Books | Salto Afternoon
Zwischen Berg und Tal
Foto: Coverfoto von Gregor Sailer
„Fischer am Berge“, ist ein schmales Büchlein (knapp 125 Seiten lang), unterteilt in sieben Erzählungen, welche zwischen sieben und 44 Seiten einnehmen. Letztere beansprucht die Titelgeschichte für sich, der evokative Titel auf mystischem Umschlagmotiv steht ihnen aber allen gut. Die Erzählungen, oder besser, die Portraits blicken allesamt auf Protagonistinnen, die das Innen in den Vordergrund rücken. Mal leise, mal laut, mal zweifelnd und mal selbstsicher haben wir an den Gedankenwelten der Frauen Teil, auf welche wir mit einer kargen Sprache zurückgeworfen werden. Auch wenn diese manchmal experimentell wird und Reime einstreut („Mut und Drachenglut“), oder Metaphern auf die Leinwand wirft, um zu sehen was (nicht selten etwas schief) hängen bleibt, so kehrt sie doch immer wieder zu einem Ausgangsniveau zurück, welches unaufgeregt ist. Knapp arbeitet mit kurzen Sätzen und das schlichteste Wort wird in der Wiederholung gegenüber einem ausgefallenerem Synonym bevorzugt.
Dieses Schreiben schafft, neben zusätzlicher Aufmerksamkeit für die Aufbruchsmomente, eine plätschernde Prosodie, die nach Alltag klingt. Wir erhalten in der Kürze der Zeit, die es zum Lesen der kurzen Frauenbilder braucht, ein Gefühl für eine Dimension, die diesen Rahmen sprengt und weiter deutet, meist eher in Richtung Vergangenheit, aber wenn in Richtung Zukunft dann mit einer bunten Fantasie, die etwas Kindliches hat und der Last der Jahre ein Gegengewicht bietet. In Zeit und Stille (zum Teil Grabesstille) reifen Entwicklungsprozesse heran, denen wir zusehen, auch wenn externe Handlungen in den meisten Erzählungen des Buches das Wenigste an Bewegung ausmachen. Es geht zum Teil nur um Nuancen wie den Unterschied zwischen allein und einsam sein. So ließe sich die Handlung dieser Geschichten wohl je in ein bis drei Sätzen zusammenfassen, ihr Sinn wird aber nur durch die Lektüre erschlossen.
Die Stellung der Protagonistinnen innerhalb ihrer kleinen, oft etwas leeren Welten ist dabei auch leicht asymmetrisch, sie stehen zu Beginn am Rand und kämpfen sich dann zum Teil in das Zentrum ihrer eigenen Geschichten. Das hat in seinen Grundzügen etwas von Empowerment, ist aber - für jene die sich an solchen Begriffen stören - kein „aufdringlicher“ Feminismus, sondern einfach ein Humanismus, der hier Frauen im Blick hat. Männer kommen in diesen Geschichten zwar auch vor, aber eher am Rande, da ihnen nicht das Augenmerk von „Fischer am Berge“ gilt.
Der vom Verlag angesetzte Preis könnte für ein kleines Buch wie dieses eine Spur niedriger sein. Was Brigitte Knapp vorlegt ist sicher nicht perfekt, kann manchmal einen Ticken banal wirken, wenn am Ende einer Geschichte eine Moral ausformuliert wird, wie etwa: „Man muss bereit sein, sich von dem Leben zu lösen, das man geplant hat, damit man das Leben findet, das auf einen wartet.“ Was wohl stimmt, aber von John Lenon schon schöner und knapper formuliert wurde („Life is what happens when you're busy making other plans.”). Aber am Sinn und Unsinn von solchen Sinnsprüchen scheiden sich bekanntlich die Geister. Woran sich die Geister wohl nicht scheiden dürften, ist dass hier ein aufrichtiges und wagemutiges kleines Buch mit viel Herz und „Muat“ vorliegt, was bekanntlich von „Muatter“ kommt. Zumindest widdewidde wie sie ihr gefällt, schreibt sich Knapp so ihre Welt.
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