Politica | Sanität

Die Rettung ist da

Zwei Geburtenstationen im Trentino, die unter 500 Geburten im Jahr verzeichnen, dürfen offen bleiben. Rom hat die Ausnahmeregelung genehmigt. Und was ist mit Südtirol?

“Jene, die in den vergangenen Monaten eine Schließung der Geburtenstationen rein aufgrund der zu niedrigen Geburtenanzahl prophezeit haben, wurden Lügen gestraft.” Es ist wohl vor allem dem politischen Willen und Einsatz der Trentiner Politik in Rom zu verdanken, dass Luca Zeni am Mittwoch Abend diese Zeilen schreiben kann. Mit Genugtuung nimmt der Trentiner Gesundheitslandesrat die Nachricht auf, die ihn und Landeshauptmann Ugo Rossi kurz vorher erreicht hat: Die Geburtenstationen in Cles und Cavalese sind gesichert. Nach monatelangem Bangen hat das Comitato percorso nascita nazionale ein positives Gutachten für den Fortbestand der Geburtenabteilungen an den beiden Kleinkrankenhäusern abgegeben. Das Komitee hatte den Auftrag, die Ansuchen der italienischen Regionen und Autonomen Provinzen zu überprüfen, mit denen diese um eine Ausnahmeregelung für kleine Krankenhäusern in Berggebieten ansuchen konnten. Ermöglicht wurde dieser Vorgang von einem Dekret, das Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin am 11. November 2015 unterzeichnete.


Besonderheiten der Berggebiete anerkannt

Ursprünglich wollte die Regierung Renzi keinerlei Ausnahmen zulassen und alle Geburtenabteilungen mit weniger als 500 Geburten im Jahr schließen. Im August vergangenen Jahres dann die Wende: Schaffen es Regionen und Provinzen mit spärlich besiedelten Berggebieten Rom davon zu überzeugen, dass auch Geburtenstationen mit weniger als 500 Geburten jährlich wirtschaftlich arbeiten und imstande sind, die Qualitäts- und Sicherheitsstandards einzuhalten, die die Staat-Regionen-Konferenz am 16. Dezember 2010 festgelegt hat, sollen auch diese offen bleiben können. Seither haben sich Parlamentarier, Landeshauptleute und Gesundheitslandesräte in Rom – Südtirol und Trentino gemeinsam – dafür eingesetzt, die insgesamt sechs kleinen Geburtenstationen (Schlanders und Sterzing in Südtirol, Arco, Cavalese, Cles und Tione im Trentino) zu retten. Wie ernst es insbesondere den Trentinern mit der Offenhaltung zu sein schien, bewies nicht zuletzt das Misstrauensvotum des Landtags gegen die damalige Gesundheitslandesrätin Donata Borgonovo Re Ende Juli 2015.

Der Trentiner Gesundheitslandesrat Luca Zeni. Foto: lucazeni.it

Und der Einsatz hat sich offensichtlich gelohnt. Zumindest für das Trentino und zumindest für zwei der vier von der Schließung bedrohten Geburtenstationen. Dass Tione geschlossen wird, stand bereits im April fest. Doch auch Arco hat es nicht geschafft. “Aus der Begründung des Comitato punti nascite geht hervor, dass die orographischen Gegebenheiten in der Gegend dort als weniger nachteilhaft als in Cles und Cavalese bewertet wurden”, weiß Luca Zeni. Arco war wohl also einfach nicht “bergig” genug. Abgesehen davon zeigen sich Gesundheitslandesrat und Landeshauptmann mehr als zufrieden: “Wenn wir bedenken, dass anfänglich die Schließung sämtlicher Geburtenstationen mit weniger als 500 Geburten im Jahr im Raum stand, so ist die Ausnahmeregelung für Cles und Cavalese ein Beweis dafür, wie wertvoll unsere Arbeit und unsere Argumente der letzten Monate gewesen sind.”


Nach dem Ok auch das Go

Doch mit der Ausnahmegenehmigung allein ist es noch nicht getan. Ob die Geburtenstationen, auch wenn in Rom gesichert, tatsächlich weiter bestehen werden, hängt vom Willen der zuständigen Politiker ab. Für Rossi und Zeni bestehen keine Zweifel. Sie fühlen sich verpflichtet, das Erreichte zu Ende zu führen: “Die Ausnahmeregelung, die wir erhalten haben, ist eine Anerkennung der Qualität unseres Gesundheitssystem und somit der besonderen Aufmerksamkeit, die wir auf die Aufrechterhaltung der Dienste und Ressourcen vor Ort legen. Diese Anerkennung werden wir in konkrete Bemühungen umwandeln, die für die Offenhaltung notwendigen Standards zu gewährleisten.”

Das Krankenhaus von Cles. Foto: Provinz Trient

Vorderste Priorität räumen Gesundheitslandesrat und Landeshauptmann der Wiederherstellung der “vollen Operativität” der beiden Geburtenstationen ein. Sprich, sie wollen sich darum kümmern, dass der im Abkommen der Staat-Regionen-Konferenz vorgeschriebene 24-Stunden-Aktiv-Dienst von Gynäkologen, Anästhesisten, Pädiatern und Hebammen garantiert ist. Weil auch das Trentino vom Fachärzte-Mangel nicht verschont geblieben ist, ruft Zeni daher die Bezirksgemeinschaften zur Zusammenarbeit auf: “Invito i territori a  proseguire e attivare quelle iniziative di contesto che possono aumentare l'attrattività degli ospedali periferici quali contesti lavorativi capaci di offrire un'alta qualità della vita.


Und was ist mit Südtirol?

Der Weg, den die Trentiner einschlagen wollen, scheint glasklar. Wohin aber führt jener der beiden Südtiroler Geburtenstationen? Offiziell schweigen Gesundheitslandesrätin Martha Stocker und Landeshauptmann Arno Kompatscher noch. Angesichts der engen Zusammenarbeit, die es seit jeher zwischen Bozen und Trient gegeben hat, kann aber davon ausgegangen werden, dass Rom auch in den Fällen Sterzing und Schlanders bereits entschieden hat. Laut letzten Indiskretionen dürfte es dabei für beide nicht schlecht aussehen. Doch hängt die effektive Offenhaltung wie auch im Trentino schlussendlich vom politischen Willen der Landesregierung ab – und davon, ob genügend Personal gefunden wird, um den 24-Stunden-Dienst zu garantieren. “In ein paar Tagen” soll die endgültige Entscheidung getroffen werden, hatte Kompatscher am Dienstag im Rahmen jener Pressekonferenz angekündigt, bei der er von einer künftigen “Stärkung der peripheren Krankenhäuser” sprach. Ein erster Schritt dazu wurde mit der Entscheidung, eine Reihe von Grundversorgungsleistungen an allen sieben Krankenhäusern in Südtirol zu garantieren, just am Dienstag gesetzt.