Politica | Moderne Plagen

Was tun gegen den Motorradlärm?

Um der Verlärmung unserer Täler durch Motorräder zu begegnen, genügen nicht bloß mehr Polizeikontrollen. Die Politik ist gefragt, Lärmemissionsgrenzen zu verschärfen.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Motorradfahrer
Foto: upi

Südtirol ist nicht die einzige Alpenregion, die unter Lärmbelastung durch Motorräder leidet, aber in besonderem Maß, weil wir von den Ballungszentren in Norditalien und Süddeutschland so gut und schnell erreichbar sind und die gut ausgebaute Infrastruktur fast immer mautfrei und rund um die Uhr genutzt werden kann. Die Lärmverschmutzung betrifft vor allem Täler mit attraktiven Passstraßen, von welchen manche sogar vom Land Südtirol aktiv beworben werden wie die Timmelsjochstraße und demnächst auch das Stilfserjoch nach erfolgter „Aufwertung“. Manche Passstraßen wie der Mendelpass verwandeln sich an den Wochenenden in Motodrome mit unerträglichem Lärmpegel. Darunter leiden in den Tälern nicht nur die Anrainer, weil sich der Motorradlärm kilometerweit ausdehnt. Doch langsam wird es der Bevölkerung zu viel und „bikers aren’t anymore welcome“.

Der Sarner Bürgermeister Reichsigl plädierte soeben (RAI Südtirol) für eine Bemautung und vielleicht eine zeitliche Beschränkung der Durchfahrt. Das mag ein erster notweniger Schritt sein, doch rechtlich tun sich dann Probleme mit der Gleichbehandlung aller Motorfahrzeuge auf. Auch Autos können ganz schön Lärm entwickeln. Somit müssten die heute schon geltenden Lärmschutznormen eingehalten werden und die Polizei in die Lage versetzt werden, diese vor Ort zuverlässig zu messen. Überschreiten die Fahrzeuge durch Manipulation oder Fahrweise die Grenzwerte, müsste die Polizei Strafen einheben oder die Geräte vor Ort stilllegen können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist aber auch die Einführung von Frontkennzeichen, damit Motorräder bei Video- und Lärmschutzüberwachung aus der Ferne erfasst werden können.

Geschwindigkeits- und Geräuschkontrollen sind aber nur eine Art Symptombekämpfung, die insgesamt nicht viel bringt, weil es die Frequenz und Masse an Motorrädern ist, die den gesamten Lärmpegel lästig und gesundheitsschädlich werden lässt. Somit ist eigentlich der Gesetzgeber gefragt, auf nationaler und europäischer Ebene Maßnahmen zu setzen, um den von Zweirädern erzeugten Lärm zu reduzieren. In die Umweltschutzkompetenz des Landes Südtirol fällt eine solche Regelung eher nicht. Man müsste vielmehr die EU-weit geltenden Grenzwerte massiv verschärfen. Ein nationales Lärmschutzgesetz müsste dann auch Einschränkungen für sensible Zonen wie z.B. Naturschutzgebiete und Alpentäler erlauben. Die Regionen müssten die Befugnis erhalten, Lärmsanierungsgebiete auszuweisen, in welchen noch strengere Dezibelgrenzen zu gelten hätten.

Damit sind wir bei einem entscheidenden Punkt: Motorräder müssen wesentlich leiser werden. Niemand würde heute mehr knatternde Automobile akzeptieren wie vor 100 Jahren. Motorräder dürfen es noch. Die Anforderungen an die Beschaffenheit und den Betrieb von Motorrädern müssen gesetzlich neu definiert werden. Es gibt kein Grundrecht auf mutwilligen Lärm als Freizeitspaß, sehr wohl aber ein Grundrecht auf Gesundheit. Die Politik ist aufgerufen, der Industrie Vorgaben zu machen, nicht nur den Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu reduzieren, sondern auch die Lärmerzeugung auf ein erträgliches Maß zu bringen. Technisch ist das leicht möglich.

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Benno Kusstatscher Dom, 06/23/2019 - 07:12

"entscheidenden Punkt: Motorräder müssen wesentlich leiser werden": wenn Südtirol eine Dezibelbeschränkung auf den Passstraßen einführt, dann ist auch das ein kleiner Anreiz für Hersteller und Käufer, sich in diese Richtung etwas zu überlegen.

Dom, 06/23/2019 - 07:12 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Dom, 06/23/2019 - 09:53

In risposta a di Benno Kusstatscher

Vor Jahre habe ich mich im Zusammenhang mit der Diskussion wegen des Flugplatzes an den Direktor des Amtes für Luft und Lärm gewandt, der mir erklärte, dass die Behörde erst dann etwas unternehmen kann, wenn der Lärmpegel im Tagesschnitt (24 Std) und über längere Zeit überschritten wird. Ich glaube in solchen Fällen ist da schwierig etwas zu erreichen und es könnte sein, wie Thomas schreibt, dass das Land diesbezüglich zu wenige Kompetenzen hat.

Dom, 06/23/2019 - 09:53 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Dom, 06/23/2019 - 09:46

Ja Motorradlärm belastet das Passeiertal bereits seit Jahren. Nicht nur wegen der Timmelsjochstraße sondern auch wegen der Jaufenpassstraße. Und in St Leonhard ist der Lärm besonders stark, denn dort kommen beide Straßen zusammen. Man vernimmt von offizieller Seite aber wenig Protest, denn die Tourismuswirtschaft verdient daran und deshalb sind Biker willkommen.
Gestern brachte die Tagesschau einen Bericht von Protesten von Anreinern der Penserjochstraße. Obwohl die Penserjochstraße laut Bürgermeister lange nicht so stark befahren wird wie die Jaufenstraße, fordert er eine allgemeine Regelung zum Lärmschutz auf Passstraßen. Mal schauen ob die Passeirer Bürgermeister oder jenen aus anderen Tälern auf diese Protest-Initiative aufspringen und auch beim Land intervenieren!?

Dom, 06/23/2019 - 09:46 Collegamento permanente
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Thomas Benedikter Dom, 06/23/2019 - 21:34

Eine Maut von 5 Euro einzuführen, lieber R. Kunze, wäre eine ziemlich "stumpfe Waffe". Die zahlt jeder Auto- und Motorradfahrer locker und brettert dann noch lautstärker los, weil er für den Spaß an Lärm und Geschwindigkeit dann auch gezahlt hat und sich legitimiert fühlt. Auch bloße Zeitfenster für die Nutzung der Passstraßen sind nur ein Pflaster, weil sich dann die Motorradhorden um so intensiver auf diese Zeiten konzentrieren. Ein rechtliches Problem ist auch das Verbot der Diskriminierung zwischen verschiedenen Arten von Motorfahrzeugen. Der geeignete Hebel ist die schärfere Deckelung der Lärmemission. Und das beste Regulierungsinstrument wäre, Fahrzeuge mit zu hohen Emissionen einfach nicht für den Straßenverkehr zuzulassen. Motorradlärm stört ja eigentlich überall, auch im Flachland, auch in Städten. Es braucht einen weiteren Qualitätssprung in der europäischen Verkehrspolitik, auch die maximal zulässigen Lärmemissionen zu senken und zwar durch neue Auflagen für die Hersteller. Denn zehntausende spätpubertierende Geschwindigkeitsfanatiker, die Freude am Lärm haben und uns Alpenregionen als Motodrom missbrauchen, wird es leider noch viele Jahre lang geben.

Dom, 06/23/2019 - 21:34 Collegamento permanente
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Sepp.Bacher Dom, 06/23/2019 - 22:02

Die Timmelsjochstraße ist eine Maut-pflichtige Straße: in Nordtirol schon immer; in Südtirol seit ein paar Jahren. Die Maut wird auf österreichischer Seite eingehoben, also jeder, der durchfährt bezahlt sie: PKW 16 €, Motorrad 14 €. Südtirol erhält den kleineren Teil.

Dom, 06/23/2019 - 22:02 Collegamento permanente
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Mensch Ärgerdi… Lun, 06/24/2019 - 12:46

Da braucht es einfach mehr, viel mehr Kontrollen. Jede Passstraße sollte mit mindestens drei mobilen Blitzern ausgestattet werden und man muss täglich Dezibelmessungen am Straßenrand machen. Immer mehr Gemeinden haben ja Geld genug um sogenannte Hilfspolizisten für Parkplatzkontrollen einzustellen, wieso nicht das gleiche für Motorräder?

Lun, 06/24/2019 - 12:46 Collegamento permanente
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Andrea Terrigno Lun, 06/24/2019 - 17:50

Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang auch den Lärmpegel in der Stadt zu erwähnen: in der Europaallee in Bozen haben wir einen bei Motorrad- und PKW- Fahrern sehr beliebten Parcour mit Kurven und geraden Strecken zur anschliessenden Beschleunigung, um schön Gas geben zu können, vor allem abends und nachts. Wer mit gekipptem Fenster schläft, wird mit Dezibel beglückt, die man sich schwer vorstellen kann. Der Hörsinn ist aber auch im Schlaf aktiv.
Leider ist die Präsenz der Ordnungshüter mehr als notdürftig, und wenn einmal eine Streife vorbeifährt, dann sowieso nur im Einsatz, also mit Sirene und Affenzahntempo.
Das Recht auf individuelle Bewegungsfreiheit ist ja OK, wogegen ich mich erlaube zu protestieren, ist die Ausübung von Motorfahrzeugrennen bzw. rennerisch ausgelegte Fahrverhalten (guida sportiva) auf den Straßen und die - meines Erachtens - zunehmends tolerierte Zirkulierung von Fahrzeugen (mit zwei bzw. vier Rädern), die bereits mit Straßenzulassung zu hohe Lärmpegel produzieren. Wenn ausserdem bei Sportschalldämpfern und technischen Tricksereien anstatt durchzugreifen auch noch beide Augen zugedrückt werden, können wir eine Reduzierung der Lärmbelastung vergessen.

Lun, 06/24/2019 - 17:50 Collegamento permanente
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Georg Grote Lun, 07/08/2019 - 18:25

Als begeisterter Motorradfahrer muss ich Herrn Benedikter beinahe uneingeschränkt zustimmen, dass die Belastung der Pässe in Südtirol ein ernstzunehmendes Problem darstellen. Solange es Herstellern wie BMW erlaubt ist, elektronisch gesteuerte Auspuffklappen in ihren Verkaufsschlager GS einzubauen, die sich im mittleren Drehzahlbereich öffnet und einen 'sehr kernigen' Sound erzeugt, gibt es wenig Möglichkeiten, gegen den Lärmpegel anzugehen, zumal die allermeisten der zumeist mittelalten Fahrer legal zugelassene Auspuffanlagen durch die Landschaft tragen. Viel wichtiger erscheint mir das Problem der Motorradgruppen, die in grossen Pulks auftreten und sich gegenseitig zu waghalsigen Überholmanövern anstacheln. Mit meinen 35 unfallfreien Jahren im Sattel fahre ich mittlerweile rechts an den Strassenrand, wenn sie hinter mir auftauchen und lasse sie ziehen. Allerdings wäre ich sehr für eine Einführung eines Verbotes von Pulks mit mehr als drei Maschinen - um die Gruppendynamik zu konterkarieren.
Gleichzeitig erscheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Durchschnittsalter europäischer Motorradfahrer beständig steigt und sich das Problem über kurz oder lang von selbst erledigen wird - einfach weil es anstrengend ist, schnell und wild zu fahren. Ich möchte davor warnen, mit zu vielen Verboten oder gar illegalen Aufrufen zur Selbstjustiz - wie bei Kommentator Georgios - eine negative Stimmung zu erzeugen, denn Motorradfahrer sich a) auch Mitmenschen und b) ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor im Tourismusland Südtirol, das mit seinen herrlichen Strassen unserem wunderschönen Hobby eine der schönsten Naturarenen der Welt bietet. Bitte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Die meisten von uns sind sehr vernünftige und rücksichtsvolle Naturen.

Lun, 07/08/2019 - 18:25 Collegamento permanente