Società | Interview

Blühende Begegnungen

Im Garten der Begegnung kann man Zukunft gemeinsam gestalten. Es ist wieder hochsommerlich: ein Grund mehr die Sonne zu genießen und draußen zu sein.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale del partner e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Foto: Garten der Begegnung

Marco Zema, der Koordinator des Projektes „Garten der Begegnung JUMP Eppan“, hat mir in einem Interview von einem besonderen Ort erzählt. Es ist ein Ort, der verschiedenen Menschen die Möglichkeit bietet, einander ohne Vorurteile zu begegnen und sich kennenzulernen. Im Zentrum liegen die Gartenarbeit und die Entwicklung einer umweltbewussten und nachhaltigen Denkweise. Das „JUMP“ ist ein Jugend- und Kulturtreff und der Garten der Begegnung ist diesem angeschlossen.

Pico Bello: Wann und warum ist dieses Projekt entstanden?

Marco Zema: Das Projekt ist im Jahr 2019 entstanden. In Eppan gibt es viele verschiedene Nationalitäten, Menschen aus verschiedenen Ländern, die mehr nebeneinander als miteinander gelebt haben. Der Garten der Begegnung ist entstanden, um einen Treffpunkt und Ort des Austausches zu schaffen, einen Ort, wo man nichts konsumieren muss, wo man sich gemeinsam hinsetzen und ratschen kann.

Du hast gesagt, dass viele Nationalitäten zusammenkommen. Welche Sprachen werden im Garten gesprochen?

Die Eppaner sind großteils zweisprachig, deshalb versuchen wir immer Deutsch und Italienisch zu sprechen. Bei Menschen mit Migrationshintergrund müssen wir auch Englisch sprechen, das ist aber kein Problem.

Was ist das Hauptziel dieses Gartens?

Die Besucher*innen haben die Möglichkeit Bildung über Nachhaltigkeit zu erfahren, man lernt ein gewisses Bewusstsein dafür, wie Pflanzen und Tiere wachsen und gedeihen. Wir wollen die Vielfalt der Natur vermitteln und somit auch Parallelen zu den Menschen ziehen. Wer in den Garten kommt, lernt, dass es diese Vielfältigkeit auch beim Menschen gibt und man alle wertschätzen muss. Dadurch leben wir auch Inklusion.

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Das leerstehende Zauberhaus und der Garten der Begegnung.

Wer kommt in den Garten der Begegnung und warum? Treffen auch verschiedene Generationen aufeinander?

Wie bereits angesprochen: wer in den Garten der Begegnung kommt, erfährt Umweltbildung, Natur und Achtsamkeit. Der Garten bietet verschiedene Projekte an, weshalb viele Menschen verschiedener Generationen zu uns kommen, Familien mit Kindern, Grundschüler oder andere Schüler. Wir arbeiten auch mit anderen Institutionen zusammen, wie Tagesstätten oder dem Sozialsprengel. Es kommen Jugendliche mit Autismus oder Jugendliche, die eine Einführung in die Arbeitswelt brauchen. Es ist bunt gemischt.

Was passiert wenn verschiedene Generationen aufeinandertreffen?

Es ist ein gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen. Die älteren Leute lernen die Jugendlichen und ihr Potenzial kennen. Umgekehrt lernen auch die jungen Menschen etwas von den älteren Generationen.

Du arbeitest in der Natur. Welche Vorteile bringt das im Gegensatz zur digitalisierten Welt? 

Wir sind evolutionär irgendwie für diese Arbeit gemacht und man setzt sich im Garten mit einem natürlichen Lebensraum und einer natürlichen Ernährung auseinander. Besonders in dieser Zeit der Digitalisierung braucht es Projekte, wo die Menschen sich wieder darauf besinnen, woher unser Essen kommt und wie es produziert wird. Es entsteht eine gewisse Verbindung zur Erde, die Arbeit ist erdend. Sie bringt den Menschen in die freie Luft. Dadurch hören sie das Wasser plätschern oder den Wind rauschen. Das ist sehr beruhigend und beeinflusst die Psyche positiv.

 Hier erkennt man die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Stärken anderer. Jeder und jede hat seinen und ihren Wert in der Gesellschaft.

Was sind einige positive psychische, aber auch physische Aspekte der Arbeit im Garten der Begegnung?

Diese Arbeit tut einerseits vor allem Menschen mit Beeinträchtigung gut, da sie die Feinmotorik schulen können, wenn sie mit kleineren Pflanzen umgehen, andererseits wird dadurch auch die Konzentration gefördert. Aber sie tut auch Kindern gut, die manchmal eine gröbere Art haben. Ihre Geduld und Feinmotorik werden geschult. Es ist ein schöner Ort der Zusammenkunft, weil durch das gemeinsame Arbeiten Begegnungen zwischen Menschen - die sich sonst nicht treffen würden - stattfinden. Hier erkennt man die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Stärken anderer. Jeder und jede hat seinen und ihren Wert in der Gesellschaft und tolle Fähigkeiten. Hier werden Berührungsängste und Vorurteile gegenüber den Nächsten gebrochen.

Jugendarbeit ist vielseitig, Treffpunkte für Jugendliche sind oft auch Jugendräume. Was sind die Unterschiede?

Ein Jugendraum ist nur für Jugendliche. Es sind Räume, in denen sie allein sein dürfen, die Musik spielen können, die sie wollen und auch so laut, wie sie wollen. Im Garten der Begegnung müssen Jugendliche lernen, dass sie nicht alleine sind und dass es ein Ort für alle ist. Hier müssen sie respektvoll mit anderen umgehen. Der Garten der Begegnung ist nämlich ein Raum für alle.

Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen ergeben sich in dieser Arbeit?

Umweltbildung ist im Jugendalter (zwischen 14 und 18/20) sehr schwierig, da diese oft als „uncool” gelten kann. Im Jugendalter ist man oft eher rebellisch und es ist nicht immer alles gleich nachvollziehbar. Es ist zum Beispiel schwierig ein gewisses Bewusstsein für Themen der Umwelterziehung zu vermitteln. So ist es auch manchmal bei den älteren Generationen, da sie nicht immer wissen, was das konkrete Problem bezüglich dem Thema Nachhaltigkeit ist. Aber genau darin liegt unsere Aufgabe, ihnen das Wissen zu vermitteln und sie aufzuklären.

Wir versuchen verschiedene kulturelle Lebensrealitäten einzubringen. Dadurch kommt es zu Sensibilisierung und Wertschätzung der Interkulturalität.

Welche Projekte und Veranstaltungen werden im Garten der Begegnung durchgeführt?

Eines der vielen Projekte ist zum Beispiel ein Wahlfach für die  Grundschüler*innen. Wir bringen ihnen bei, was im Garten lebt und im Boden drinnen ist. Man nennt das auch Gartenpädagogik. Die Schüler*innen sind dadurch mit der Natur und der Umwelt verbunden. Ich würde zwischen der täglichen Tätigkeit und der speziellen Tätigkeit unterscheiden. Während der täglichen Tätigkeit sperren wir am Nachmittag den Garten für Besucher auf. Es kommen Kinder, Jugendliche und andere und dann pflanzen oder ernten wir gemeinsam etwas oder basteln etwas. Wir verbringen Zeit miteinander und tauschen uns aus. 

Im Garten gibt es Musik, Buchvorstellungen, Feiern oder Vorträge. Bei den Vorträgen versuchen wir immer die verschiedenen kulturellen Lebensrealitäten einzubringen, die es nicht nur in Südtirol, aber auch auf der ganzen Welt gibt. Dadurch kommt es zu Sensibilisierung und Wertschätzung der Interkulturalität. Wir beziehen auch regelmäßig die verschiedenen Generationen mit ein. Dann veranstalten wir auch die „Gartenfesta”, ein nettes Fest mit Theater und Musik, das für alle attraktiv sein kann. Wir haben auch einen Pizzaofen. Viele treffen sich dann im Sommer zum Pizzamachen. Das bringt die Menschen zusammen.

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Beim Teichbauen.

Was ist deine persönliche Meinung zu diesem Projekt?

Ich finde es gut, dass öffentliche Gelder für dieses Projekt genutzt werden. Das Konzept der Nachhaltigkeit ist sehr wichtig. Es ist höchste Zeit, dass sich etwas ändert. Zudem ist der Garten schön, weil man anders als in der Schule lernen kann, für gewisse Schüler*innen zahlt sich ein Alternativprogramm im Garten total aus. Im Garten der Begegnung sind die Menschen nicht wertend und dürfen Fehler machen. Beim Garteln kommt es zu dem „Try and Error“, dem „Versuchen und Falschmachen” Konzept. Die Besucher*innen können experimentieren. Vor allem das Zusammenfinden der Generationen ist sehr wichtig, das fehlt in unserer Gesellschaft teilweise. Zwischen alt und jung gibt es oft gegensätzliche Meinungen in Bezug auf gesellschaftliche und politische Themen. Sie sind sich fremd. Im Garten der Begegnung kann man Zukunft gemeinsam gestalten.

Ein Interview von Julia Lardschneider