Economia | Energiesektor

Wenn der Steuerprüfer anklopft

Die Steuerbehörde hat der SEL AG einen Bescheid zugestellt. Mehrere hundert Mio. Euro könnten rückerstattet werden müssen. Wird die Fusion SEL-Etschwerke neu aufgerollt?

Das Schreiben, das der SEL AG am Wochenbeginn ins Haus flatterte, verheißt nichts Gutes. Es handelt sich um einen Steuerfeststellungsbescheid, Absender: die Landesdirektion der Agentur für Einnahmen Bozen. Kurz, der Steuerbehörde. Dem Bescheid zugrunde liegt die joint venture zwischen SEL und ENEL, die 2010 eingeleitet und auf dessen Grundlage die Teilhabergesellschaft SE Hydropower ins Leben gerufen wurde. Diese joint venture (darunter versteht man ganz allgemein verschiedene Formen der Unternehmenskooperation zwischen zwei oder mehreren Partnerunternehmen) landete bereits vor einigen Jahren im Visier der Steuerprüfer. Denn, so der Verdacht, beim Einstieg in die ENEL-Werke vor fünf Jahren sollen intern Konzessionen verschoben worden sein. Dadurch konnten elegant Steuern gespart werden.

Bei der Gründung der SE Hydropower brachte die ENEL bekanntlich ihre Kraftwerke in die neue Gesellschaft ein, während SEL die Konzessionen beisteuerte. Insgesamt beläuft sich der Wert der Ableitungen auf rund 490 Millionen Euro. Beschlossen wurde die laut SEL “komplexe finanztechnische Operation” vom früheren Verwaltungsrat. Allerdings, so die Ermittler der italienischen Steuerbehörde, war zum Zeitpunkt, als der Vertrag zur Gründung der SE Hydropower unterzeichnet wurde, nicht klar, ob die Konzessionen im Anschluss überhaupt an die SEL gehen. Somit habe sich die SEL eine Summe von 233 Millionen Euro an Steuern erspart. Bereits 2013 wurde die SEL über die Beanstandungen und angelaufenen Prüfungen informiert. Doch, so legt man im Unternehmen Wert, zu präzisieren, “es wird uns nicht eine Steuerhinterziehung, sondern eine Steuerumgehung vorgehalten”.

Seit Längerem sei die SEL bemüht, mit der Agentur für Einnahmen eine Lösung zu finden. Die Gespräche dürften allerdings bisher ziemlich erfolglos verlaufen sein, wie der kürzlich zugestellte Steuerbescheid beweist. Sollten die Ermittler zum Schluss kommen, dass die SEL die 233 Millionen Euro an umgangenen Steuern rückzahlen muss, könnte die von den Gesellschaftsversammlungen am 13. Mai beschlossene Fusion zwischen SEL und Etschwerken auf der Kippe stehen. Denn im Fusionsvertrag zwischen den beiden Energielieferanten ist eine Sicherungsklausel eingebaut. Diese besagt, dass, falls die SEL mehr als fünf Millionen Euro an Steuern rückerstatten muss, sich die Gemeinden Bozen und Meran sowie die Landesregierung erneut mit der Fusion zu befassen haben. In der SEL ist man zuversichtlich, dass es nicht so weit kommen wird. “Wir sind mit der Agentur der Einnahmen im Gespräch, um eine für alle Parteien einvernehmliche Lösung zu finden”, teilte man am Montag in einer Aussendung mit.

Bild
Salto User
Sepp.Bacher Mar, 06/23/2015 - 13:35

Die SEL auf die gleiche Stufe mit der ENEl zu stellen, um sie als Energiegigant bezeichnen zu können, kann wohl nur aus der Südtiroler Perspektive passieren.
Interessant, dass eine landeseigene Gesellschaft Steuern vermeidet, die ja dann in die Landeskassen fließen würden? (Rainers Interessen lassen grüßen!) Eigenartig auch, dass die SEL jetzt verhandeln will. Welcher einfache Steuerzahler kann das?

Mar, 06/23/2015 - 13:35 Collegamento permanente