Politica | Referendum

Schottland – ein halbes Jahr vor Referendum zur Unabhängigkeit

„Soll Schottland ein unabhängiger Staat sein?“ So lautet die Frage, die die Schotten am 18. September 2014 beantworten werden. Professor Andrew Hughes Hallett war zu einer Gastvorlesung an der Eurac und hat mit salto.bz über das Referendum gesprochen.

Das Datum steht bereits fest: Falls die Schotten auf die Frage zur Unabhängigkeit mehrheitlich mit Ja antworten, wird der 24. März 2016 der Tag der Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien sein. Die alles bestimmende Frage lautet: “Should Scotland be an independent country?”

Es wird nur diese einzige Frage sein, die die 4.000.000 (und nicht 410.000, wie ursprünglich geschrieben) wahlberechtigten Schotten zu beantworten haben. Professor Andrew Hughes Hallett ist Wirtschaftsprofessor an der George Mason Universität in den USA und Professor für Wirtschaft an der St. Andrews Universität in Schottland. Er ist ebenfalls führender Ökonom in der Arbeitsgruppe, die die wirtschaftlichen und fiskalischen Rahmenbedingungen für den Zeitraum nach dem schottischen Referendum am 18. September 2014 ausarbeitet. „Derzeit sind die Chancen für Schottlands Unabhängigkeit recht wacklig, eine letzte Umfrage hat ergeben, dass 30 Prozent der Bevölkerung dafür sind, 40% jedoch dagegen, das heißt ganze 30% wissen noch nicht, was sie wählen.“

Ausschlaggebend wird jene Frage sein, die nicht gestellt wird, nämlich die Frage nach der Autonomie über die eigene wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit vom Britischen Königreich. „Würde man diese zweite Frage dazustellen, dann würden wohl über 90 Prozent der Schotten ganz klar für die Unabhängigkeit sein,“ weiß der Professor. Denn es sind gerade die wirtschaflichen Faktoren, die für Konflikte zwischen London und Edinburgh sorgen. „Schottland hat derzeit keine Kontrolle über die eigene Wirtschaft, es ist die Regierung in London, die die Einnahmen aus den Ölplattformen in der Nordsee kassiert, auch könnten wir ohne Großbritannien besser über unser ökonomisches Wachstum entscheiden,“ erklärt Hughes Hallett. Im Moment steht die schottische Wirtschaft keineswegs schlecht da, der Sektor floriert mit der Ölförderung, der Ausfuhr von Lebensmitteln wie Whisky, Lachs und Fleisch und Dienstleistungen. Mit erneuerbaren Energien will die schottische Regierung das Wachstum ankurbeln und bis zu 40.000 neue Arbeitsplätze schaffen; auch der Tourismus ist eine zunehmende Branche in Schottland. „Doch all das fließt nach wie vor in den britischen Staatshaushalt, und was wir aus London zurückbekommen, steht in keinem Verhältnis zu dem was wir erwirtschaften,“ sagt Hughes Hallett.

Der britische Föderalismus funktioniere mehr wie ein „Gnadenakt“ als denn eine wirkliche Gewährung von autonomen Rechten. „Wir dürfen zwar in gewissen Bereichen wie Gesundheit, Sport und Kultur eigene Gesetze erlassen, doch hat das Parlament in Westminster in allen Bereichen nach wie vor ein Überstimmungsrecht“, erklärt der Professor. Über Föderalismus dürfe man in Großbritannien nicht sprechen: „You can do anything you like as only it is nothing“, das sei die Einstellung der Briten gegenüber ihren auf mehr Autonomie pochenden Landesteilen Wales, Nordirland und eben Schottland. Erschwerend kommt derzeit hinzu, dass die Loslösung von Großbritannien auch die gemeinsame Währung, den Pfund in Frage stellt. Sollte Schottland gehen, dann sollen sie sich doch eine andere Währung zulegen, so die Haltung der britischen Regierung.

Sollte das Referendum am 18. September in Schottland so ausgehen, dass sich die Ja und Nein-Stimmen die Waage halten, dann wird es weitere Verhandlungen über die Art der Autonomie Schottlands geben. Und in diesen Verhandlungen wird Andrew Hughes Hallett eine maßgebliche Stimme haben.