Wir sind Trenker
Wie gemeißelt aus den Quadern, / die er kühn erklommen hat. / Prima Nußöl in den Adern / Außen rau und dennoch glatt. So tönen Verszeilen eines Gedichts, welches am 9.10. 1954 in der Satirezeitschrift Simplicissimus abgedruckt wurde. Nur einen Monat vorher beteuerte Luis Trenker in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten dass er „beim Herrgott“ in der Angelegenheit bzgl. Fälschung der Tagebücher von Eva Braun nichts wisse.
Immer dann, wenn Trenker den Herrgott bemühte, stimmte etwas nicht (ganz). So schlich sich der Grödner durch die Jahrzehnte, und surfte politisch fast auf jeder (rechten) Welle mit. Bereits vor der Affäre um die gefälschten Tagebücher – die Trenker sämtlichen Zeitungen anbietet und den Stoff sogar verfilmen möchte – ist es erstaunlich, mit welcher Inbrunst er sich zunächst bei Hitler und später bei Mussolini anbiedert. Wohl aus nur einem Grund: Um im Geschäft zu bleiben. Um jeden Preis.
Von einem guten Geschäft spricht man seit einigen Monaten in den Büros der Abteilung Film und Medien in Bozen. „Es war eine politische Entscheidung und der Preis hielt sich im Rahmen“, betont Amtsdirektorin Barbara Weis, wenn sie von den insgesamt 45 Luis Trenker-Filmen (inkl. Rechte, Fotos, Dokumente) spricht, die das Land um 200.000 Euro ankaufte: „Ich finde den Trenker-Bestand sehr wertvoll.“
Den Deal mit dem Land hat der Filmemacher und Produzent Hans-Jürgen Panitz schon vor mehreren Jahrzehnten „eingefädelt“, nachdem er bereits mit dem Vorgänger von Barbara Weis – Martin Sölva – sich gern und häufig über Trenker und den Film-Bestand austauschte. „Herrn Panitz war wichtig, dass es in die öffentliche Hand kommt und zurück nach Südtirol“ bestätigt Weis die Absichten des Verkäufers, der in den 1980/90er Jahren mit den Filmen Von Kastelruth nach Hollywood, Fast ein Jahrhundert - Luis Trenker, Die Macht der Bilder: Leni Riefenstahl und Wer war Arnold Fanck? als Regisseur und Produzent von sich reden machte. Als (Teil)-Rechteinhaber und Vermittler von Trenker-Filmen hat Panitz ab den 1990er sein Geld mitunter mit Trenker verdient.
Während ein Teil des Trenker-Bestandes im Privatarchiv von Panitz aufbewahrt wurde und sich ein weiterer Teil aus konservatorischen Gründen noch im Bundesarchiv in Berlin befindet, mussten nach dem Ankauf neue Lösungen gefunden werden, vor allem da nach dem Eigentümer-Wechsel zum Land Südtirol, das Bundesarchiv Berlin eine außerordentlich hohe Summe zur Deckung der Depotkosten verlangte. So entschied man sich den Bestand zunächst nach Südtirol zu bringen – die höchst feuergefährlichen Nitro-Filmrollen ins Filmarchiv Austria nach Wien, sowie einen weiteren Teil in die Cineteca nach Bologna, wo der gehobene Trenker-Schatz kostenlos aufbewahrt werden kann. Dort sitzt auch Trenker-Experte Andrea Meneghelli, der für das Land Südtirol die Schätzung des gesamten Bestandes vorgenommen hatte.
Nun sind also Trenkers wichtigste Werke – die Filme – im Besitz des Landes. „Im Durchschnitt sind es knapp 4.500 Euro/Film“ meint die Mitarbeiterin im Amt für Film und Medien Marlene Huber und stellt die Ausgaben für den wertvollen Trenker-Bestand in Vergleich zu zeitnahen Förderbeiträgen. Huber betreut die Fotos und Dokumente im Bestand. „Einen Teil der Trenker-Werke haben wir momentan hier eingelagert und grob erschlossen. Da sind alle möglichen Formate, Filmrollen und Kassetten“ erklärt hingegen Oscar La Rosa, der sich federführend um die Aufbereitung des neuen/alten Filmbestandes kümmert.
Es scheint, dass das Jahr 2021 für den Grödner Filmpionier und Schaumschläger ein besonderes Jahr ist. Beim noch jungen Dolomitale Filmfestival ist Trenker Pate für einen Preis, im neuen Kaufhauskomplex Campofranco am Waltherplatz besetzt das auf den Namen Luis Trenker laufende Modelabel große Geschäftsräume. Zudem werden in den kommenden zwei Jahrzehnten zahlreiche Trenker-Filme das 100jährige Jubiläum begehen. Vielleicht schaut die Forschung dann ab und zu auch hinter die Leinwand, auf den Menschen Trenker. Vielleicht sogar im Sinne der folgenden Zeilen aus dem Simplicissimus-Gedicht, die trotz Überspitzung doch sehr zutreffend sind.
Ein Charakterkopf wie selten
Heimatrunen im Gesicht,
deutlich ist der Kopf zu sehen,
Der Charakter aber nicht…
Auf das Vermächtnis dieses
Auf das Vermächtnis dieses alpinen Großmauls könnte ich gerne verzichten!
In risposta a Auf das Vermächtnis dieses di Arne Saknussemm
Ich genauso
Ich genauso