Cronaca | Senioren

Ein Heilmittel gegen Overtourism

Laut IPSOS kennt jeder zweite Italiener das Wort „Overtourism" und jeder dritte Italiener hält ihn für ein wachsendes Problem.
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  • Die Überfüllung bestimmter Orte aufgrund eines übermäßigen Zustroms von Touristen, wirkt sich oftmals negativ auf die Lebensqualität der Einwohner sowie auf die Qualität der Besuchererlebnisse aus.

    Im Jahr 2025 werden Reisende in Italien 185 Milliarden Euro ausgeben, davon 60,4 Milliarden durch internationale Besucher. Die italienische Tourismusbranche trug somit zuletzt rund 10,2 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.

    Dabei konzentriert sich der Tourismus zu 75% auf 5% des Staatsgebietes. Besonders Florenz, Venedig und Rom haben mit den Folgen der stetig wachsenden Touristenströme zu kämpfen: Neben mehr Müll und überfüllten öffentlichen Plätzen sind das insbesondere höhere Mietpreise und Lebenshaltungskosten für die Bewohner sowie Verkehrsüberlastung. Langsam macht sich die Überzeugung breit, dass man nicht nur vom Tourismus leben kann.

    Die weltweiten Touristenzahlen steigen jährlich. Doch an immer mehr Orten wird Protest laut und die lokale Bevölkerung beginnt sich zu wehren.

    Bis heute ist Florenz die einzige Stadt in Italien, die tatsächlich restriktive Maßnahmen ergriffen hat, um den Mietmarkt zugunsten der Einwohner zu schützen. Die Einschränkungen für Kurzzeitvermietungen in der Kulturhauptstadt gelten jedoch nur, wenn Neuanträge gestellt werden.

    In Italien fehlt ein nationales Gesetz, das den Gemeinden erlaubt, Einschränkungen für bereits existierende Angebote zu schaffen, obwohl solche Angebote die soziale Struktur eines Ortes massiv verändern.

    Andere Maßnahmen wie Eintrittstickets bringen laut Studien wenig. Im Gegenteil, sie vermitteln einen Hauch von Exklusivität und ziehen die Menschenmassen sogar noch stärker an.

    Vor diesem Hintergrund sollte man den Tourismus der Generation 65+, der in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, genauer betrachten.

    Ältere Reisende haben in der Zwischenzeit einen erheblichen wirtschaftlichen Wert für die Reisebranche entwickelt. Das Reiseverhalten dieser Generation wird den Sektor in Zukunft immer stärker prägen – nicht zuletzt wegen des wirtschaftlichen Potenzials.

    Senioren haben spezifische altersgerechte Vorlieben bei der Wahl ihrer Reiseziele. Besonders gefragt sind sichere Länder mit einer ansprechenden Infrastruktur und barrierefreien Angeboten. Gruppenreisen auf der Suche nach sozialen Kontakten sind beliebt, aber auch individuell zugeschnittene Reiseerlebnisse.

    Inmitten all der Trends und Innovationen wird diese Bevölkerungsgruppe oft übersehen, obwohl sie aber einen enormen Wert für die Tourismusindustrie darstellt.

    Senioren sind eine wachsende und zunehmend aktive Gruppe, die über Zeit, finanzielle Mittel und den Wunsch nach Erlebnissen verfügt.

    Diese Bevölkerungsgruppe ist oft flexibler in Bezug auf Reisezeiten und kann auch in der Nebensaison reisen, was zur Auslastung von Hotels und anderen touristischen Einrichtungen beiträgt.

    Wer verreist, hat oft ein gutes Einkommen und ist bereit, für Qualität und Komfort Geld auszugeben. Dies wirkt sich auch auf die Aufenthaltsdauer aus, die meist länger ist. Senioren sind oft an kulturellen Angeboten, historischen Stätten und Bildungsmöglichkeiten interessiert, was die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten steigert.

    Allerdings muss man diese Zielgruppe optimal ansprechen. Hotels, Transportmittel und Sehenswürdigkeiten sollten barrierefrei gestaltet sein, um auch Senioren mit Mobilitätseinschränkungen den Zugang zu erleichtern.

    Angebote wie Wellness-Programme, Gesundheitsurlaube und medizinische Versorgung vor Ort sind für Senioren attraktiv.

    Auch Kulturreisen, Sprachkurse oder Wanderurlaube sind besonders gefragt. Nicht zuletzt muss die Kommunikation seniorenfreundlich sein, mit klaren Informationen, leicht verständlichen Texten und einer persönlichen Ansprache.

    Die Zukunft des Tourismus liegt auch in der Wertschätzung und gezielten Ansprache dieser wichtigen Zielgruppe. Durch die Anpassung der Angebote und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse und Interessen dieser Bevölkerungsgruppe können Tourismusunternehmen von den Vorteilen profitieren und gleichzeitig unvergessliche Erlebnisse für Senioren schaffen.

    Auch Südtirol sollte sich verstärkt mit dieser Zielgruppe beschäftigen. Es handelt sich meist um treue Gäste mit einem relativ stabilen Einkommen. Aufgrund der Vorlieben könnte man damit die Zwischensaisonen und weniger besuchte Gegenden besser auslasten.

    Dies würde auch dem lokalen Arbeitsmarkt zugutekommen aufgrund eines geringeren Personalwechsels und stabilerer Arbeitsverhältnisse

    Senioren sind sicherlich nicht die Lösung für das Problem der Überlastung in bestimmten Gegenden wie den Dolomiten. Diese sind einmalig und als UNESCO-Weltnaturerbe auch in weit entfernten Ländern bekannt.

    Durch eine bessere Vermarktung unter den Senioren könnte man jedoch die Tourismusströme auch auf andere Gebiete verteilen.

    Der Tourismus trägt laut WIFI im reinen Beherbergungs- und Gastronomiebereich mit ca. 3 Milliarden Euro oder 10,7% zur Wertschöpfung Südtirols bei.

    Dazu kommen weitere Milliarden in anderen Bereichen, die direkt oder indirekt Dienstleistungen anbieten, welche auch von den Touristen genutzt werden. Allerdings sollte die Politik auch den Mut haben, mit allen Akteuren zu sprechen, um diesen wichtigen Wirtschaftssektor gemeinsam so zu gestalten, dass die positiven Ergebnisse vermehrt allen zugutekommen.

    Es braucht Maßnahmen um nicht die Ablehnung unter der heimischen Bevölkerung weiter anheizen.

     

    Alfred Ebner