Società | Salto wird 1 Jahr alt

Copy and paste und die Kunst des Verlinkens

Eine intuitive Betrachtungsreise durch das Salto-Jahr: von Schüben und Flauten, von Lesern die gefunden werden wollen und vom ganz speziellen salto-Traum.

Revue passieren lassen, ein Salto Jahr, DAS Salto-Jahr. Das geht auf keinen Fall chronologisch, sondern sprunghaft, Nomen est Omen. Ich habe den Eindruck, wir haben uns in großen Schüben durch das letzte Jahr bewegt. Kräftig war der Anfangspuscher vom 22. März, unser Auftakt, unser Online-Gang, der Start ins Abenteuer. Eine zwischen Euphorie und Bangigkeit vor der eigenen Courage schwankende Truppe von Redakteuren und Herausgebern legte los mit dem Plan, guten, kritischen und zweisprachigen Journalismus machen zu wollen.

Drei-De-Reportagen

Damals peilte ich noch recht ernsthaft Online-Träume von multimedialen Reportagen à la Zeit.de und Spiegel Online an, die Königsdisziplin sozusagen. Bald war klar, dass sich die Arbeit bei Salto in eine andere Richtung zu konsolidieren hatte. Wer grad geboren ist, muss krabbeln und gehen lernen (Windelduft!) und dann erst wird getanzt, aber meine Video-Foto-Text-Geschichte mit Drei-De-Feeling wird noch kommen!

Alles was mir im Zusammenhang mit dem letzten Jahr ein- und auffällt, hat mit den speziellen Charakteristiken des Online-Journalismus zu tun. Den ich bis dato als Produzierende nicht kannte. Ich war spezialisiert für Hörfunk und Fernsehen und hatte den Eindruck, recht zügig arbeiten zu können. Doch was „schnell“ bedeutet, zeigte mir der Desk-Dienst von salto. Meldungen in Echtzeit zu produzieren, einen scoop schneller zu landen als die Konkurrenz, bekommt auf „online“ nochmal eine andere Bedeutung. Wie waren wir aufgeregt, als sich spätabends ein Kontakt zu entführten italienischen Journalisten in Syrien herstellen ließ und unsere Redaktion via facebook darüber verhandelte, wie wir die Nachricht bringen sollten. Nebenbei: Als Online-Redaktion ist es schon mal unwichtig, von welchem Ort aus man schreibt, bzw. wo sich die einzelnen Redakteure aufhalten, die Konferenz kann trotzdem stattfinden. Geht alles digital.

Zu den Schüben: Ein erstes Crescendo gab es bis zu Sommerbeginn hin – wer macht wann was, war vor allem die organisatorische Herausforderung, die kreative stets dieselbe. Erstaunt war ich trotzdem, dass mein Bericht über den Vogeldiebstahl in Südtirol gut ankam, ein Thema das ich bis dahin völlig unbeachtet gelassen hatte. Was ich sagen will: Es war am Anfang kaum einschätzbar, worauf unsere Leser anspringen, was sie liken oder eben nicht. Der Sommer war das was er in vielen Redaktionen ist, Zeit für Experimente und Saure Gurken, und bereits ab September liefen wir uns warm für die Wahlen im Oktober. Diese Zeit war chaotisch, anstrengend und befriedigend was die Leserzahlen anging. Google-Analytics hatte uns mittlerweile fest im Griff.

Copy and paste und die Kunst des Verlinkens

Das sind die einzigen Tasten, die ein Online-Redakteur kennen muss, sagen bösmeinende Zeitgenossen, die Texteinstellen mit Abschreiben verwechseln.  "Copy+paste" ist jedoch das Instrument des Onlinetextens schlechthin ist, so wie im Hörfunk das Mikrofon und im Fernsehen die Kamera. Texte, Bilder und Videos müssen irgendwie rein in den großen Datenstrom, müssen betitelt und hervorgehoben, unterstrichen und – ganz wichtig verlinkt werden. Die große Kunst des Verlinkens. Auch das eröffnete neue Welten, schließlich will der Text zum Leser, ein Online-Text muss den Leser quasi aufspüren. Im Lauf der Zeit lernten wir unsere „user“ kennen, wussten wo sie virtuell zu finden sind und legten unsere Artikel wie die Appetithäppchen in den Diskussionsforen aus. Das klappt mittlerweile ganz gut.

Und: Am Online-Journalismus kann die ganze Familie teilhaben. Wenn ich wiedermal stirnrunzelnd dasaß, dann kam garantiert die Frage meiner Tocher: „Geht es salto gut?“ Immer wieder gab ich Salto-Rapport, ob an Familie, Freunde, Verwandte und Bekannte, alle waren neugierig, wie es uns geht und „ob wir es schaffen.“

Und? Schaffen wir es? Der Enthusiasmus ist nicht weniger geworden, die Einschätzung realistischer und die Hoffnung auf eine große multimediale 3-D Reportage nicht aufgegeben.