"Es wäre die Königsklasse"
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Daniele Piscopiello – DA Genussgarten
Alles begann mit zwei Gemüsebeeten und einem Traum: Selbstversorgung. Der Job wurde gekündigt, ein Agrarwissenschaftsstudium begonnen – doch der Fokus auf Milch und Obst war nicht seine Welt. Daniele Piscopiello suchte eigene Wege: bio, regional, vielfältig – ganz selbstverständlich. Aus dem Hobbygarten wurde ein wachsender Betrieb. Bücher wurden gelesen, Kurse besucht, 2017 begann er, andere Bauern zu beraten – und erstmals Gemüse-Abokisten zu liefern. Parallel dazu: Kartoffelanbau im Vinschgau.Die Nachfrage stieg, die Sortenvielfalt auch. Seit 2020 betreibt Daniele einen kleinen Laden in Meran. Heute bewirtschaftet er rund 3 ha im Burggrafenamt und Vinschgau mit Gemüse, Getreide, Blumen und Hühnern im Mobilstall. Rund 80 % der Lebensmittel bezieht seine Familie aus eigenem Anbau. Bio-Zertifizierung ist Basis – aber nur ein Anfang. In enger Zusammenarbeit mit Bioland Südtirol geht es um mehr: echte Qualität, regionale Kreisläufe, sinnvolle Landwirtschaft.
"Wenn ein Hotel meinen Namen das ganze Jahr auf der Karte hat, soll es auch eine echte Lieferbeziehung geben."
Die Zusammenarbeit mit Gastronomiebetrieben begann früh – zunächst mit einem befreundeten Koch. Doch erst in den letzten Jahren entwickelte sich daraus eine tragende Säule: Rund 40 % seines Umsatzes macht Daniele heute mit Gastronomie, 70 Sorten hat er im Angebot. Acht Betriebe beliefert er regelmäßig, darunter Hotels in Marling und Umgebung wie „Muchele“, „Giardino“, „Eichhof“ oder die „Leadner Alm“.
Das Entscheidende für Hotelbetreiber und Köche: Sie wollen ihren Gästen die Herkunft der Produkte zeigen, die Geschichte dazu erzählen. Es gilt weniger das Bio-Siegel, die Frische und die Besonderheit zählen. Gemüse wird am selben Tag geerntet und geliefert. Die Zusammenarbeit läuft partnerschaftlich – im Winter wird gemeinsam geplant, im Sommer geerntet. Leider sind es nicht viele Betriebe, die eine derartige Partnerschaft praktizieren, da stehe schon eine Überzeugung dahinter.Trotz großem Potenzial will Daniele nicht wachsen. „Ein oder zwei Betriebe mehr – ja, aber Qualität vor Quantität.“ Man müsse die Spreu vom Weizen trennen: Es gibt Betriebe, die authentisch einkaufen und solche, die „Marketing-Bio“ betreiben. Politisch wünscht er sich mehr Unterstützung für echte Partnerschaften. „Wenn ein Hotel meinen Namen das ganze Jahr auf der Karte hat, soll es auch eine echte Lieferbeziehung geben.“ Und man könnte die Sterneauszeichnungen verpflichtend an bioregionale Standards knüpfen.
Siegi Augscheller – Jägerhof Passeier
Auch im Passeiertal spielt die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft seit Jahrzehnten eine Rolle. Siegi Augscheller, seit über 40 Jahren Koch, übernahm den Jägerhof von seinen Eltern und baute ihn mit klaren Prinzipien aus: Regionalität, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit. „Wir kennen unsere Partner, vom Ei bis zum Fleisch.“ Von Walten bis ins Tal – es sind langfristige Beziehungen, keine Zufälle.
Bereits vor dem Bio- und Regionaltrend arbeitete der Jägerhof transparent: Mit Fotos, mit Geschichten, mit gelebter Herkunft. Bio war dabei immer Teil des Konzepts – aber klar geregelt. „Ohne Siegel ist Bio Auslegungssache.“ Seit einem Jahr ist der Betrieb Partner im Netzwerk BioFairSüdtirol, ohne selbst ein Biohotel zu sein. „Bronze-Standard“ heißt: ein ausgewogener Mix aus biologischer und regionaler Qualität, praktikabel und ehrlich. 100 Prozent bio könne er nicht leisten, sagt Augscheller, es sei nicht immer einfach geeignete Betriebe zu finden."Ohne Siegel ist Bio Auslegungssache."
Siegi sieht großes Potenzial, aber auch Herausforderungen: Viele Produzenten scheuen den bürokratischen Aufwand einer Biozertifizierung. Umso wichtiger ist die Unterstützung durch Netzwerke wie BioFairSüdtirol, die Verknüpfungen schaffen und Wissen teilen. Denn: „Unsere Gäste schätzen Authentizität. Sie wollen wissen, woher das Essen kommt – und können unsere Partner auch besuchen.“
Gemeinschaftsverpflegung bio und regional? Ja, aber …
Auch in der öffentlichen Verpflegung – etwa in Schulen oder Seniorenheimen – rücken bio-regionale Produkte stärker in den Fokus. Gesetzlich möglich ist dies durch Art. 56 GvD 36/2023 und das Landesgesetz 16/2015, die eine vereinfachte Vergabe an regionale, nachhaltige Betriebe erlauben.
Doch es gibt Hürden: Bürokratischer Aufwand, fehlende Strukturen, begrenzte Mengen und manchmal auch höhere Kosten. Die Suche nach passenden Lieferanten ist zeitintensiv – und bei vielen kleinen Höfen braucht es Koordination. Dennoch lohnt es sich: Lokale Wirtschaftskreisläufe, gesunde Böden, kurze Wege und gesunde Ernährung sprechen klar dafür.
Ein starkes Konzept: BioFairSüdtirol
Genau hier setzt BioFairSüdtirol an – ein Konzept, das seit 2023 Landwirtschaft und Gastronomie (inkl. Gemeinschaftsverpflegung) miteinander verknüpft. Ziel ist es, faire, regionale und biologische Produkte auf die Teller zu bringen, von der Alm bis zur Sternegastronommie, von der Schulmensa bis zur Firmenkantine – ohne auf Authentizität zu verzichten. Die verwendeten Produkte müssen aus der Region stammen und vernetzen so die Bereiche Tourismus und Landwirtschaft optimal miteinander. "Die Verbindung von Bio und Regional wäre quasi die Königsklasse in der Gemeinschaftsverpflegung," sagt die Projektverantwortliche bei Bioland Südtirol Manuela Zischg.
Kern des Konzeptes ist eine dreistufige Auslobung: Mit 30 % Bio bei Essen und Getränke erhält der Betrieb den Bronze Status, mit 60% den Silber Status und mit 90% den Gold Status. Dadurch differenziert sich ein Betrieb klar im stärker werdenden Wettbewerb und steht für glaubwürdige, verbindliche Nachhaltigkeit, auf die immer mehr Gäste Wert legen.
Teilnehmende Betriebe bekommen neben der Zertifizierung zudem eine Bioberatung im Gastrobereich, Mitarbeiterschulung und Bio-Rechtsberatung, sowie die Einbindung in ein EU-gefördertes Marketing- und Kommunikationskonzept. Bio Fair Südtirol ist Teil des mehrjährigen EU Projekts "Grenzenlos Regional Bio in Europa" und wird hierdurch finanziert."Die Verbindung von Bio und Regional wäre quasi die Königsklasse in der Gemeinschaftsverpflegung."
Mehr als Essen: Eine neue Verantwortung
Regionale biologische Ernährung bedeutet mehr als Versorgung. Es geht um Verantwortung in der gesamten Wertschöpfungskette: faire Löhne, Biodiversität, Klimaschutz, Ressourcenschonung. Die Gastronomie – ob privat oder öffentlich – hat hier eine große Rolle. Und Gäste honorieren es: mit Vertrauen, Loyalität und Wertschätzung.
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