Das Ende des Kapitalismus – und dann?

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Der vierte und damit letzte start.klar Dialogabend für diese Ausgabe steht vor der Tür (wer die ersten drei verpasst hat, findet hier, hier und hier jeweils die Aufzeichnungen). Am Mittwoch, den 02. April ab 20.00 Uhr fragt Markus Lobis „Schluss mit Wachstum – Das Ende des Kapitalismus?“
Darauf antworten werden: Ulrike Herrmann, Bestsellerautorin und Wirtschaftsredakteurin bei der deutschen Tageszeitung taz, deren neuestes Buch Das Ende des Kapitalismus erklärt, warum Wachstum und Klimaschutz nicht miteinander vereinbar sind. Und Johannes Schneebacher, selbstständiger Finanzexperte, Unternehmer und Executive Coach, der auch lange Zeit Generaldirektor der Südtiroler Volksbank war.
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Emotionen und Verstand
Als „zwei spannende Thesen“ betrachtet Schneebacher das Thema des Abends und freut sich schon auf die Diskussion. Denn „sie führen zu den Grundfragen des Lebens und lösen dementsprechend Emotionen aus. Umso wichtiger ist es, diese Themen auf einer sachlichen Basis zu diskutieren und uns die Frage zu stellen: Was macht Sinn?“
Wesentlich emotionsloser ist da Ulrike Herrmann. Sie hat eine eindeutige Botschaft an das Publikum: „Unser Problem ist: Wir werden niemals genug Ökostrom haben, um unsere riesige Wirtschaft klimaneutral anzutreiben - selbst wenn wir so viele Solarpaneele und Windräder installieren, wie überhaupt nur denkbar sind. Wir müssen unsere Wirtschaft schrumpfen. Der Kapitalismus benötigt aber Wachstum, um stabil zu sein und nicht in schwere Krisen zu geraten. Wir müssen uns daher vom Kapitalismus verabschieden, wenn wir echten Klimaschutz betreiben wollen.“
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Der Blick zurück und nach vorne
Herrmann ist auch Historikerin. Sie findet in der Vergangenheit Vorbilder für eine Zeit nach dem Kapitalismus. „Am besten wäre es, sich an der britischen Kriegswirtschaft ab 1939 zu orientieren. Die Briten mussten damals ihre Zivilwirtschaft ebenfalls schrumpfen, um in den Fabriken genug freie Kapazitäten zu schaffen für die Waffen, die sie für die Verteidigung gegen Hitler brauchten. Es ist interessant, wie die Briten ihre Zivilwirtschaft zurückgefahren haben: Es entstand eine völlig neue Wirtschaftsordnung, nämlich eine private und demokratische Planwirtschaft. Das hatte mit Sozialismus nichts zu tun, war aber sehr effizient. Davon können wir heute lernen.“
Johannes Schneebacher kennt hingegen die Südtiroler Situation und die Herausforderungen unserer Zeit sehr gut. „In Südtirol sind wir natürlich in einen europäischen Kontext eingebunden, allerdings stellen sich aus meiner Sicht auch eigenständige Herausforderungen, die anzugehen es sich sehr lohnt und die in der größtmöglichen Erhaltung einer regionalen Identität, nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich – Finanz- und Realwirtschaft - bestehen.“ Auch er ist positiv: „Wenn wir die vorhin genannten Herausforderungen mutig angehen und bewältigen, sind die Chancen groß, dass die Menschen in unserer Region gestärkt daraus hervorgehen, und dass unsere Eigenständigkeit nicht nur rechtlich verankert wird, sondern auch täglich gelebt wird, wenn wir die richtigen Antworten dazu finden.“ Und er weiß, was für Chancen sich in Südtirol bieten: „Seit Ende des Jahres gibt es über die EuregioPlus, der Finanzgesellschaft des Landes Südtirol einen Alpine Venture Capital Fund, der die junge Start-up-Szene in Bozen (aber nicht nur dort) mit Know-How und Eigenkapital unterstützt. Die Kombination zwischen politischer Strategieplanung und privatwirtschaftlichen Methoden ist ein Beispiel, wie zukünftiges Wachstum für die regionale Bevölkerung durch die Kreativität und den Mut junger Unternehmer, von politischer Weitsicht unterstützt, geschaffen wird.“
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Die Angst überwinden
Das Ende des Kapitalismus, das klingt nach einer großen Veränderung. Große Veränderungen können oft beängstigend sein und Widerstand erzeugen. Als Coach weiß Schneebacher wie man damit umgeht. „Indem man zuerst einmal die Ängste und Widerstände der Menschen ernst nimmt, ihnen auf den Grund geht und auf der Basis einer noch zu entwickelnden Vertrauenskultur Lösungen dafür findet.“
Auch Ulrike Herrmann möchte den Menschen die Angst nehmen. „Momentan tun die westeuropäischen Staaten so, als könnten sie drei Planeten verbrauchen. Bekanntlich gibt es aber nur eine Erde. So bitter es ist: Wir werden um einen gewissen Verzicht nicht herumkommen, wenn wir überleben wollen. Aber, ganz wichtig: Niemand muss Angst haben. Wenn wir auf die Hälfte unserer Wirtschaftsleistung verzichten würden, wären wir immer noch so reich wie 1978. Alle, die damals gelebt haben, wissen: 1978 waren wir so glücklich wie heute.“
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Zum Dialogabend
Der Dialogabend findet im Jugend- und Kulturzentrum UFO in Bruneck statt. Reservierungen sind erwünscht: www.ufobruneck.it
Zudem kann der Abend via Live-Stream auf www.salto.bz & YouTube & www.facebook.com/UFObruneck verfolgt werden. Für den Live-Stream ist keine Anmeldung bzw. Passwort erforderlich.
Die Veranstaltungsreihe „UFO | start.klar.“ ist ein offenes Forum für Begegnung und Debatte und wird vom UFO mit dem KVW-Bezirk Pustertal und Zigori LAB und in Zusammenarbeit mit SALTO organisiert. Dieser Dialogabend wird zudem gemeinsam mit der Jugendorganisation des SGBCISL organisiert.
Der Kapitalismus steht erst…
Der Kapitalismus steht erst ganz am Anfang.