Società | Impfpflicht

Was sagen die Schuldirektoren?

Die Associazione Nazionale dei Presidi (APN) spricht sich für eine Impfpflicht für das Schulpersonal aus. In Südtirol drücken Schuldirektoren hingegen Zweifel aus.
Schule
Foto: Kyo Azuma

Die Regierung diskutiert über die Impfpflicht für das Schulpersonal, nächste Woche soll eine diesbezügliche Entscheidung gefällt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Lehrpersonen und Schulpersonal zur Impfung verpflichtet werden, ist laut La Repubblica hoch. Wird die Impfpflicht in Italien umgesetzt, so muss sie auch in Südtirol übernommen werden, da die Landesregierung in diesem Bereich – wie auch bei der Impfung des Sanitätspersonals – über keine Kompetenzen verfügt. Nun hat sich auch die Associazione Nazionale dei Presidi (ANP) für eine Impfpflicht an den Schulen ausgesprochen. Das Kollegium der Schulführungskräfte in Südtirol hat noch keine einheitliche Stimme gefunden. Salto.bz hat mit einigen Schuldirektoren gesprochen.

 

Schuldirektoren zur Impfpflicht

 

Die Associazione Nazionale dei Presidi hat sich am Mittwoch für die Impfpflicht des Schulpersonals ausgesprochen: “Per riaprire gli istituti in presenza e in totale sicurezza serve l'obbligo del vaccino per il personale scolastico. In questo modo non bisognerebbe applicare il distanziamento, che necessita invece della disponibilità di spazi”, so die nationale Vereinigung der Schuldirektoren. Der Präsident der ANP, Antonello Gianelli zweifelt zwar an den Schätzungen, laut denen 200.000 Personen im Schulbetrieb noch nicht geimpft seien, erklärt jedoch, dass das ungeimpfte Personal so schnell wie möglich geimpft werden muss: "Dobbiamo fare di tutto per eliminare la didattica a distanza. Se per farlo è necessario vaccinarci tutti, allora ci dobbiamo vaccinare. Vedo con favore alla possibilità che, qualora non si arrivi in tempi molto rapidi, in pochi giorni, ad abbattere quel numero, allora si possa prendere in considerazione una misura di obbligo.”

In Südtirol, wo, stand 16. Juli, rund 38% des Schulpersonals noch nicht geimpft sind, wird die Impfpflicht für das Schulpersonal kritisch betrachtet. Ausnahmen wird es jedoch keine geben, auch deshalb nicht, weil die Landesregierung in diesem Bereich über keine Kompetenzen verfügt.

 

Die Direktorin des Schulsprengels Milland, Elisabeth Flöss sieht der Impfpflicht zweifelnd entgegen: “Ich tu mich schwer, eine definitive Meinung zur Impfpflicht zu äußern. Einerseits wird die Solidarität betont und die Tatsache, dass dort, wo deine Freiheit anfängt, meine aufhört. Damit bin ich auch einverstanden, das ist so”, erklärt Flöss. “Trotzdem: Dieses Argument könnte auf viele Bereiche angewandt werden, in denen niemand über diesen Freiheitsbegriff spricht.” Aus Privacy Gründen kennt sie zwar keine genauen Zahlen, weiß aber aus privaten Gesprächen, dass viele Lehrpersonen in ihrem Schulsprengel bereits geimpft sind. Sie weiß auch, dass einige Lehrpersonen sehr kritisch sind: “Es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die der Impfung sehr skeptisch entgegenblicken. Ich würde mir wünschen, dass diese Personen nicht als gewissenlos abgestempelt werden. Es sind intelligente Menschen, die oft sehr viel nachdenken. Diese Personen und ihre Bedenken müssen ernst genommen werden. Man muss ihnen die Dinge erklären, sie zu Wort kommen lassen und Gespräche führen”. Hier nennt Flöss regelmäßige Informations- und Aufklärungskampagnen, Broschüren oder Videokonferenzen als Möglichkeiten: “Wie wurde der Impfstoff entwickelt? Was bringt er? Warum muss ich mich zweimal und jetzt sogar dreimal impfen lassen? Warum muss ich als Geimpfte eine Maske tragen? All das sind fragen, die ihre Berechtigung haben und gemeinsam mit Experten diskutiert werden müssen. Die Menschen müssen ihre Sorgen los- und aufgeklärt werden.”

Der Direktor der Technischen Fachoberschule Bruneck, Siegfried Schrott, spricht sich hingegen gegen die Impfpflicht aus. Einerseits riskiere man durch die Impfpflicht – auch dann, wenn sich nur wenige Lehrpersonen nicht impfen lassen, dass die Klassen nicht mehr betreut werden können. Andererseits betont er zum wiederholten Mal, dass die Schulen keine Hotspots sind: “Kein Schüler hat sich in meiner Schule seit Beginn der Pandemie angesteckt.” In den Klassen seien immer nur einzelne Schüler positiv getestet worden. Mit Maske, Abstand und Lüften sei es möglich, ein sicheres Umfeld für Schüler und Lehrer zu schaffen. Und weiter: “Wenn die Lehrer verpflichtet werden, müssten die anderen Arbeitskräfte auch verpflichtet werden. Aber die Schule hat keine Lobby, sie kann sich nicht wehren.”

Auch der Direktor des Schulsprengels Sarntal, Markus Dapunt, betrachtet die Forderung der ANP mit Skepsis: “Ich stehe einer Impfpflicht grundsätzlich skeptisch gegenüber und in der Schule könnte sie sogar mehr schaden als nutzen”, so Dapunt. “Einige würden sich wahrscheinlich doch impfen lassen, aber es werden immer welche übrig bleiben, die sich nicht impfen lassen möchten. Die Frage ist, was das für den Schulbetrieb bedeutet: Was passiert mit den nicht-geimpften Lehrpersonen? Ab wann greift die Impfpflicht? Was passiert mit den Abstandsregeln, wenn die Impfpflicht kommt?” Im Moment seien noch viele Fragen offen. Dapunt spricht sich stattdessen für ein weitgehendes Testangebot aus. “Die Tests waren im letzten Jahr für Lehrer noch freiwillig, die meisten Lehrer haben das Angebot aber genutzt.”

 

100% Präsenzunterricht im Herbst?

 

Im Hinblick auf das kommende Schuljahr gehen die Meinungen auseinander. Flöss begrüßt die geplante Normalität: 100% Präsenzunterricht ab September. "Im Moment sieht es so aus, dass der Unterricht an den Grundschulen im September wie vor der Pandemie weitergehen wird. Natürlich mit den entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen wie Lüften, Masken oder Abstand, aber diese sind mittlerweile zur Routine geworden. Ich finde es gut, dass uns das Schulamt auf diese Weise entgegenkommt und damit ausdrückt dass Schule wichtig ist." Schrott betont hingegen die große Unsicherheit, die hier herrscht: “Letztes Jahr wussten wir, dass wir mit 70% an den Oberschulen starten würden. Dieses Jahr wissen wir, dass man mit 100% starten will, was tatsächlich passieren wird, wissen wir nicht”. Vom Plan der zuständigen Landesräte den Schulunterricht an den Oberschulen zwischen Vormittag und Nachmittag aufzuteilen, hält Schrott wenig: “Das ist eine Schnapsidee. Einerseits ist es kaum möglich, die Schülertransporte zu organisieren. Dazu kommt: Für eine Lehrperson dehnt sich der Arbeitstag dann von dreiviertel acht bis fünf, sechs Uhr abends. Hier einen Stundenplan zu machen ist unmöglich. Auch für die Schüler ist es nicht ideal, wenn sie nachmittags keinen sozialen Beschäftigungen nachgehen können.”