle weiteren Gespräche aller Regierungsmitglieder mit nicht regierenden Vertretern aus Südtirol einzustellen. 
Die Österreichische Bundesregierung ist aufgefordert, statt den Nährboden für Stimmungs-Machereien dieser Art aufzubereiten, umgehend das Gespräch mit der Südtiroler Landesregierung zu suchen und deren Standpunkte zu kommunizieren.
Die Österreichische Bundesregierung kann jederzeit zusätzliche Gleichstellungsmaßnahmen für Südtiroler/innen in Angriff nehmen, wie sie in der Kunst und Kultur ohnehin gang und gäbe sind, und sich die Kunst- und Kulturbeziehungen zum Vorbild für den weiteren Ausbau eines ungehinderten Zugangs von Südtiroler/inne/n auf allen Gebieten und zu allen Einrichtungen in Österreich nehmen. Die IG Autorinnen Autoren hat schon seit Jahrzehnten einen Gleichstellungsparagraphen in ihrer Geschäftsordnung, der nicht die Staatszugehörigkeit zum Kriterium macht, sondern Geburts-, Lebens- und Arbeitsorte sowie historische Gemeinsamkeiten zum Ausgangspunkt nimmt.
Die IG Autorinnen Autoren hat schon seit Jahrzehnten einen Gleichstellungsparagraphen in ihrer Geschäftsordnung, der nicht die Staatszugehörigkeit zum Kriterium macht, sondern Geburts-, Lebens- und Arbeitsorte sowie historische Gemeinsamkeiten zum Ausgangspunkt nimmt.
Die derzeitige österreichische Regierungslinie stiftet in und für Südtirol nur Verunsicherung und Unfrieden. Sie dient nur rechten bzw. nationalistischen Parteien und Strömungen in Südtirol, Österreich und Italien, um für ihre Politik Stimmung zu machen.
 
 

Es ist schon erstaunlich, mit welchem enormen Maß an Unkenntnis sich Personen wie dieser Herr Gerhard Ruiss in eine Diskussion einmischen, in der sie infolge ihrer manifestierten Unwissenheit nichts verloren haben. Die Willensbekundung für den Doppelpass an die Südtiroler wurde nicht "der Südtiroler Landesregierung von der Österreichischen Regierung vor die Nase gesetzt", wie dieser Herr Ruiss behauptet. Tatsächlich haben ÖVP und FPÖ das Vorhaben des Doppelpasses in ihr Koalitionsprogramm aufgenommen, weil sie seit vielen Jahren aus Südtirol dazu gedrängt wurden, zuletzt von einer Mehrheit des Landtages. Es war ja die Südtiroler Regierungspartei SVP, die diesen Wunsch in Wien deponiert und immer wieder urgiert hat. Vielleicht könnte Herr Ruiss seinen Horizont einmal etwas erweitern und gar bis nach Brasilien blicken. Dort haben Tausende von brasilianischen Staatsbürgern auch den österreichischen Pass. Anstatt gegen den österreichischen Pass für die Südtiroler Stimmung zu machen, wäre Herr Ruiss gut beraten, wenn er sich dafür einsetzen würde, dass auch die Kärntner Slowenen einen slowenischen Passe erhalten können, so wie es für die slowenische Minderheit in Italien selbstverständlich ist. Und wenn er noch etwas mehr über seinen Schatten springen könnte, dann könnte er sich vielleicht sogar für seine Landsleute in Slowenien einsetzen - aber das wird wohl zu viel verlangt sein.

Lun, 01/22/2018 - 20:54 Collegamento permanente

Es gibt nicht nur die Gottscheer als deutschsprachige Altösterreicher in Slowenien. So hat z.B. der Kulturverein deutschsprachiger Jugend Laibach (Kulturno društvo nemško govoreče mladine) sich darüber beklagt, dass zwar die Südtiroler den österreichischen Pass erhalten sollen(was man ihnen durchaus gönnt), die deutschsprachige Minderheit in Slowenien aber wieder einmal vergessen wurde.

Mar, 01/23/2018 - 10:20 Collegamento permanente