Politica | SVP-Kandidaturen

"Die Leidenschaft ist weg"

Neue Überraschung im SVP-Vorwahlkampf: Julia Unterberger will nicht mehr für die Landtagswahlen kandidieren, sondern wieder als Privatmensch leben.

Sie haben gestern Abend bei der Bezirksversammlung in Meran angekündigt, ihre Nominierung für die Landtagswahlen nicht anzunehmen.  Eine Entscheidung, die seit längerem gereift ist?

Ich habe mich schon seit einigen Monaten mit dem Gedanken getragen. Wesentlich dazu beigetragen hat sicher die Kandidatur meiner Kanzleipartnerin Renate Gebhard für die Parlamentswahlen. Nachdem wir zu dritt in der Kanzlei sind, wird es hier einfach eng, wenn sie in Rom ist.  

Der Zustand ihrer Partei spielt dagegen keine Rolle ?

Ich muss zugeben, dass mir in letzter Zeit schon auch ein wenig die Freude an der Politik abhanden gekommen ist. Dazu trägt nicht so sehr der Zustand der SVP, sondern der Zustand der Politik generell bei. Das Ansehen der Politikerinnen und Politiker ist stark gesunken, die Medien stürzen sich auf jedes Thema, einzelne Kollegen versuchen sich selbst aufzuwerten, indem sie andere abwerten. Und zwar nicht nur in der Opposition, sondern teilweise auch in den eigenen Reihen. Die Politik ist also ein ziemliches Trauerspiel geworden. Auch das hat dazu beigetragen, dass in mir der Entschluss gereift ist: Das brauche ich eigentlich nicht.

Sie haben nach den vergangenen Landtagswahlen eine unfreiwillige Pause eingelegt. Sind Sie in dieser Zeit auf den Geschmack am Leben außerhalb der Politik gekommen?

Ja, in gewisser Weise schon. Ich stand ja schon vor meiner Zeit im Landtag als Präsidentin des Beirates für Chancengleichheit stark in der Öffentlichkeit. In der vergangenen Legislatur war ich dann für den Landtag und den Beirat aktiv. Als ich dann nach den letzten Wahlen anfangs nicht in den Landtag kam, habe ich erstmals wieder gespürt, wie angenehm das Leben als Privatmensch sein kann.  Ich habe das Glück eine sehr gut gehende Anwaltskanzlei zu haben, habe ohne zusätzliche Aufgaben viel mehr Freizeit und muss mir von niemandem vorhalten lassen, wie viel ich verdiene oder sonst ständig Rechenschaft ablegen.

Nach Ihrem Nachrücken in den Landtag haben Sie sich, vor allem in der Zeit als Landtagspräsidentin, auch nicht immer nur Freunde gemacht. Haben Sie das Gefühl, zu wenig Anerkennung bekommen zu haben?

Mir war schon klar, dass ich  mit der Reform der Geschäftsordnung auf starke Widerstände stoßen würde. Vor allem bei der Opposition, aber auch parteiintern bin ich bei manchen Kollegen auf Missgunst gestoßen. Doch insgesamt  würde ich sagen, es waren zwei sehr fruchtbare Jahre. Ich habe maßgeblich bei den Gesetzesänderungen zu den Treuhandgesellschaften und den Repräsentationsspesen mitgewirkt. Und für die längst fällige  Reform der Geschäftsordnung habe ich viel Anerkennung von Parteifunktionären bekommen.  Das ist es also nicht. Ich würde eher sagen, mir ist einfach die Leidenschaft abhanden gekommen.

Nicht nur Sie, auch Angelika Margesin hat gestern angekündigt, nicht für die Landtagswahlen zur Verfügung stehen. Bleiben der Volkspartei überhaupt genügend Frauen, um die Drittel-Quote erfüllen zu können?

Das ist nun schon ein Problem, vor allem weil das Burggrafenamt traditionsmäßig viele Frauen gestellt hat. Der Bezirksausschuss war ziemlich vor den Kopf gestoßen gestern. Und es gibt nun sehr starke Bestrebungen, zumindest eine von uns im Interesse des Bezirkes und der Partei zu einem Umdenken zu bewegen.

Gibt es darauf noch eine Chance?

Ich habe versprochen, noch einen Türspalt offen zu lassen. Aber im Moment weiß ich nicht, was passieren muss, damit ich wieder zu meiner alten Motivation zurückkomme. Denn von der Stimmung her würde ich lieber frei und unbeschwert meinem Beruf als Anwältin nachgehen.