Politica | Rückzug

Abtritt im Gegenwind

Francesco Palermo kandidiert nicht mehr für das Parlament. Der Senator, für den die Politik “weder Beruf noch Berufung” ist, spricht über seine Entscheidung.
Francesco Palermo
Foto: Francesco Palermo

Nach langem Ringen mit sich selbst und jenen, die ihn gern erneut in Rom gesehen hätten, hat Francesco Palermo nun entschieden: “Danke, aber ich werde nicht erneut kandidieren.”
2013 war der Verfassungsrechtler und Leiter des Instituts für Föderalismusforschung an der EURAC in Bozen mit 51,8 Prozent der Stimmen im Wahlkreis Bozen-Unterland in den Senat gewählt worden. Auf der Liste PD-SVP, aber als parteiloser, unabhängiger Kandidat, woran Palermo selbst stets erinnerte.
Von vielen Seiten war er zuletzt gedrängt worden, ein zweites Mal für das Parlament zu kandidieren. Doch die Wahlen im März 2018 werden ohne den 48-Jährigen stattfinden.

 

Einmal reicht

In einer ausführlichen Stellungnahme auf seinem Blog erklärt Francesco Palermo am Freitag Morgen seine Entscheidung. Die Führungsspitzen von SVP und PD hat der Noch-Senator bereits am Donnerstag informiert.
Er habe es sich nicht leicht gemacht, offenbart Palermo in seinem Blog, “obwohl mir seit dem ersten Tag an klar war, dass es sich um eine einmalige Erfahrung handeln würde”.

Schließlich habe er aus “persönlichen, beruflichen und auch politischen Gründen” beschlossen, sich nicht wieder der Wahl zu stellen. Zwischen den Zeilen lässt Palermo durchblicken, sich in Rom häufig als “pesce fuori acqua” gefühlt zu haben. Im Gespräch mit salto.bz bestätigt er das. “Ich habe mich oft alleine gefühlt.” Was damit zu tun hat, dass sich Palermo nie als Berufspolitiker verstanden hat. “Die Politik ist nicht meine Berufung.” Sondern er habe als Fachmann für eine begrenzte Zeit “nach bestem Wissen und Gewissen” seinen Beitrag leisten wollen. “Eine außerordentliche Chance”, findet Palermo, die allerdings auch Schattenseiten barg.

 

Lachendes und weinendes Auge

In Rom habe ich lernen müssen, “wie oberflächlich die politischen Entscheidungen häufig beurteilt werden, und wie schwierig es einem diese Umstände machen, die nötige Motivation für einen so heiklen Auftrag zu finden, der meistens mit einer Art, einer Sprache und mit Ritualen ausgeführt wird, die nicht die meinen sind”. Trotz der “teilweise enttäuschenden” Erfahrungen, vor allem darüber, “wie Politik von den Medien und den Politikern selbst kommuniziert wird”, blickt Palermo auch mit einem lachenden Auge auf seine fünf Jahre in Rom zurück. “Es hat viele schöne Momente gegeben, es war eine sehr intensive Legislaturperiode.” In erster Linie denkt er dabei an die 20 Durchführungsbestimmungen, die im Laufe von nur vier Jahren genehmigt wurden – “ein Weltrekord”.

“Große Errungenschaften” in autonomie- und gesellschaftspolitischen Fragen – Palermo nennt etwa die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung für EU-Ausländer und Ansässige aus Nicht-EU-Staaten und die Patientenverfügung – einerseits. “Schritte nach hinten” andererseits. So das Bild, das Palermo von den vergangenen Jahren malt. “Die Welt ist düsterer geworden: Das neue Klima der nationalistischen, gar rassistischen Intoleranz, das in weiten Teilen Europas und der Welt wahrnehmbar ist, findet in einem Kontext mit empfindlichen Gleichgewichten wie Südtirol großen, zu großen Zuspruch.” Es seien diese unsicheren Zeiten, der Aufschwung rechter und nationalistischer Tendenzen, die ihn lange haben überlegen lassen, ob er nicht doch erneut für das Parlament kandidieren wird, gesteht Palermo. “Letztendlich bin ich zur Überzeugung gelangt, meinen Beitrag geleistet zu haben. Und es ist ein Stück weit Normalität und gesund, wenn es in der Politik zu einem Wechsel kommt.”

 

Weiter als Wissenschaftler und Freidenker

“Vielen fällt es schwer, meine Entscheidung nachzuvollziehen”, verrät Francesco Palermo. Insbesondere weil seine Wiederwahl eine sichere Sache gewesen wäre. “Das war für mich aber nicht ausschlaggebend, vielmehr war es wichtig und richtig, kohärent zu sein”. Nachdem er seinen Beschluss verkündet hat, habe es zahlreiche Reaktionen gegeben, viele hätten ihm gesagt, dass sie seinen Schritt bedauern, dass sie ihn als ihren Vertreter in Rom geschätzt hätten. “Das ist sehr schön und freut mich.” Ihm selbst tut es Leid, dass “in diesen Tagen, wo es nicht einfach ist, neue Kandidaten zu finden” solche nun gesucht werden müssten. Aber seine Entscheidung steht: Er wird sich wieder auf seine Tätigkeit als Wissenschaftler konzentrieren, die er während seiner politischen Karriere stets nebenbei weiter betrieben hat – und wofür er häufig attackiert worden sei. “Irritiert” hätte es ihn, wenn “von Hatern auf Facebook” behauptet worden sei, “der redet wie ein Wissenschaftler, ist aber Vollblutpolitiker”. Das könnten nur Leute sagen, die ihn nicht kennen, meint Palermo.

Der Politik ganz den Rücken kehren will er aber doch nicht. “Ich stehe weiterhin zur Verfügung, als Freidenker, als jemand, der mit Ideen helfen kann.” Ihm ist es wichtig, zusammen mit seinem Abritt von der politischen Bühne, eine positive Botschaft zu vermitteln: “Macht weiter, was gut war.”

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Max Benedikter Sab, 12/23/2017 - 20:47

@Junge: Also Ihre Kommentare bringen nix.
Niemand bekommt mehr Infos zum nachdenken, nur Exkretionen nach Bauchgefühlen.
Eigentlich ist eine Kritik von Ihnen ein Kompliment für den Durchschnittsbürger.

Sab, 12/23/2017 - 20:47 Collegamento permanente