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Der finale Rettungsschuss

Das Imperium schlägt zurück. Die Hintergründe des Frontalangriffs auf den Meraner Bürgermeister-Kandidaten Paul Rösch.

Wenn es ernst wird, dann werden die Messer gezückt. Diese Erfahrung muss Paul Rösch derzeit machen. Die Tageszeitung hat am Freitag eine angebliche Affäre des Meraner Bürgermeister-Kandidaten ausgegraben. Röschs Vergehen: Er hätte vor 15 Jahren seinem Schwiegervater einen lukrativen Mietvertrag des Touriseums zugeschanzt.
Es ist vielleicht eine Ungeschicklichkeit. Affäre ist es aber keine. Zum einen war im Jahr 2000 die Mietsituation noch völlig anders und es war schwer, größere Lagerräume zu finden, zum anderen hat Rösch den Mietvertrag nur vorgeschlagen. Die Entscheidung wurde aber von seinem damaligen Vorgesetzten getroffen, der auch den Vertrag unterzeichnet hat. Das war Siegfried De Rachewiltz und bei der Erneuerung des Mietvertrages 2010 Othmar Partelli.
Vor allem aber dürfte das Land durch den Deal – wenn schon – Geld gespart und nicht verschwendet haben.

Der Frontalangriff

Der Frontalangriff auf der Titelseite der Tageszeitung zwei Tage vor der entscheidenden Stichwahl ist aber kein Zufall. Er ist perfekt getimt. Nach der IMU-Enthüllung durch salto.bz ist der SVP-Kandidat Gerhard Gruber in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Deshalb sucht man in Meraner SVP-Kreisen seit Wochen verzweifelt und gezielt nach Belastungsmaterial gegen Rösch.


Paul Rösch: SVP Suche nach belastendem Material

Zuerst recherchierte man eine angebliche Verfehlung des verstorbenen Vaters von Paul Rösch. Sie sollte diese Woche über den „Alto Adige“ lanciert und dann von den Dolomiten übernommen werden. Die Sippenhaft war dann aber doch ein bisschen zu weit hergeholt und die beiden großen Zeitungen einigten sich, in den Tagen vor der Stichwahl keine „Schlammschlacht“ auszutragen.
Dolomiten-Chef Toni Ebner glänzte bei der Podiumsdiskussion im Meraner Stadttheater durch echte Ausgewogenheit und auch die Berichterstattung des Tagblattes der Südtiroler wird selbst von kritischen Beobachtern als überaus neutral und fair bewertet.

Der Mietvertrag

Weil Paul Rösch in der Meraner Wählergunst aber äußerst gut liegt, wollten gewisse SVP-Kreise ihn unbedingt noch vor der Stichwahl schädigen. Das Vehikel dafür soll die Tageszeitung sein. Chefredakteur Artur Oberhofer gräbt am Mittwoch eine Parkplatzstory über den grünen Gemeinderat Kurt Duschek aus und knallt am Freitag dann „Die Rösch Affäre“ auf das Titelblatt. Es ist ein perfektes Timing. Zwei Tage vor der Wahl, soll es der finale Rettungsschuss für Gruber sein.
Oberhofer hat dabei den inkriminierten Mietvertrag in den Händen. Genau dieser Vertrag war zwei Tage zuvor bei der Leitung der Abteilung Museen im Meraner Touriseum angefordert und von dort nach Bozen geschickt worden.
Natürlich nur ein Zufall. Und ein Schelm, wer so Böses denkt, dass es hier so etwas wie amtliche Wahlhilfe für Gerhard Gruber gegeben hätte.

Genau dieser Vertrag war zwei Tage zuvor bei der Leitung der Abteilung Museen im Meraner Touriseum angefordert worden und von dort nach Bozen geschickt worden.

Grubers IMU

Dass manche SVP-Kreise so aufgeschreckt reagieren und über die Tageszeitung eine Anti-Rösch-Kampagne lancieren, liegt vor allem an den Problemen, die der Meraner SVP-Spitzenkandidat Gerhard Gruber derzeit hat. Die salto.bz-Enthüllung über Grubers Wohnsitz wurde von keinem einzigen Südtiroler Medium übernommen. Auch die jetzt so enthüllungsfreudige Tageszeitung fand die Geschichte keine Zeile wert. Doch die IMU- und Wohnungsgeschichte hat in Meran hohe Wellen geschlagen.
So fühlte sich Gerhard Gruber in den vergangenen Tagen in den großen Zeitungen bemüßigt, etwas richtig zu stellen, was dort nie geschrieben wurde. Zuerst berichtete der „Alto Adige“ über eine „campagna di fango“ und Anfang dieser Woche durfte der SVP-Bürgermeister dann in einem großen Dolomiten-Interview über die „Diffamierungskampagne im Internet und in den sozialen Netzwerken“ reüssieren.

Die Anzeige

Der verzweifelte Versuch, Gruber vor der Stichwahl medienwirksam reinzuwaschen, gründet auch darin, dass der SVP-Politiker lange Zeit die Risiken seiner Situation unterschätzt hat. Über 5 Jahre wohnt eine Familie in seiner Wohnung ohne Mietvertrag. Als Gerhard Gruber sich entscheidet, bei den SVP-Vorwahlen zum Bürgermeisterkandidaten anzutreten, schließt er am 12. Jänner 2015 mit den Mietern einen offiziellen Mietvertrag ab.
Alle Unterlagen zur Kandidaturannahme unterschreibt der SVP-Kandidat aber mit seinem Wohnsitz in der inzwischen offiziell vermieteten Wohnung. Weil das rein rechtlich aber nicht geht und in Meran erste Gerüchte aufkommen, wechselt Gerhard Gruber dann am 7. April 2015 im Meraner Meldeamt offiziell seinen Wohnsitz.
Am 28. April 2015 enthüllt salto.bz Grubers Wohnsitzgeschichte, die Wohnung ohne Mietvertrag und die nicht gezahlte IMU. „Ich werde alles nachzahlen“, sagt der SVP-Spitzenkandidat damals.

Gerhard Gruber: Anzeige bei der Finanzwache.

Doch in den Wochen danach wurden die Stimmen über Grubers schwarz vermietete Wohnung in Meran immer lauter. Deshalb muss der SVP-Politiker unbedingt noch vor den Stichwahlen reagieren. „Ich habe jeden Euro versteuert“, titelt die Dolomiten das Gruber-Interview. Der Wochenzeitung FF legt der Meraner SVP-Kandidat diese Woche sogar die Steuererklärung 2014 vor. Darin enthalten: 9.120 Euro an Mieteinnahmen für jene Wohnung, die seit 2009 an eine Familie vermietet ist und in der Gruber bis vor sechs Wochen seinen offiziellen Wohnsitz hatte.
Doch so – wie Gruber glaubhaft macht - stimmt das nicht.
Nach Informationen von salto.bz sucht Grubers Steuerberater am 30. April 2015 – also genau zwei Tage nach der salto-Enthüllung - beim Steueramt um eine „Integrazione“ für die Steuererklärung 2013 an. Das ist möglich. Man kann damit innerhalb eines Jahres seine Steuererklärung nachträglich ergänzen oder richtigstellen. Gruber ergänzte Mieteinnahmen von 9.120 Euro für jene Wohnung, in der die Familie wohnt. Dasselbe erklärt der Meraner Bürgermeisterkandidat auch in der Steuererklärung 2014, die er dann der FF vorlegt, um die Berichterstattung zu seinen Gunsten zu drehen.

In den vergangenen Tagen wurde eine detaillierte Anzeige bei der Meraner Finanzwache gegen Gruber hinterlegt.

Wie er rund 800 Euro monatlich ohne Mietvertrag kassieren konnte, diese Antwort blieb Gerhard Gruber aber bisher schuldig. Vor allem aber steht in Grubers Steuererklärungen von 2009 bis 2012 kein Euro von diesen Mieteinnahmen.
Unabhängig davon, ob Gerhard Gruber am Sonntag die Stichwahlen gewinnt oder nicht, der SVP-Bürgermeisterkandidat wird diese Antwort demnächst geben müssen. Denn in den vergangenen Tagen wurde eine detaillierte Anzeige bei der Meraner Finanzwache gegen Gruber hinterlegt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Spätestens bei dieser Klärung wird Gerhard Gruber aber ein Angriff auf den Konkurrenten Paul Rösch nicht mehr helfen.