Politica | Nachhaltigkeit

Wo bleibt die Strategie?

Südtirol soll für Nachhaltigkeit stehen, so das erklärte Ziel der Landesregierung bei der Vorstellung ihres Strategiepapiers. Konkreter Plan wird keiner vorgelegt.
Nachhaltigkeit
Foto: @salto.bz

Knappe zwei Stunden dauert die Pressekonferenz in der die Landesregierung unter dem Titel "Everyday for Future" ihr Strategiepapier zur Nachhaltigkeit präsentiert. Alle sind im Halbschatten der großen Kastanienbäume vor dem Ansitz Rottenbuch in der Bozner Armando-Diaz Straße versammelt: Journalistinnen und Journalisten, Techniker der verschiedenen Ressorts, Experten, die sich an der Ausarbeitung des Strategiepapiers beteiligt haben, die acht Landesräte und der Landeshauptmann selbst. Der Verkehrslärm und die heiße Nachmittagssonne werden durch den leichten Wind, der durch diese kleine Oase weht, verschluckt. Man isst Kirschen und frische Erdbeeren (im Juli) und spricht über Nachhaltigkeit im Allgemeinsten. Und über die Strategie der Landesregierung, um diesen Prozess, der nachhaltigen Entwicklung in Gang zu bringen. Der Startschuss dazu wurde bereits 2019 in einer Klausur der Landesregierung gegeben.

Jeder Landesrat und jede Landesrätin kommt während der Pressekonferenz zum Zug. Der Moderator stellt eine Frage oder zwei und und die befragten Landesräte sprechen, unabhängig voneinander – und teils auch unabhängig von der Frage des Moderators – über ihre Ressorts: Landesrätin Waltraud Deeg spricht über die Abschaffung der Kinderarbeit, der Gesundheitslandesrat Thomas Widmann über den Impfbus und den Ausbau des Breitbandnetzes und Landesrat Philipp Achammer freut sich, dass Südtirol in der Inklusivität des Bildungssystems so gut abschneidet. Man merkt: Der Begriff Nachhaltigkeit wird weit gefasst, das Klima ist nur ein Teil davon. Giuliano Vettorato betont die Notwendigkeit technologischer Innovation und das Bestreben, Verzicht so weit wie möglich zu reduzieren. Landeshauptman Arno Kompatscher weiß, dass technologische Innovation nicht alles ist. Auch Verzicht ist wichtig, und Besinnen auf das, was war. Das alles – so das erklärte Ziel der Landesregierung – damit wir unseren Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen.

 

Die Strategie

 

Zum Strategiepapier selbst sagt Kompatscher, dass die Landesregierung in diesen zwei Jahren die Grenzen des Möglichen ausgelotet hat, sich gefragt hat: "Wie weit können wir gehen?" Alle gemeinsam und ohne jemanden zurückzulassen. Antworten wollte er keine verraten. Wie er auch keine Antworten auf seine einleitenden Fragen gibt: "Warum erst jetzt? Warum noch mehr? Und wie setzen wir es um?" Noch eine weitere Frage wurde einleitend gestellt: "Warum ist dieses Bestreben überhaupt nötig?" Die Antwort darauf gibt Kompatschers Referent für Nachhaltigkeit, Klaus Egger: "Wir brauchen nicht das x-te wissenschaftliche Papier, das uns beweist, das das Klima sich verändert, sondern wir müssen wissen, wie wir schnellstens auf diese Tatsache reagieren können."

Die Landesregierung selbst will in fünf Schritten darauf reagieren:

  1. Governance von Konflikten und Entscheidungen, um sich nicht gegenseitig zu blockieren.
  2. Monitoring der nachhaltigen Entwicklung, die seit Juni 2020 von der ASTAT durchgeführt wird.
  3. Bürgerbeteiligung: Schon im Herbst will man damit beginnen, die Bürger auch partizipativ miteinzubeziehen und ab nächstem Jahr sollen die Menschen auch das Gefühl haben, strukturiert und kontinuierlich am politischen Prozess für eine nachhaltige Entwicklung teilnehmen zu dürfen.
  4. Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik soll verbessert werden.
  5. Die Wissenschaft soll die Politik auch in finanziellen Entscheidungen unterstützen.

Die Worte des Landeshauptmanns, man wolle den Klimanotstand "radikal und seriös" angehen und nicht als schleichende Apokalypse sehen, sprechen zwar von einer gewissen Motivation. Dem Wunsch des Fotografen "überzeugt und überzeugend" zu wirken, kann die Landesregierung im Rahmen dieser groß aufgezogenen Pressekonferenz aber nicht nachkommen.