Cultura | Bibliophile Fragen

„Haptisch unterwegs“

Margit Weiss aus Kufstein ist als Psychotherapeutin und Autorin tätig. Einige ihrer Vorfahren kommen aus Buchenstein. Und: Sie hat die immer gleichen Fragen beantwortet.
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Foto: Edition Raetia
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten? 

    Margit Weiss: Als erstes fallen mir die Bücher von Ottfried Peußler ein, vor allem „Die kleine Hexe“. Unzählige Male gelesen und nie gelangweilt. Meine Sympathie für mutige, kleine Hexen mit Gerechtigkeitssinn und Raben kommt wohl daher.

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino? 

    Handlungen und Gestalten merke ich mir leicht, aber einen Satz eher selten … Am liebsten sind mir jedenfalls die Schlusssätze, die das Kopfkino offen lassen für eigene Fortsetzungen
     

    Ich würde die Bibel auf einer einsamen Insel zurücklassen...

  • Buch und Buchenstein: Riccarda de Eccher, Ingrid Runggaldier und Margit Weiss bei der Buchvorstellung. Foto: Edition Raetia

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen? 

    Neulich habe ich in einer Buchhandlung das neue Buch von Elke Heidenreich gefunden, „Altern“. Ich habe Frau Heidenreich in Interviews mit ihrem fortgeschrittenen Alter als eine aufgeschlossene, lebendige Person erlebt und meine Erwartung bezüglich des Buches ging in diese Richtung. Ich fand mich darin jedoch eher beim Entlanggleiten an unzähligen Zitaten wieder und an einer stellenweise zwar treffend und amüsant dargestellten Facette des Themas, aber ich habe die Tiefe vermisst, die in diesem existentiellen Thema drinnen ist.

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Einem Außerirdischen also, der nicht so genau weiß, wer wir Menschen sind … Krimis, erdachte Schauplätze,  an denen die Leute jene Seiten im Kopf ausleben, die sie sonst verstecken, verabscheuen und für die sie sich selber nicht mögen würden, wo sie außerdem keine Angst haben müssen, dass der Gute nicht gewinnt, sich selbst aber nicht anstrengen müssen dafür und dann noch die vertraute Weinmarke drin vorkommt … Endlich die S.. rauslassen! Da ist wieder Spannung im Leben. Bei manchen Krimis zumindest.

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen? 

    Der Empfehlung von manchen Freund*innen und Rezensionen in einzelnen Zeitungen.

  • Nach Norden: Nach der Lebensgeschichte der Hebamme Maddalena Decassian. Ihr Buch „Wenn der Apfellastwagen kommt. Erinnerungen an eine Südtirolersiedlung“ erschien 2023. Der neue Roman 2024. Foto: Edition Raetia

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen? 

    Wohl kein Buch, das ich als Fehlschlag ansehen würde. Ich würde die Bibel auf einer einsamen Insel zurücklassen, dann würde einem potentiellen Robinson Crusoe nicht langweilig werden, egal wie lang die Wartezeit auf den nächsten Segler wäre. 

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen? 

    Ich bin, was Bücher betrifft, sehr haptisch unterwegs, sehr sinnlich. Ich liebe den Papiergeruch und gelungene Cover, am Seitenvolumen zu sehen, wie lange ich noch in einer Geschichte eingetaucht bleiben kann. Also es lebe das gedruckte Buch und die E-Books überlasse ich denjenigen, mit Schlafstörung, die Lesen wollen ohne ihre Partner zu wecken.

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen? 

    Anita Pichlers „Die Frauen von Fanis“, Georg Paulmichls „Nirgendwo“, Georg C. Kasers „Das Kaser-Lesebuch“, Roberta Dapunts „Nauz“, Ingrid Runggaldiers „Gezahnt wie der Kiefer eines Alligators“